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Session: 18.06.2009
Gemäss Bericht in der Südostschweiz vom 18.6.2009 haben im Kanton Graubünden 8 landwirtschaftliche Betriebe ihre Tiere nicht gegen die Blauzungenkrankheit impfen lassen. Sie haben mit einer Busse von bis zu 20‘000.-- CHF zu rechnen.

Die Blauzungenkrankheit ist eine Krankheit, welche in der Regel für Tiere der Rindergattung nicht tödlich verläuft und einen nicht allzu hohen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Das Risiko des Nichtimpfens kann durch den einzelnen Landwirt getragen werden. Die Tiere sind nach durchgestandener Krankheit üblicherweise über lange Zeit oder sogar lebenslang immun.

Die aktuell vorgeschriebene Impfung mit Tot-Viren muss demgegenüber jährlich aufgefrischt werden. Sie wirkt zudem nur gegen einen bestimmten Serotyp des Virus. Treten – wie aktuell in Europa zu beobachten – neue Serotypen auf, wird die Impfung unwirksam. Das Virus wird durch so genannte Kriebelmücken übertragen, welche mit dem Wind in kurzer Zeit über 200 km weit verfrachtet werden können und in gewissen Gebieten noch auf über 2100 m.ü.M. beobachtet werden können. Die Verbreitung der Krankheit kann dabei sehr schnell erfolgen.

Das Bundesamt für Veterinärwesen verfolgt zurzeit noch eine Ausrottungstrategie. Diese kann nur Erfolg haben, wenn:

• nicht immer wieder neue Serotypen auftreten, welche über weite Distanzen verbreitet werden;

• das Virus nicht in Wildtieren wie Rehe und Hirsche ein Reservoir bildet;

• alle Nachbarländer ebenfalls eine Ausrottungsstrategie verfolgen;

• die Strategie über etliche Jahre lückenlos weitergeführt wird.

Es wird darum erwartet, dass einzelne Nachbarländer den Impfzwang wieder aufheben. Das zuständige Bundesamt für Veterinärwesen hat auf September 2009 eine grosse Diskussion mit den landwirtschaftlichen Verbänden angekündigt, wo die bisherige Strategie evaluiert und die neuen Massnahmen diskutiert werden sollen.

Viele Landwirte und Veterinäre stehen der BVet–Ausrottungsstrategie kritisch gegenüber. Einige Betriebe beklagen zudem massive Impfschäden. Diverse Landwirte haben darum mit guten Gründen die Impfung verweigert und sind jetzt von massiven Sanktionen mit unabsehbaren wirtschaftlichen Folgen konfrontiert. Dies betrifft insbesondere das Verbot von Tiertransporten (Alpung, Tierhandel) und die Streichung von Direktzahlungen.

Zuständig für die Sanktionierung sind die einzelnen Kantone. Diese gehen dabei sehr unterschiedlich vor. Impfkritische Landwirte sollen nicht unnötig hart für etwas bestraft werden, was vielleicht schon nächstes Jahr wieder erlaubt ist.

Die Regierung wird aufgefordert, die Entscheide des Bundesrates bezüglich Bekämpfung der Blauzungenkrankheit im Jahr 2010 abzuwarten. Von der Sanktionierung der impfkritischen Landwirte ist bis dahin nach Möglichkeit abzusehen. Sie wird aufgefordert, sich mit den anderen Kantonen über das Vorgehen abzusprechen.

Poschiavo, 18. Juni 2009

Pfister, Jaag, Berni, Blumenthal, Bondolfi, Bundi, Candinas (Rabius), Casutt (Falera), Cavigelli, Fallet, Jaag, Kleis-Kümin, Kollegger, Mengotti, Parolini, Pfister, Quinter, Sax, Thurner-Steier, Troncana-Sauer, Tuor, Zanetti, Candinas (Disentis/Mustér), Locher Benguerel

Session: 18.06.2009
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Die Blauzungenkrankheit ist eine durch Mücken übertragene Viruserkrankung der Wiederkäuer. Die systematische und obligatorische Impfung – schlussendlich als einzig wirksame Bekämpfungsmassnahme gegen die Blauzungenkrankheit – ist für die Schweiz für die Jahre 2008 und 2009 vom Bundesrat beschlossen worden. Die Impfung der empfänglichen Tiere (insbesondere Rinder und Schafe) zielt darauf ab, einen drohenden Seuchenzug abzuwenden und damit die Landwirtschaft vor massiven wirtschaftlichen Schäden zu bewahren. Während Frankreich 2008 auf Basis der freiwilligen Impfung eine Vielzahl von Fällen mit Blauzungenkrankheit zu verzeichnen hatte, sind in der Schweiz im letzten Jahr lediglich 35 Fälle aufgetreten. Nur dank der flächendeckenden Impfung konnten sich die Seuchenzüge von Frankreich und Deutschland nicht in die Schweiz ausbreiten.
 
Auswertungen aus den Jahren 2007 und 2008 in Deutschland und Frankreich zeigen, dass die wirtschaftlichen Schäden bei Befall gross sind. Auch die Sterblichkeitsraten, insbesondere bei Schafen, sowie die erheblichen Leiden, welche ein Tier mit Befall durchmachen muss, sind von gewichtigem Umfang.

Die diesjährige Impfkampagne erfolgte (wie zum Teil bereits im Jahr 2008) europaweit obligatorisch mit einem ordentlich zugelassenen Impfstoff, der generell gut vertragen wurde. Die dabei beobachteten Nebenwirkungen bewegten sich im normalen Rahmen. Anlässlich der diesjährigen Impfaktion, bei der rund 200’000 Dosen Impfstoff appliziert wurden, gingen beim ALT 120 Meldungen über Schäden oder Nebenwirkungen ein. Die weitere Abklärung der Meldungen ergab, dass in 3 Fällen ein möglicher Zusammenhang mit der Impfung nicht vollständig ausgeschlossen werden konnte. In diesen 3 Fällen wurde entschädigt.

In diesem Herbst findet eine Neubeurteilung der Lage im Hinblick auf die Impfkampagne 2010 statt. Dabei wird nach Konsultationen verschiedenster Vertreter der Landwirtschaft, der Beurteilung der internationalen Seuchenlage und dem Impfstatus der umliegenden europäischen Länder der Entscheid auf Bundesebene entsprechend den gesetzlichen Kompetenzregelungen gefällt.

Die Blauzungenkrankheit ist in der Tierseuchenverordnung als „zu bekämpfende Tierseuche“ festgehalten (Art. 239a ff. TSV; SR 916.401). Das Bundesamt für Veterinärwesen hat nach Anhörung der Kantone - und der Landwirtschaft - gestützt auf Art. 239g TSV auch für 2009 ein Impfobligatorium für Rinder und Schafe erlassen (Verordnung des BVET über Impfungen gegen die Blauzungenkrankheit im Jahr 2009; SR 916.401.348.2). Damit wird bezweckt, das Virus der Blauzungenkrankheit in den Nutztierbeständen zu eliminieren bzw. seine Ausbreitung wirksam zu verhindern. In Ausübung ihrer Vollzugspflicht organisierten die Kantone die Impfkampagnen und koordinierten das Vorgehen bei Impfverweigerung. So wurde durch die Konferenz der Kantonstierärzte im Januar 2009 ein einheitlicher seuchenpolizeilicher Massnahmenkatalog für Impfverweigerer in Berücksichtung von Art. 47 des Tierseuchengesetzes (TSG; SR 916.40) und Art. 69 TSV festgelegt. Damit konnten in allen Kantonen die gleichen verwaltungsrechtlichen Massnahmen (z.B. Bestandessperre 1. Grades) und die gleichen strafrechtlichen Konsequenzen bei einer Impfverweigerung durchgesetzt werden.

Die Massnahmen gründen in der Epidemiologie der Krankheit, bei der eine Mücke das ansteckende Virus überträgt und auf diese Weise andere, nicht geimpfte Tiere krank werden können. Für die Unterbindung der Erregerverbreitung über die Mücke gibt es bis anhin keine anderen tauglichen Massnahmen als die Einschränkung des Tierverkehrs von nicht geimpften Tieren. Wie in anderen Kantonen wurden auch in Graubünden die betreffenden Tierhalter frühzeitig auf diese Konsequenz einer Impfverweigerung hingewiesen.

Die Bundesgesetzgebung und die dazugehörigen Ausführungsbestimmungen einerseits, aber auch eine erfolgversprechende landesweite Bekämpfung der Seuche andererseits erlauben es den für die Umsetzung verantwortlichen Kantonen nicht, Spielräume im Vollzug des Impfobligatoriums und den Massnahmen bei Impfverweigerung zu schaffen. Aus Sicht der Regierung besteht somit keine Veranlassung, ihre Strategie und ihr Vorgehen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Blauzungenkrankheit zu ändern. Deshalb beantragt sie, den Auftrag abzulehnen.

Datum: 31. August 2009