Navigation

Inhaltsbereich

Session: 01.09.2007
Im Rahmen von zwei Erhebungen wurden Jugendliche hinsichtlich ihres politischen Verstehens getestet und bezüglich ihres Demokratieverständnisses, politischen Engagements sowie ihrer politischen Einstellungen und Konzepte befragt. Die Ergebnisse der Schweizer Schülerinnen und Schüler auf der 9. Klassenstufe liegen im Vergleich mit den anderen Ländern meist unter dem Durchschnitt. So verfügen sie über wenig politisches Wissen, stufen die Pflichten von Staatsbürgerinnen und -bürgern als wenig wichtig ein, äussern wenig politisches Interesse, zeigen ein geringes gesellschaftliches Engagement und äussern wenig Bereitschaft, sich in Zukunft politisch zu engagieren (vgl. das Magazin der ilz, 2/2007, S. 11).

Die in Chur Mitte Mai 2007 durchgeführte Jugendsession forderte in einer Petition „Jugend in der Politik“ eine „verstärkte Integration der Jugendlichen in die Politik“, insbesondere durch „regelmässigen, praxisorientierten Politikunterricht ab der Oberstufe“. Verschiedentlich wurde jüngst von Gegnern des Stimmrechtsalters 16 ausgeführt, die Jugendlichen müssten eher über einen effizienteren Staatskundeunterricht, dem mehr Priorität beizumessen sei, abgeholt werden. Diese Forderungen zeigen, dass ein aktuelles Bedürfnis nach einer intensiven und praxisbezogenen politischen Bildung besteht.

Es stellen sich dazu folgende Fragen:

1. Existiert eine Untersuchung, mit welcher das politische Interesse, das politische Wissen und damit auch die Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler über ihre staatspolitischen Rechte und Pflichten im Kanton Graubünden erhoben wurden?

2. Auf welcher Stufe erfolgt die Vermittlung der Tätigkeiten der kommunalen, regionalen und kantonalen staatlichen Institutionen und mit welchen (Lehr-) Mitteln und Lernmethoden werden diese vermittelt?

3. Gibt es eine „institutionalisierte“ Zusammenarbeit der Staatskundelehrer (Fachschaft) mit den Behörden, Staatsgewalten und deren Exponenten?

4. Gibt es seitens des EKUD ein Konzept, wie die politischen Parteien und/oder Verbände den Staatskundeunterricht unterstützen und beleben könnten?

Chur, 1. September 2007

Name: Rathgeb, Butzerin, Florin-Caluori, Bachmann, Baselgia-Brunner, Berni, Bezzola (Zernez), Bischoff, Blumenthal, Brandenburger, Brüesch, Bühler-Flury, Caduff. Cahannes Renggli, Campell, Casparis-Nigg, Cavigelli, Christoffel-Casty, Clavadetscher, Darms-Landolt, Donatsch, Dudli, Federspiel, Felix, Feltscher, Geisseler, Hanimann, Hartmann (Chur), Hasler, Jenny, Kessler, Krättli-Lori, Kunz, Loepfe, Mani-Heldstab, Marti, Meyer-Grass (Klosters), Michel, Nick, Niederer, Parolini, Peer, Perl, Peyer, Pfäffli, Portner, Ragettli, Sax, Stiffler, Tenchio, Thomann, Toschini, Tuor, Valär, Casutt-Derungs (Falera), Clalüna, Flütsch, Patt

Session: 01.09.2007
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Für die Regierung ist die politische Bildung der jungen Generation von zentraler Bedeutung. Sie teilt diese Überzeugung mit den Regierungen der anderen Kantone und der benachbarten Länder. Der Europarat hat das Jahr 2005 zum „Europäischen Jahr der demokratischen Bildung“ ausgerufen. Auch die Europäische Kommission und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben in den letzten Jahren die Ziele ihrer Bildungspolitik in den Kontext einer umfassenden Konzeption Demokratie fördernder Lernprozesse gestellt.

Bei der Vergleichsstudie der IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement), welche in der Einleitung der vorliegenden Anfrage erwähnt ist, haben die Schweizer Schülerinnen und Schüler eher mässig abgeschnitten. Vor diesem Hintergrund sind die verschiedenen Kantone bestrebt, ihre bereits vorhandenen Projekte im Bereich der politischen Bildung (Jugendsessionen, Lehrmittel) zu koordinieren und gemeinsam auszubauen. Ein Ergebnis dieser Bemühungen ist u.a. der Grundlagenband „Politik und Demokratie leben und lernen“, welcher von der Interkantonalen Lehrmittelzentrale (ilz) bereitgestellt wurde.

Die vier konkreten Fragen des Vorstosses beantwortet die Regierung folgendermassen:

1. Eine eigene Untersuchung über das politische Interesse und das staatskundliche Wissen der Schülerinnen und Schüler des Kantons Graubünden existiert nicht.

2. Die Vermittlung der Tätigkeiten der kommunalen, regionalen und kantonalen Institutionen erfolgt vorwiegend auf der Sekundarstufe I und Sekundarstufe II. Im Sinne der entsprechenden Lehrpläne richten sich die im Unterricht behandelten Themen nicht nach einem systematisch aufgebauten Lehrmittel, sondern nach der aktuellen Situation der Lernenden. Dies hat zur Folge, dass an den Schulen verschiedene Lehrmittel und Unterrichtsmaterialien zum Einsatz kommen.
Für die Primarschulstufe erscheint im Schuljahr 2008/09 bei Lehrmittel Graubünden ein zweibändiges Heimatkundelehrmittel. Dieses wird in den drei Kantonssprachen herausgegeben und hat u.a. folgende Inhalte: „Drei Bünde“, „Übersicht über die Geschichte Graubündens und der Schweiz“, „Zusammenleben braucht Regeln“, „Wer regiert die Gemeinde?“, „Wer regiert den Kanton?“. Diese Themen werden ins neue Lehrmittel aufgenommen, obwohl der Bündner Lehrplan sie auf dieser Stufe noch nicht vorschreibt. Da die Lehrmittel anderer Kantone analoge Themen berücksichtigen, gilt deren Aufnahme in den Lehrplan als wahrscheinlich.
Auf allen Schulstufen erfolgt ein Teil des staatskundlichen Unterrichts fächerübergreifend. Dabei geht es u.a. auch um die Vermittlung von Haltungen wie Gemeinschaftsfähigkeit, demokratisches Verhalten und Verantwortungsbewusstsein.

3. Eine „institutionalisierte“ Zusammenarbeit der Staatskundelehrpersonen (Fachschaft) mit den Behörden, Staatsgewalten und deren Exponenten existiert nicht. Dies hat u.a. auch damit zu tun, dass in der Bündner Volksschule nur vereinzelt Fachlehrpersonen tätig und in Fachschaften zusammengeschlossen sind. Hingegen kommen solche Fachkontakte sowohl auf der Sekundarstufe I als auch auf der Sekundarstufe II in einem individuellen und informellen Rahmen zum Tragen.

4. Ein Konzept über den Einbezug der politischen Parteien in den Staatskundeunterricht existiert nicht. Es wird auf allen Stufen der Bündner Schule darauf geachtet, Unterricht und Parteipolitik zu trennen.

Datum: 25. Oktober 2007