1. Gesetz über die kantonale Pensionskasse Graubünden (PKG), BR 170.450
Im Artikel 14 sieht das auf 1. Januar 2006 in Kraft gesetzte, revidierte Gesetz über die kantonale Pensionskasse Graubünden (PKG), dass überlebende Lebenspartner dem verwitweten Ehegatten gleichgestellt sind, wenn die Voraussetzungen gemäss Lit. a - d kumulativ erfüllt sind.
Die Partnerrente beträgt 75 Prozent der Ehegattenrente. Hinterlassenenleistungen anderer Sozialversicherungen und Unterhaltsleistungen aus Scheidungsverfahren werden angerechnet.
Diese Regelung, welche den MitarbeiterInnen des Kantons als fortschrittlich und entgegenkommend angepriesen wurde, verdient diese Prädikate bei näherer Betrachtungsweise keineswegs - vielmehr ist das Gegenteil der Fall.
2. Bundesrechtlicher Regelungsspielraum
Artikel 20a des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) gibt den Versicherungsträgern unter dem Titel "Weitere begünstigte Personen", Lit. a -c, weitere Möglichkeiten, für eine Hinterlassenenleistung.
Ein Vergleich der bundesrechtlichen Regelung mit Artikel 14 des kantonalen Pensionskassengesetzes zeigt nun, dass die kantonale Gesetzgebung den Spielraum, welche das Bundesrecht gibt, keinesfalls im Sinne der kantonalen Angestellten genutzt hat. Die bundesrechtliche Regelung verlangt, dass eine anspruchsberechtigte Person:
- entweder vom Versicherten in erheblichem Masse unterstützt worden ist
- oder mit diesem in den letzten 5 Jahren bis zu seinem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat
- oder für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen musste.
Demgegenüber verlangt die kantonale Regelung, dass nebst der schriftlichen Erklärung der gegenseitigen Unterstützung kumulativ die Lebensgemeinschaft im gemeinsamen Haushalt in den letzten 5 Jahren vor dem Tod ununterbrochen bestanden hat und der überlebende Lebenspartner vom Verstorbenen in erheblichem Mass unterstützt wurde. Selbst wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt werden, erhält der überlebende Partner lediglich 75% der Ehegattenrente.
Diese Rentenreduktion ist möglicherweise bundesrechtswidrig, da der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit einer Rentenreduktion nicht vorsieht.
3. Zusammenfassende Überlegungen
a) Gemäss dem geltenden BVG haben Pensionskassen die Möglichkeiten, Reglemente zu erlassen, welche Versicherte berechtigen, für den Fall ihres Ablebens über die Verwendung ihres Vorsorgekapitals zu verfügen. Begünstigt werden können insbesondere:
- Personen, welche vom Versicherten in erheblichem Masse unterstützt worden sind
- Konkubinatspartner, die mit dem Versicherten in den letzten 5 Jahren bis zum Tode ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt haben
- Beim Fehlen von unterstützten Personen oder Konkubinatspartnern können ohne weitere Voraussetzungen Eltern oder Geschwister begünstigt werden
- Letztlich können sogar die übrigen gesetzlichen Erben im Umfang der einbezahlten Beträge resp. im Umfang von 50% des Vorsorgekapitals begünstigt werden.
Von den erwähnten Begünstigungsmöglichkeiten lässt das kantonale Pensionskassengesetz lediglich unter stark erschwerten Bedingungen die Begünstigung von Konkubinatspartnern zu (kumulativ: 5-jährige ununterbrochene Lebensgemeinschaft vor dem Tod und finanzielle Unterstützung in erheblichem Masse).
Die Begünstigung von Nicht-Lebenspartnern, welche in erheblichem Masse finanziell unterstützt wurden, sieht das kantonale Pensionskassenreglement nicht vor. Ebenso wenig ist die Begünstigung von gesetzlichen Erben möglich.
b) Mit der geltenden Regelung der kantonalen Pensionskasse werden gut 40% der kantonalen Angestellten resp. deren Konkubinatspartner und Angehörige im Falle des vorzeitigen Ablebens der Versicherten erheblich benachteiligt. Je nach Anstellungsdauer leisten sie mehrere 100'000 Franken ihres Erwerbseinkommens an die kantonale Pensionskasse, ohne dass ihnen nahe stehende Personen, welche sie zu Lebzeiten in erheblichem Masse unterstützt haben oder ihre Konkubinatspartner in den Genuss des Sparkapitals gelangen könnten.
4. Auftrag für eine Besserstellung der nicht verheirateten kantonalen MitarbeiterInnen
Zur Gleichbehandlung von Konkubinatspaaren mit Ehepartnern ist Art. 20a Abs. 1 Lit. a BVG wörtlich ins kantonale Pensionskassengesetz zu übernehmen. Die uneingeschränkte Übernahme dieser Bestimmung stellt zudem sicher, dass allein stehende Versicherte, welche verwandte oder nicht verwandte Personen zu Lebzeiten in erheblichem Masse unterstützt haben, diese Unterstützung auch für den Fall ihres Ablebens im Erwerbsalter sicherstellen können.
Chur, 18. Oktober 2006
Name: Gartmann-Albin, Peyer, Pfenninger, Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg-Walt, Jaag, Menge, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Locher Benguerel
Session: 18.10.2006
Vorstoss: dt Auftrag