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Session: 09.12.2008
Am 4. November 2008 hat der Bundesrat formell die Verhandlungen über das Abkommen der Schweiz mit der EU im Agrar- und Lebensmittelbereich ( FHAL ) eröffnet. Das Abkommen wird nebst tarifäre Handelshemmnisse ( Zölle, Kontingente ) und nicht tarifäre Hürden ( unterschiedliche Produktevorschriften und Zulassungsbestimmungen ) auch den Freihandel mit Landwirtschaftlichen Rohstoffen sowie den Freihandel der Landwirtschaft vor- und nachgelagerter Stufen der Produktionskette umfassen.

Laut Mitteilung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements ( EVD ) würden bei einem Abschluss des FHAL der Schweizerischen Landwirtschaft mit Einbezug der gesamten Produktionskette sowie dem Abbau von Handelshemmnissen die Senkung der Produktionskosten von jährlich 1 Mrd. CHF ermöglichen.

Ebenso rechnet das EVD mit einem Rückgang der Konsumentenpreise um bis zu 25%. Dadurch würde das Bruttoinlandprodukt dauerhaft um 0.5% oder rund 2 Mrd. CHF angehoben.

Demgegenüber rechnet das EVD mit einem Rückgang des Sektoreinkommens der Landwirtschaft während einer mehrjährigen Anpassungsperiode in der Grössenordnung von mehreren Mrd. Franken ( 3 – 6 Mrd. CHF ).

Der Schweizerische Bauernverband ( SBV ) rechnet gar mit einem Rückgang von rund 50% des Einkommens der Schweizer Bauernfamilien.

Wie gross die Einkommenslücke effektiv ausfiele hinge gemäss EVD davon ab, wie gut die Landwirtschaft die zusätzlichen wirtschaftlichen Chancen im EU Binnenmarkt mit 490 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten nutzen kann ( Kostensenkungs- und Exportpotentiale, Produktivitätssteigerungen, Spezialisierung in Bereichen mit hoher Wertschöpfung ).

Vor diesem Hintergrund bitten wir die Regierung um Beantwortung folgender Fragen:

1. Wie beurteilt die Regierung generell die Auswirkungen eines allfälligen Abschlusses des Abkommens FHAL auf den Kanton Graubünden
• auf die Entwicklung des Bruttoinlandprodukts?
• auf die Entwicklung der, der Landwirtschaft vor- und nachgelagerten Betriebe?
• auf die Entwicklung der Landwirtschaft?

2. Wie hoch beziffert die Regierung den Einkommensrückgang der Bündner Landwirtschaft bei einem allfälligen Abschlusses des Abkommens FHAL?

3. Ist die Regierung bereit Massnahmen zu ergreifen, um den Anpassungsprozess an eine allfällige neue Marktsituation der Bündner Landwirtschaft zu unterstützen?

4. Wenn ja, welche Massnahmen sieht die Regierung vor?

Chur, 9. Dezember 2008

Valär, Stoffel, Peer, Barandun, Bezzola (Zernez), Bischoff, Bleiker, Brandenburger, Brüesch, Bucher-Brini, Buchli, Butzerin, Campell, Casparis-Nigg, Castelberg-Fleischhauer, Caviezel (Pitasch), Caviezel-Sutter (Thusis), Christoffel-Casty, Clavadetscher, Conrad, Darms-Landolt, Dermont, Fasani, Gartmann-Albin, Giovanoli, Hardegger, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Heinz, Jeker, Jenny, Krättli-Lori, Kunz (Chur), Mani-Heldstab, Märchy-Michel (Malans), Marti, Michel (Davos Monstein), Parolini, Peyer, Pfenninger, Pfister, Portner, Ratti, Righetti, Rizzi, Stiffler, Tenchio, Thurner-Steier, Toschini, Brasser, Brunold, Clalüna, Engler, Hartmann (Küblis), Hauser, Jecklin-Jegen, Michel (Chur), Niederberger, Patt

Session: 09.12.2008
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Die in der Einleitung zur Anfrage gemachten Feststellungen entsprechen den Abklärungen des Bundes und des Schweizerischen Bauernverbandes. Dennoch sind genaue Vorhersagen zu den Auswirkungen eines Abkommens der Schweiz mit der EU im Agrar- und Lebensmittelbereich (FHAL) sehr schwierig, da diese stark von den Verhandlungsergebnissen abhängig sind.

Die Landwirtschaftspolitik ist Bundessache. Dementsprechend sind die wichtigen Entscheidungen auf Stufe Bund zu treffen. Zurzeit laufen beim Bund die Vorbereitungen zur Schaffung von flankierenden Massnahmen zwecks Stützung der schweizerischen Landwirtschaft in einer Übergangsphase. Diesbezüglich ist auch auf die vorgesehene Schaffung einer Bilanzreserve zur Finanzierung von Begleitmassnahmen zugunsten der Landwirtschaft hinzuweisen.

Aus Sicht der Bündner Landwirtschaft ist festzuhalten, dass nach den getroffenen Abklärungen des Schweizerischen Bauernverbandes die Berglandwirtschaft die Auswirkungen eines allfälligen FHAL bedeutend weniger zu spüren bekommen wird. Trotzdem unternehmen die Verantwortlichen im Kanton alles, um die besten Voraussetzungen für die grundsätzlich benachteiligte Berglandwirtschaft zu schaffen.

Zu den einzelnen Fragen:

1. Die generellen Auswirkungen eines FHAL auf den Kanton Graubünden sind sehr schwierig abzuschätzen. Die Wirtschaft und der Tourismus werden von einer Marktöffnung profitieren, so dass auch positive Auswirkungen auf das Bruttoinlandprodukt zu erwarten sind. Aus Sicht der Landwirtschaft und der vor- und nachgelagerten Betriebe wird ein solches Abkommen sehr viel kritischer beurteilt. So hat sich auch der Bündner Bauernverband gegen das FHAL ausgesprochen und sich dem Argumentarium des Schweizerischen Bauernverbandes angeschlossen. Da der Anteil der Landwirtschaft am BIP in Graubünden lediglich rund 3 % beträgt, wird sich eine Veränderung in diesem Bereich gesamthaft wenig bemerkbar machen. Die milchverarbeitenden Betriebe im Bereich Käse müssen sich heute schon dem internationalen Markt stellen. Zudem ist davon auszugehen, dass die in Graubünden vorherrschende Berglandwirtschaft weniger stark von einem FHAL betroffen sein wird. Hingegen wird die intensiv wirtschaftende Landwirtschaft im Talgebiet des Kantons mehr davon spüren. Dieser Umstand muss in der konkreten Umsetzungsphase berücksichtigt werden.

2. Die Regierung ist nicht in der Lage, zum heutigen Zeitpunkt den Einkommensrückgang der Bündner Landwirtschaft als Folge eines FHAL zu beziffern. Sie könnte sich lediglich an die Schätzungen der Fachexperten halten, welche sich jedoch durch die Verhandlungsergebnisse noch verändern werden.

3. Die Regierung ist seit Jahren im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten bestrebt, die Anpassung der Marktsituation der Bündner Landwirtschaft an das sich ständig verändernde Umfeld zu unterstützen. Dies geschieht hauptsächlich durch eine gründliche Ausbildung und Beratung der Bäuerinnen und Bauern und durch eine gezielte Förderung der Betriebs- und Marktstrukturen.

4. Welche Massnahmen vorzusehen sind, kann heute noch nicht entschieden werden. Es hängt vor allem von der Ausgestaltung der Begleitmassnahmen des Bundes ab. Der Kanton fördert eine gezielte Nischenpolitik, um so die Bündner Landwirtschaft im geöffneten Marktumfeld zu unterstützen. Dazu zählt die Regierung einerseits die politische Unterstützung im Rahmen der Bundespolitik, andererseits die finanzielle Unterstützung laufender Projekte im Kanton zur Verbesserung der Betriebs- und Marktstrukturen gestützt auf die kantonale Landwirtschaftsgesetzgebung. Unter anderem soll durch optimale Nutzung des Marktpotenzials der qualitativ hochwertigen Landwirtschaftsprodukte eine möglichst hohe Wertschöpfung im Kanton generiert werden. Entsprechende Bemühungen in diese Richtung werden derzeit unternommen.

Die Regierung ist sich bewusst, dass ein FHAL, aber auch die anstehenden Verhandlungen mit der WTO Auswirkungen auf die Landwirtschaft in unserem Land und auch in unserem Kanton haben werden. Es gilt vorerst, die laufenden Verhandlungen abzuwarten und die kantonalen Anliegen einzubringen. Die Regierung wird zusammen mit den zuständigen Amtsstellen diese Entwicklungen intensiv beobachten und begleiten.

Datum: 25. Februar 2009