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Session: 10.12.2008
In der Schweiz werden DRG’s im Jahre 2012 eingeführt. Im Kanton Graubünden haben wir schon seit 3 Jahren Fallpauschalen.

In Neuseeland ist man daran, das DRG System wieder zu verlassen. In Deutschland wurden neben guten zum Teil auch sehr negative Erfahrungen mit DRG’s gemacht.

Anfang Sept. 2008 hat die schweizerische Ethikkommission für den Bereich Humanmedizin (NEK-CNE) auf eine ganze Reihe von möglichen Problemen hingewiesen, die damit zusammenhängen, dass DRG’s alle Akteure im Spital in ein ökonomisches Korsett einbinden und sie zwingen Kosten zu reduzieren, die für bestimmte Leistungen entstehen.

Das kann nebst wünschbaren auch problematische Auswirkungen haben wie:

- allzu frühe Entlassungen (Drehtüreffekt);
- ungenügendes Interesse, den Gesundheitszustand umfassend genug abzuklären;
- Optimierungsanreize wie das „upcoding“ (Spital verdient mehr);
- Verlangsamung von medizinischen Innovationen (mangelnde oder einseitige Investitionsbereitschaft);
- therapeutisch kontraproduktive Anreize mit negativen Auswirkungen auf die Versorgungsqualität und die Verteilungsgerechtigkeit von Spitalleistungen;
- Bevorzugung von maximal invasiven Massnahmen und lukrativen Patientengruppen zu Ungunsten psychosozialer Betreuung und unlukrativen Patientengruppen.

Die nationale Ethikkommission fordert mit Nachdruck eine öffentliche Debatte über die vor- aber auch möglichen nachteiligen Effekte bei der Einführung von DRG’s.

- Die Debatte soll über Fachkreise hinaus in die Öffentlichkeit getragen werden.
- Erfahrungen aus anderen Ländern sollten systematisch ausgewertet werden.
- Zur Einführung des Systems sollen alle betroffenen Berufsgruppen inklusive Ärzteschaft und Pflege ausreichend informiert und ausgebildet werden.
- Es ist noch vor Einführung des DRG-Systems eine interdisziplinäre Begleitforschung mit genügend Mitteln einzurichten. Diese muss unabhängig sein und qualitativ und quantitativ erfassen, wie sich die Arbeitssituation von verschiedenen Berufsgruppen verändert und wie das neue System sich auf die Versorgung der Kranken sowie auf ihre Angehörigen auswirkt. Daraus sollen rechtzeitig entsprechende Korrekturmassnahmen abgeleitet und implementiert werden.

Graubünden fungiert neben dem Kanton Tessin sozusagen wie ein DRG-Pilotprojekt.

In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:

1. Ist die Regierung bereit, den Forderungen der eidgenössischen Ethikkommission nachzukommen?

2. Ist die Regierung bereit, bisher noch nicht durchgeführte Begleitmassnahmen nachzuholen?

3. Ist die Regierung bereit, mit der nationalen Ethikkommission in Kontakt zu treten und die notwendige unabhängige Begleitforschung aktiv zu unterstützen und so bald als möglich in die Wege zu leiten?

Chur, 10. Dezember 2008

Trepp, Portner, Arquint, Bucher-Brini, Bühler-Flury, Bundi, Frigg-Walt, Gartmann-Albin, Jaag, Jäger, Kleis-Kümin, Menge, Meyer Persili (Chur), Meyer-Grass (Klosters Dorf), Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Thöny, Brasser, Locher Benguerel, Michel (Chur)

Session: 10.12.2008
Vorstoss: dt Anfrage

Antwort der Regierung

Mit der von den Eidgenössischen Räten am 21. Dezember 2007 beschlossenen Änderung des KVG im Bereich der Spitalfinanzierung wird den Vertragsparteien (Spitäler und Krankenversicherer) vorgegeben, die stationäre Behandlung in einem Spital oder in einem Geburtshaus spätestens ab dem 1. Januar 2012 durch leistungsbezogene, auf gesamtschweizerisch einheitliche Strukturen beruhende Pauschalen abzugelten. Die Tarifpartner haben zu diesem Zweck gemeinsam mit den Kantonen für die Erarbeitung und Weiterentwicklung sowie die Anpassung und Pflege der Strukturen eine Organisation einzusetzen. Die von der Organisation erarbeiteten Strukturen sowie deren Anpassungen sind von den Tarifpartnern dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Die Tarifpartner und die Kantone, vertreten durch die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), haben beschlossen, dass die gesamtschweizerisch einheitliche Tarifstruktur für die pauschale Leistungsabgeltung auf einem diagnosebezogenen Patientenklassifikationssystem („Diagnosis Related Groups“ bzw. „DRG“) basieren soll. Zu diesem Zweck haben sie eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, die SwissDRG AG, gegründet. Dieser Organisation obliegt die vom KVG vorgegebene Aufgabe der Erarbeitung einer gesamtschweizerisch einheitlichen Tarifstruktur auf DRG-Basis.

DRG ist ein System, mit dem stationär behandelte Patientinnen und Patienten in medizinisch homogene Gruppen mit ähnlichem Behandlungsaufwand eingeteilt werden. Als Kriterium der Einteilung dient die Hauptdiagnose bei Spitalaustritt, die durch Nebendiagnosen ergänzt werden kann. Jeder Patientenfall kann nur einer DRG zugeordnet werden. Der einzelnen DRG kommt je nach Schweregrad der darunter zusammengefassten Krankheitsfälle ein bestimmtes Kostengewicht zu. Die Abgeltung des Spitals berechnet sich nicht nach der tatsächlich erbrachten Versorgungsleistung und der Verweildauer der Patientin oder des Patienten im Spital, sondern pauschal nach der zugeteilten DRG und deren Kostengewicht.

Das DRG-System kann wie auch jedes andere leistungsbezogene Abgeltungssystem zur Verminderung der therapeutischen Versorgungsqualität in Spitälern führen oder Spitäler veranlassen, Patienten frühzeitig zu entlassen. Die kürzere Verweildauer wiederum kann zu steigenden Raten der Rehospitalisierung führen.

Die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin erachtet es gemäss ihrer Stellungnahme vom August 2008 für eine aussagekräftige Qualitätskontrolle als dringend nötig, eine breit ausgelegte Begleitforschung zur Einführung von diagnosebezogenen Fallpauschalen in den Spitälern einzurichten. Die Begleitforschung sollte die Auswirkungen des DRG-Systems auf die Qualität der klinischen Versorgung, auf deren Kosten und vor allem auf die Gesundheitszustände der verschiedenen Patientengruppen aufzeigen.

Der Verwaltungsrat der SwissDRG AG hat an seiner Sitzung vom 6. Februar 2009 beschlossen, zur Einführung der SwissDRG Fallpauschalen Begleitforschung im Sinne einer begleitenden Beobachtung zu betreiben. Er hat die Geschäftsstelle beauftragt, zusammen mit Vertretern der Aktionäre und geeigneten Partnern aus der Wissenschaft ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten.

Die Regierung geht davon aus, dass mit der Vorgabe des Verwaltungsrates der Swiss DRG AG dem Anliegen der Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin entsprochen wird.

Beantwortung der Fragen

1. Ja, soweit dies über die vom Verwaltungsrat der SwissDRG AG beschlossene Begleitforschung erfolgt.

2. Bei SwissDRG handelt es sich um ein gesamtschweizerisches Projekt. Begleitmassnahmen müssen daher gesamtschweizerisch einheitlich ausgestaltet werden. Eine separate beziehungsweise zusätzliche Durchführung von Begleitmassnahmen im Kanton erachtet die Regierung als nicht sinnvoll.

3. Nein. Die Kontaktierung der Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin und die Etablierung einer unabhängigen Begleitforschung haben durch die für die Einführung von SwissDRG von den Tarifpartnern und den Kantonen im Sinne der Vorgabe des KVG eingesetzte Organisation zu erfolgen.

Datum: 6. März 2009