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Session: 16.10.2006
Kürzlich ist eine Studie des Wirtschaftsforums GR zum Thema Zweitwohnungsbau erschienen. Darin werden in einseitiger Weise die Vorteile dieses "wichtigen Exportartikels" herausgestellt. Die damit verbundenen Probleme, die langfristigen Fol-gen auf die Gemeindefinanzen bei der Instandhaltung der Infrastruktur, die Nachteile für die Einheimischen (Verdrängung aus den Zentren in die Periferie wegen der Mietpreise usw.), der Unmut der Bevölkerung etwa im Oberengadin über den überbor-denden Zweitwohnungsbau, die Sterbehilfe der Hotels usw. werden nur am Rande erwähnt.

Das Wirtschaftsforum GR wird vom Kanton jährlich mit 80 000.- unterstützt. Im Geschäftsausschuss der Stiftung sitzen Re-gierungsrat Trachsel und Eugen Arpagaus.

Wir fragen die Regierung:

1. Ist es gerechtfertigt, dass der Kanton überhaupt und derart prominent und einseitig in einer privaten Stiftung mit ein-seitig wirtschaftlichen Interessen vertreten ist?

2. Wie kann die Regierung sich von Studien, für die sie selbst mitverantwortlich ist, distanzieren bzw. eine unabhängige Stellung einnehmen?

3. Wäre es nicht angebracht, dass die Vertreter des Kantons aus dem Wirtschaftsforum austreten, auf eine finanzielle Unterstützung verzichten und die Stiftung damit als das auftreten kann, was sie ist, nämlich als Lobby des Gewerbeverbandes und der Wirtschaftskammer?

4. Andernfalls: Ist die Regierung bereit, dafür einzutreten, dass in der Stiftung Vertreter/innen weitere Interessenkreise (PRO NATURA, WWF, öff. Verkehr, Landwirtschaft, Bildung, Kultur usw.) vertreten sind?

Chur, 16. Oktober 2006

Name: Arquint, Jaag, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Menge, Peyer, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Troncana Sauer, Locher Benguerel

Session: 16.10.2006
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die Stiftung Wirtschaftsforum Graubünden wurde im Jahre 1995 auf Initiative der Pro Rätia und der Bündner Wirtschaft errichtet. Stifter waren die Pro Rätia, der Bündner Gewerbeverband, der Bündner Handels- und Industrieverein, der Bündner Hotelierverein, die Graubündner Kantonalbank und der Kanton Graubünden. Die Stiftungsurkunde beinhaltet folgenden Zweck:

„- die Rahmenbedingungen für die Bündner Wirtschaft zu verbessern und die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Graubünden zu steigern;

- die Bündner Wirtschaft, die Öffentlichkeit und die Behörden über relevante Wirtschaftsdaten, Entwicklungen, wirtschaftliche Zusammenhänge und Bestrebungen zu informieren und damit ein wirtschaftsfreundliches Klima im Kanton zu fördern;

- die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen zu fördern.“

Der Kanton unterstützt die Tätigkeit der Stiftung mit einem jährlichen Beitrag (zurzeit Fr. 80'000.--). Der entsprechende Leistungsauftrag des Kantons und das von der Bündner Wirtschaft erarbeitete Wirtschaftsleitbild Graubünden bilden die Leitplanken für die Aktivitäten des Wirtschaftsforums. Im Zentrum steht dabei die Moderation von Prozessen. Das heisst unter anderem Probleme und deren Ursachen analysieren sowie Lösungsmöglichkeiten erarbeiten.

Der Kanton wird im Stiftungsrat durch den Vorsteher des Departments für Volkswirtschaft und Soziales sowie dem Vorsteher des Amtes für Wirtschaft und Tourismus vertreten, welche auch Mitglieder des geschäftsleitenden Ausschusses sind.

Zu den Fragen:

1. Das Wirtschaftsforum hat sich zu einer zentralen Plattform für die Bündner Wirtschaft entwickelt. Es erarbeitet Grundlagendaten und zeigt wirtschaftliche Zusammenhänge auf. Das Forum richtet sich an die Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Bevölkerung. Der Kanton kommt so zu Grundlagen, die er sonst erarbeiten lassen müsste. Das Forum stellt zudem ein effizientes Instrument zur Pflege der direkten Beziehungen und zum Informationsaustausch mit der Bündner Wirtschaft dar. Diese Funktionen kann das Forum für den Kanton nur wahrnehmen, wenn der Kanton entsprechend im Stiftungsrat vertreten ist. Auch der bestehende kantonale Leistungsauftrag an das Forum rechtfertigt die heutige kantonale Vertretung im Stiftungsrat. Im Rahmen des pendenten Auftrages der GPK zur Ueberprüfung der kantonalen Interessenvertretungen wird allerdings auch diese Vertretung nochmals beurteilt.

2. Studien werden von Fachleuten erarbeitet. Unabhängig davon, ob der Kanton Auftraggeber oder in irgendeiner anderen Form involviert ist, nimmt die Regierung in der Regel nicht zu Studien Stellung. Wenn Studien ein konkretes Regierungsgeschäft betreffen, können diese eine der Grundlagen für die Meinungsbildung der Regierung darstellen.

3. Das Wirtschaftsforum hat die Aufgabe, die Interessen der Bündner Wirtschaft zu vertreten, beispielsweise durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen, wie es der Stiftungszweck bereits vorsieht. Die diesbezügliche Tätigkeit der Stiftung wird durch die Vertretung des Kantons im Stiftungsrat nicht beeinträchtigt. Für die Regierung gibt es deshalb keine Veranlassung, an der heutigen Vertretung und Unterstützung des Wirtschaftsforums etwas zu ändern.

4. Die Stiftung soll das Forum der Bündner Wirtschaft sein. Dementsprechend ist es Aufgabe der Bündner Wirtschaft, den Stiftungsrat zu bestimmen. Dem Kanton steht gemäss Stiftungsurkunde das Vorschlagsrecht für ein Mitglied zu. Die Gewerkschaften sind im Stiftungsrat vertreten. Ob weitere Kreise im Stiftungsrat vertreten sein sollen, hat demnach nicht die Regierung, sondern die Wirtschaft zu beurteilen. Gemäss Stiftungsurkunde sind bei der Zusammensetzung des Stiftungsrates die wirtschaftlichen und regionalpolitischen Interessen Graubündens zu berücksichtigen.

Datum: 10. Januar 2007