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Session: 02.09.2006
Wie der Presse zu entnehmen war, wurde im Kanton Zürich einem hochgefährlichen Straftäter trotz Verwahrung offener Vollzug gewährt. Die gewährte Halbfreiheit nutzte der Straftäter für erneute Straftaten. Erst nach Monaten kam man ihm auf die Schliche und verwahrte ihn erneut. Der Regierungsrat liess inzwischen verlauten, dass unbegleiteter Urlaub für Verwahrte zur Zeit nicht zugelassen würde, zu einem späteren Zeitpunkt jedoch wieder zu dieser Methode übergegangen werde.

Mit einem klaren Ja zur Verwahrungsinitiative deklarierten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ihren Willen, gefährliche Gewalttäter lebenslänglich zu verwahren und dabei auch keinen Urlaub zuzulassen. Die heutige Praxis widerspricht mindestens in einzelnen Kantonen diesem Willen klar.

Vor diesem Hintergrund drängen sich verschiedene Fragen auf:

1. Wie viele Straftäter sind derzeit im Kanton Graubünden in Verwahrung?

2. Wie sieht der Haftvollzug für verwahrte Straftäter in unserem Kanton aus?

3. Wird oder würde solchen Straftätern unbegleiteter Ausgang oder Urlaub gewährt? Falls ja, mit welcher Begründung, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen flankierenden Massnahmen?

4. Welche Schlüsse und Vorkehrungen zieht der Regierungsrat aus dem Fall Zürich?

Chur, 2. September 2006

Name: Christoffel-Casty, Rathgeb, Casty, Bachmann Bleiker, Blumenthal, Brandenburger, Brantschen, Brüesch, Buchli, Butzerin, Caduff, Castelberg-Fleischhauer, Caviezel-Sutter (Thusis), Dermont, Dudli, Farrér, Giovanoli, Hardegger, Hasler, Heinz, Janom Steiner, Kleis-Kümin, Krättli-Lori, Loepfe, Mani-Heldstab, Märchy-Michel, Marti, Meyer-Grass (Klosters), Montalta, Nick, Parolini, Perl-Kaiser, Pfister, Rizzi, Stiffler, Stoffel, Thurner-Steier, Vetsch (Klosters), Wettstein, Furrer, Laely

Session: 02.09.2006
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die Verwahrung stellt eine sichernde Massnahme an Gewohnheitsverbrechern (Art. 42 StGB) oder eine stationäre Massnahme an geistig Abnormen dar (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB). Letztere findet Anwendung bei hochgefährlichen Tätern, die keiner Behandlung zugänglich sind und bei Delinquenten, bei denen trotz ärztlicher Behandlung oder Pflege ernstlich die Gefahr schwerer Straftaten und vor allem von Gewaltdelikten bestehen bleibt. Verwahrungen werden in einer Strafanstalt oder einer Massnahmenvollzugseinrichtung vollzogen. Im neuen allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches (nStGB), der auf den 1. Januar 2007 in Kraft tritt, wird zum besseren Schutz der Öffentlichkeit eine neue, umfassender ausgestaltete Sicherungsverwahrung vorgesehen (Art. 64 nStGB), insbesondere für gefährliche Gewalttäter, auch wenn keine schwerwiegende psychische Störung vorliegt.

Noch nicht umgesetzt ist die vom Volk angenommene Verwahrungsinitiative, die eine „qualifizierte Form der Verwahrung“ (Art 123a BV) vorsieht. Die Initiative ist in zahlreichen Punkten interpretationsbedürftig und bedarf zur Umsetzung einer Ausführungsgesetzgebung. Derzeit ist nicht absehbar, wann und wie die Neuerungen zur Umsetzung der Verwahrungsinitiative geltendes Recht werden.

Die Vollzugsbehörde stützt sich bei ihren Entscheiden über den Verwahrungsvollzug und für die Beurteilung allfälliger Vollzugslockerungen (z.B. begleiteter oder unbegleiteter Urlaub) im Moment auf die Richtlinien des Ostschweizer Strafvollzugskonkordates über den Vollzug von Freiheitsstrafen an gemeingefährlichen Straftätern und Straftäterinnen vom 16. April 1999 und ab 1. Januar 2007 auf die an das neue Strafgesetzbuch angepassten Richtlinien.

1. Im Kanton Graubünden sind derzeit drei Straftäter in einer stationären Massnahme an geistig Abnormen und damit in Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.

2. Zurzeit sind zwei Straftäter in der Anstalt Realta in Cazis und ein Straftäter im Therapiezentrum Schache im Kanton Solothurn verwahrt. Die beiden in Realta Verwahrten können sich im Zellentrakt frei bewegen. Momentan werden sie zur Arbeit abgeholt und wieder zurückgebracht. Allenfalls notwendige Vollzugsverschärfungen oder mögliche -lockerungen werden regelmässig überprüft.

3. Bei verwahrten Straftätern und Straftäterinnen wird vor beabsichtigten Vollzugslockerungen, wie beispielsweise vor der Gewährung erstmaliger begleiteter oder unbegleiteter Urlaube, immer die Empfehlung der Fachkommission des ostschweizerischen Strafvollzugskonkordates eingeholt. Zwei Straftätern kann aufgrund der Beurteilungen nur begleiteter Urlaub gewährt werden. Beim dritten Straftäter werden derzeit Vollzugslockerungen (Wohnexternat, Gewährung von unbegleitetem Urlaub) geprüft. Die Vollzugsbehörde entscheidet dann bei dieser Person nach der Anhörung der Fachkommission des ostschweizerischen Strafvollzugskonkordates über allfällige Vollzugslockerungen.

4. Im Kanton Graubünden besteht bei den verwahrten Straftätern aufgrund der ohnehin restriktiven Urlaubsgewährung zurzeit kein Handlungsbedarf.

Datum: 20. Oktober 2006