Aktuelle entwicklungspsychologische Annahmen gehen davon aus, dass Kinder grundsätzlich neugierig und lernfreudig sind. Im Familienbericht (Seite 1711 ff.) wird darauf hingewiesen, dass diese natürliche Neugierde und Lernfreudigkeit so früh wie möglich zu fördern sei. Als Folge davon wurden als Massnahmen die Einführung von zwei obligatorischen Kindergartenjahren sowie die Vorverlegung des Schuleintritts auf das sechste Altersjahr vorgeschlagen und vom Grossen Rat inzwischen auch so beschlossen.
Je nach Entwicklungsstand des Kindes ist dieser natürliche Wissensdrang sehr unterschiedlich ausgeprägt. Deshalb wird der heute starre Übertritt vom Kindergarten in die Schule oft als künstliche Trennung empfunden. Diese Tatsache verlangt nach einer flexiblen Einschulungslösung, damit auf den individuellen Wissens- und Entwicklungsstand der Kinder angemessen reagiert werden kann. Ein Erfolg versprechendes Schulmodell sind so genannte Basis- oder Grundstufen. In diesen Schulmodellen werden die beiden Kindergartenjahre und die ersten beiden oder lediglich das erste Primarschuljahr zusammengefasst. Dabei geht es darum, den Kindern im Alter von 4-8 Jahren auf spielerische Art den Erwerb von sprachlichen und mathematischen Grundkenntnissen zu ermöglichen. Spielen und Lernen werden nicht mehr künstlich getrennt, sondern gehen fliessend ineinander über. Die Kinder werden auf diese Weise bedeutend optimaler auf ihren individuellen Lernwegen unterstützt.
In verschiedenen Kantonen (AG, BE, GL, LU, SG, TG, ZH, etc.) werden seit einigen Jahren Schulversuche zu diesen beiden Schulmodellen durchgeführt. Die Pilotklassen werden wissenschaftlich begleitet und es finden regelmässige Evaluationen statt. Verschiedene Zwischenberichte und Konzepte stehen inzwischen zur Verfügung und zeigen auch deutlich auf, dass sich die neue Form offensichtlich in städtischen wie ländlichen Verhältnissen bestens zu bewähren scheint.
Der Kanton Graubünden beteiligt sich bisher nicht mit Schulversuchen an dem durch die EDK-Ost geleiteten Pilotprojekt. Im Kernprogramm Bündner Schule 2010 ist der Handlungsbedarf bezüglich dem flexibilisierten Schuleintritt durchaus erkannt worden, und es wird auch ein so genanntes „Bündner Modell“ vorgeschlagen, wonach die ersten beiden Jahre der Primarschule als Kombiklassen geführt werden könnten. Aus unserer Sicht nimmt dieses Bündner Modell die eigentliche Schnittstellenproblematik zwischen Kindergarten und Primarschule allerdings nur sehr ungenügend auf. Zudem würde in der momentanen Zeit der schweizweiten Harmonisierung im Bildungswesen (HARMOS) der Kanton Graubünden ein Modell im Alleingang einführen. In der Zusammenfassung der Rückmeldungen zum Kernprogramm (Seite 23) ist das Modell der Einführung einer Basisstufe im Übrigen lediglich als Alternative aufgeführt.
Aufgrund dieser Ausgangslage und der bevorstehenden Revision des Kindergartengesetzes sowie der Revision der Vollziehungsverordnung zum Schulgesetz ersuchen wir die Regierung zur Beantwortung der folgenden Fragen:
1. Inwieweit verfolgt die Regierung den Verlauf und die Evaluation der Basis-/Grundstufenmodelle der EDK-Ost?
2. Der Kanton hat die Arbeitsgruppe „Schuleintritt“ beauftragt, konkrete Massnahmen basierend auf dem Kernprogramm Bündner Schule 2010 auszuarbeiten. Ist dabei die Einführung von Basis-/oder Grundstufen ein Thema?
3. Wie gedenkt die Regierung die Schnittstellenproblematik Kindergarten-Primarschule mit dem Bündner Modell ausreichend zu berücksichtigen?
4. Sieht die Regierung die Möglichkeit, anhand der gemachten Erfahrungen in den Nachbarkantonen, die Einführung von Basis- oder Grundstufen auch für den Kanton Graubünden zu prüfen?
5. Welche Probleme kommen auf die Ausbildungssituation an der PH Graubünden zu, wenn sich die Berufssituation der traditionellen Kindergärtnerinnen in der übrigen Schweiz stark verändert?
Chur, 18. April 2007
Name: Locher Benguerel, Bucher-Brini, Jäger, Arquint, Augustin, Baselgia-Brunner, Bundi, Butzerin, Caduff, Cahannes Renggli, Cavigelli, Darms-Landolt, Dermont, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Hanimann, Jaag, Koch, Marti, Menge, Meyer-Grass (Klosters), Niederer, Noi-Togni, Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Righetti, Thöny, Thurner-Steier, Trepp, Troncana-Sauer, Candinas (Disentis), Luzio
Session: 18.04.2007
Vorstoss: dt Anfrage