Das Projekt «Erweiterung Gebäudeadressierung» im Kanton Graubünden bewegt die Gemüter. Es verursacht Umadressierungen und damit verbundene Emotionen, bringt aber eine logische Adressierung und verhindert für alle mühsamen Suchverkehr und Zeitverlust.
Im Jahr 2006 wurde ein Projekt lanciert, um die offiziellen Adressen in der amtlichen Vermessung (AV) einzuführen. Viele Bündner Gemeinden nutzten die Gelegenheit, ihre Adressen von benannten Gebieten und Gebäudeversicherungsnummern auf eine strassenweise, logisch aufsteigende Adressierung umzustellen. In einigen Gemeinden wurde dies nicht umgesetzt, oder das Projekt verzögerte sich aufgrund anderer Umstände. Die Gemeinden konnten selbst entscheiden, ob sie die Erhebung der Gebäudeadressen nur über die dauernd genutzten Wohn- und Arbeitsstätten sowie die Gebäude mit öffentlichem Interesse oder über sämtliche Gebäude durchführen wollten. Pragmatisch entschieden sich die meisten Gemeinden für die erste Variante.
Im Jahr 2017 wurde auf Bundesebene mit der Revision der Verordnung über das eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) beschlossen, die «Erweiterung der Gebäudeadressierung über alle Gebäude» anzugehen. Mit diesem Projekt sollten die in der AV erfassten Adressen mit jenen des GWR abgeglichen werden. Auch waren nun alle Gebäude zu erfassen, in welchen sich Menschen oder Tiere aufhalten können. Die Ersterhebung der Gebäudeadressen befand sich bei einem Sechstel der Gemeinden noch in der Umsetzungsphase.
Mit der Erweiterung der Gebäudeadressierung wollte der Kanton ursprünglich bis zum Abschluss der Ersterfassung der Gebäudeadressierung zuwarten. Das Projekt musste jedoch aus der Dringlichkeit von nationalem Interesse bereits im
Jahr 2021 gestartet werden, obschon noch Erstadressierungen in einigen Gemeinden liefen.
Das Projekt war von Beginn an schwierig. Die Koordination der Vorgaben der Bundesämter für Vermessung und Statistik, die unterschiedlichen Zuständigkeiten der kantonalen Dienststellen und die Umsetzung durch die Geometerbüros bzw. der verantwortlichen Stelle für das GWR sorgten und sorgen heute noch regelmässig für Mehraufwand und nicht selten auch für erhöhten Puls bei den Sachbearbeitenden. Die Tatsache, dass sich die Verwaltung entschieden hat, die Gebäudedefinition der Gebäudeversicherung Graubünden (GVG) bzw. des Amts für Immobilienbewertung (AIB) gleich miteinzubeziehen machte das Projekt noch komplexer.
Da die Gebäudedefinitionen und deren Adressdaten nicht nur Bestandteile der AV und des GWR sind, sondern auch für andere kantonale und kommunale Stellen wie das AIB, die GVG, die Steuerämter, u. a. für ihre Aufgabenerfüllung sehr wichtige Grundlagen darstellen, musste auf kantonaler Ebene umgehend die bestehende kantonale «Weisung Gebäudeadressen der amtlichen Vermessung im Kanton Graubünden» sowie das «AV-GWR Umsetzungskonzept im Kanton Graubünden» für die Erweiterung der Gebäudeadressen verabschiedet werden. Nur so kann gewähreistet werden, dass die obgenannten Dienststellen ihren gesetzlichen Auftrag korrekt ausführen können.
Das Projekt ist durch die verschiedenen Beteiligten und deren Interessenslagen nun seit knapp vier Jahren in Arbeit. Alle beteiligten Stellen haben viel voneinander gelernt und bemühen sich redlich um eine gute Koordination. Dass einige Adressen nach wenigen Jahren ein zweites Mal zu ändern sind, ist aufgrund der oben beschriebenen Ausgangslage zwar nachvollziehbar, für die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer aber dennoch mühsam und emotional belastend.
Inzwischen konnte bei zwölf Gemeinden eine Neuadressierung umgesetzt werden oder ist vor der Einführung. Bei weiteren
22 Gemeinden konnte mit einem Zusatzprojekt die Adressierungssituation deutlich verbessert werden. Einzelne Gemeinden werden im Jahr 2025 ihre bestehende Gebäudeadressierung ebenfalls überarbeiten. Bis Ende 2024 waren die Erweiterungen der Gebäudeadressierungen bei rund 60 Gemeinden abgeschlossen und bei 35 Gemeinden so weit fortgeschritten, dass sie im neuen Jahr abgeschlossen werden können. Damit können sich zahlreiche Lieferdienste, Blaulichtorganisationen, aber auch private oder touristische Gäste freuen, dass die gesuchte Adresse einfacher auffindbar ist. Die Verwaltungen können ihre administrativen Prozesse optimieren und die verschiedensten Organisationen sprechen vom gleichen Objekt in Zusammenhang mit einer Gebäudeadresse.
Das Amt für Landwirtschaft und Geoinformation bedankt sich ganz herzlich bei allen Beteiligten wie den Gemeindebehörden, den gemeinde- und kantonsverantwortlichen Stellen sowie den beauftragten Nachführungsgeometerinnen und Nachführungsgeometern, unabhängig davon, ob die Arbeiten bereits abgeschlossen oder noch in Arbeit sind, für ihren wertvollen und kooperativen Einsatz.
