Die aktuelle Wirtschaftskrise zeigt einmal mehr, dass die Interessen der Akteure in der Wirtschaftspolitik respektive die Ideen, wie der Wirtschaftskrise zu begegnen sei, teilweise weit auseinander gehen. Dies ist umso bedauerlicher, als dass sich die Interessen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen zumindest in Teilbereichen decken (z. B. Bekämpfung der Schwarzarbeit, Kontrolltätigkeit, Investitionsprogramme u. ä.).
Seit Jahren ist es aber so, dass die Bündner Wirtschaftspolitik vor allem durch die Dachorganisation der Bündner Wirtschaft und deren Mitgliederverbände geprägt wird. Ebenfalls starken Einfluss nimmt das Wirtschaftsforum Graubünden, das trotz staatlicher Finanzmittel einseitig durch die Arbeitgeberseite besetzt ist.
Jüngstes Bespiel ist das Wirtschaftsmonitoring, das durch die Bündner Regierung eingerichtet wurde. Obwohl dieses Instrument durchaus begrüssenswert ist, handelt es sich auch hier klar um ein Gremium, das den Wirtschaftsverbänden und der Arbeitgeberseite nahe steht. Dies ist umso stossender, als dass beispielsweise die Gewerkschaften als „Konjunkturbarometer“ über viel Erfahrung und ein feines Sensorium verfügen. So war beispielsweise der jüngste Stellenabbau bei der EmsChemie in Gewerkschaftskreisen ein Thema, weit bevor die Regierung darüber informiert wurde. Unerklärlich ist, warum das mit Steuergeldern finanzierte Wirtschaftsmonitoring (Konjunkturmonitoring) des AWT offenbar nur den Wirtschaftsverbänden zur Verfügung gestellt wird. So existieren auf dem Verteiler weder der Bündner Bauernverband noch weitere Arbeitnehmerorganisationen oder gar Gewerkschaften.
In anderen Kantonen ist die Zusammenarbeit zwischen Kanton, Arbeitgeberseite / Wirtschaftsverbänden einerseits und Arbeitnehmerorganisationen / Gewerkschaften andererseits weit besser ausgebaut und institutionalisiert. Der Kanton Bern verfügt seit 1993 über die so genannte „Volkswirtschaftskommission“. Dieses Gremium, zusammengesetzt aus Wirtschafts- und Bauernverbänden, Gewerkschaftsvertretern, Berufs- und Umweltverbänden berät das Volkswirtschaftsdepartment in allen Fragen von wirtschaftlicher Bedeutung. Der Kanton Bern hat mit diesem Gremium gute Erfahrungen gemacht.
Die Unterzeichneten bitten die Regierung deshalb um die Beantwortung der folgenden Fragen:
1. Wie beurteilt die Regierung die Zusammensetzung derjenigen kantonalen Gremien, die sich zu wirtschaftspolitischen Fragen äussern und in den Genuss von staatlichen Fördermitteln kommen?
2. Wie beurteilt die Regierung die Zweckmässigkeit eines breiter abgestützten Gremiums für den Kanton Graubünden ähnlich der Berner Volkswirtschaftskommission?
Poschiavo, 16. Juni 2009
Peyer, Marti, Christoffel-Casty, Augustin, Brandenburger, Casutt (Falera), Jaag, Keller, Mengotti, Nigg, Peer, Troncana-Sauer, Zurfluh
Session: 16.06.2009
Vorstoss: dt Anfrage