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Session: 22.10.2008
Artikel 8 Absatz 3 der Bundesverfassung lautet wie folgt:

"Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit".

Am 1. Juli 1996 trat das schweizerische Gleichstellungsgesetz in Kraft. Es gilt für alle Bereiche des Erwerbslebens, von der Anstellung über die Weiterbildung bis zur Kündigung, vom Lohn bis zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Obwohl wir in der Schweiz seit 1996 ein Gleichstellungsgesetz haben, zeigen die Zahlen und Fakten, dass bei der Gleichstellung der Geschlechter immer noch Nachholbedarf herrscht. In der Bildung und im Beruf, bei den Löhnen, der Erwerbsquote, in der Haus- und Familienarbeit, bei der politischen Machtverteilung und der Verteilung von Führungspositionen - auf all diesen Gebieten herrschen gravierende Ungleichheiten zwischen Frau und Mann. Frauen verdienen heute durchschnittlich immer noch 20 Prozent weniger als Männer, in den Verwaltungen immer noch bis zu 18 Prozent. Laut dem ermittelten Gleichstellungsindex der Schweiz gehört Graubünden mit 0.4 (auf einer Skala von 0-1) im Vergleich zu den anderen Kantonen zu den Absteigern.

Der Bund stellt öffentlichen Verwaltungen gratis das Testinstrument logib „Lohngleichheitsinstrument Bund“ zur Verfügung, welches die Lohndifferenz zwischen Frau und Mann mit wenig Aufwand ermittelt. Bei logib handelt es sich um ein methodisches Verfahren, welches eine Regressionsanalyse (ökonomisch-statistisches Analyseverfahren) durch ein wissenschaftlich abgestütztes Verfahren ermöglicht. Dieses Verfahren wurde im Rahmen eines Bundesgerichtsentscheides im Jahre 2003 anerkannt. Durch die bereitgestellte logib-Statistik-Software kann ermittelt werden, wie hoch die Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern ist. Dementsprechend, wie vom Gleichstellungsgesetz aus dem Jahre 1996 verlangt wird, können Lohnangleichungen getätigt werden, da berechnet werden kann, ob die Lohngleichheit zwischen Frau und Mann für gleichwertige Arbeit gewährleistet ist. Im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens darf eine Toleranzschwelle von 5% nicht überschritten werden. In der Berechnung werden berücksichtigt:

1. Persönliche Qualifikationsmerkmale (Ausbildung, Erwerbserfahrung, Dienstalter);

2. Arbeitsplatzbezogene Merkmale (Anforderungen des Arbeitsplatzes, berufliche Stellung);

3. Evtl. weitere lohnrelevante Faktoren, sofern sie nicht diskriminierend sind.

Wenn sämtliche Lohnunterschiede erklärt werden können, gilt die Lohngleichheit als eingehalten.

Städte wie Bern und Winterthur und der Kanton Bern haben in verschiedenen Departementen die Analyse vollzogen und dabei auch öffentlich auf die Höhe der Lohndifferenz zwischen Frau und Mann innerhalb der öffentlichen Verwaltung aufmerksam gemacht. Dies sind entscheidungsrelevante Informationen für Mitarbeiterinnen und Bewerberinnen.

Die Unterzeichnenden fordern die Regierung daher auf:

1. die Lohndifferenzen mit der vom Bund bereitgestellten logib-Statistik-Software zu ermitteln.

2. einen Bericht zu erstellen, welcher die Zahlen der Lohndifferenz zwischen Frau und Mann liefert und welcher aufzeigt, ob die kantonale Verwaltung des Kantons Graubünden die Lohngleichheit einhält oder nicht.

3. falls es Lohnungleichheiten geben sollte, sollen Massnahmen zu deren Beseitigung ergriffen werden.


Chur, 22. Oktober 2008

Michel (Chur), Meyer Persili (Chur), Arquint, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Frigg, Gartmann-Albin, Hartmann (Chur), Jäger, Kessler, Marti, Menge, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Noi-Togni, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Trepp, Grendelmeier, Locher Benguerel

Session: 22.10.2008
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Mit Hinweis auf die Bundesverfassung und auf das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann wird die Regierung aufgefordert, Lohndifferenzen zwischen Frau und Mann mit der vom Bund bereitgestellten logib-Statistik-Software zu ermitteln und darüber einen Bericht zu erstellen. Es soll darüber Auskunft gegeben werden, ob in der kantonalen Verwaltung die Lohngleichheit eingehalten wird.

Im Bericht über das Regierungsprogramm und den Finanzplan für die Jahre 2009 - 2012 (Heft Nr. 13/2007-2008, S. 757) wurde festgehalten, dass das Besoldungssystem, welches letztmals auf den 1. Januar 1995 umfassend revidiert worden ist, gezielt überprüft werden soll. Zu den Vorbereitungsarbeiten zu diesem Vorhaben gehörte auch die Analyse der heutigen analytischen Funktionsbewertungen. Dazu wurde auch ein Diskriminierungscheck der Saläre von Frauen und Männern durchgeführt. Aus dem Bericht der damit beauftragten Firma confer! AG geht hervor, dass keine systematische Lohndiskriminierung zwischen Frauen und Männern zu erkennen ist. Dieses Ergebnis überrascht nicht, da die Stellen der kantonalen Verwaltung bei der letzten Besoldungsrevision mit dem geschlechtsneutralen, analytischen Arbeitsplatzbewertungssystem des Betriebswissenschaftlichen Instituts der ETH Zürich (BWI) bzw. der Nachfolgeorganisation GFO, Zürich, bewertet wurden.

Die Regierung hat am 2. Dezember 2008 entschieden, dass die analytischen Funktionsbewertungen bis im Jahre 2010 anhand eines neuen Systems revidiert werden. Das entsprechende Projekt ist mit circa 200 bis 300 zu bewertenden Funktionen sehr umfangreich und wurde umgehend gestartet. Alle Dienststellen und Vertreter der Personalkommission werden miteinbezogen. Alle aktuellen Erkenntnisse aus der Gleichstellung werden bei den neuen Funktionsbewertungen berücksichtigt. Diese erfolgen einheitlich nach einem fest vorgegebenen Merkmalskatalog mit nicht redundanten und geschlechtsneutralen Kriterien, was bereits bei der Besoldungsrevision 95 der Fall war.

Der Aufwand für die Diskriminierungsprüfung mit der vom Bund zur Verfügung gestellten ‚logib-Statistik-Software’ wäre beträchtlich. So benötigten die Stadt Winterthur und der Kanton Bern für die Prüfung ihrer Löhne mit dieser Software je 2-3 Monate und umfangreiche Ressourcen.

In Anbetracht, dass ein Diskriminierungscheck schon durchgeführt wurde, die Arbeiten zur Aktualisierung der analytischen Arbeitsplatzbewertung bereits begonnen haben und das neue Bewertungssystem Gewähr für die Nichtdiskriminierung der Geschlechter bietet, erscheint es wenig sinnvoll und auch unverhältnismässig, zusätzliche Ressourcen für eine parallele Analyse mit der logib-Statistik-Software einzusetzen und zusätzlich zur eingeleiteten Funktionsbewertung noch einen weiteren Bericht zu erstellen.

Aus den dargelegten Gründen beantragt die Regierung, den Auftrag abzulehnen.

Datum: 18. Dezember 2008