Der Aufbau des Bündner Sprachenkonzeptes steht vor dem Abschluss.
Seit Beginn des Schuljahres 1999/2000 wird in den deutschsprachigen
Primar- und Kleinklassen der Zweitsprachunterricht (ZSU) Italienisch und
Romanisch eingeführt. Ende 2004 läuft dieses Projekt aus. Das
Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement (EKUD) zieht eine erste
Bilanz.
Parallel zu den Arbeiten in den einzelnen Kantonen hat die
Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) für
den Sprachenunterricht in der obligatorischen Schule gemeinsame Ziele
veröffentlicht. Die Bedeutung, welche diese Empfehlungen der EDK für das
Bündner Sprachenkonzept haben, ist noch zu klären.
Das Bündner Sprachenkonzept und die EDK
Gemäss den Empfehlungen der EDK sollen bis zum Schuljahr 2016/17 in
allen Kantonen die folgenden gemeinsamen Ziele erreicht werden:
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Spätestens bis zum 5. Schuljahr setzt der Unterricht von
mindestens zwei Fremdsprachen ein. Mindestens eine davon ist eine
Landessprache.
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Die erste Fremdsprache beginnt spätestens ab dem 3. Schuljahr, die
zweite spätestens ab dem 5. Schuljahr.
Das Bündner Sprachenkonzept ist so aufgebaut, dass die Einführung
von zwei Fremdsprachen auf der Primarschulstufe organisatorisch möglich
wäre. Ob aber ein solcher Schritt auch aus pädagogischer und politischer
Sicht verantwortet werden kann, bedarf noch intensiver Abklärungen. Ein
Entscheid dieser Tragweite braucht solide Grundlagen, für deren
Erarbeitung möglichst viele Betroffene (u.a. Lehrerinnen und Lehrer,
Pädagogische Fachhochschule) einbezogen werden müssen. Im Kanton
Graubünden besteht diesbezüglich kein akuter Handlungsbedarf. Das
Hauptgewicht betreffend Sprachen liegt zur Zeit in der Konsolidierung
des Bestehenden.
Einführung des Zweitsprachunterrichts steht vor dem Abschluss
Nach mehreren Jahren der Vorbereitung stimmte das Bündner Volk 1997
dem Konzept zu, welches vorsieht, in den deutschsprachigen Primarschulen
und Kleinklassen eine der beiden anderen Kantonssprachen (Italienisch
oder Romanisch) als Zweitsprache einzuführen. Analog zu Deutsch, welches
in den italienisch- und romanischsprachigen Schulen bereits seit
Jahrzehnten ab der vierten Klasse als Zweitsprache unterrichtet wird,
beginnt der Unterricht in der Zweitsprache Italienisch ebenfalls im
vierten Schuljahr.
Ausbildung der Lehrpersonen
Im Laufe der letzten vier Jahre wurden die Lehrpersonen auf den
Zweitsprachunterricht vorbereitet. Insgesamt 501 Lehrerinnen und Lehrer
absolvierten die vom Kanton angebotene Weiterbildung für Italienisch.
Dieses Programm setzt sich zusammen aus Kursen zur Erlangung der
Sprachkompetenz, aus einem Didaktikkurs sowie aus mehrwöchigen
Aufenthalten im Sprachgebiet (Misox, Puschlav, Bergell, Tessin,
Italien). Für Lehrpersonen der 4. - 6. Primar- und Kleinklassen war die
Weiterbildung obligatorisch. Lehrpersonen der Unterstufe (1. - 3.
Klasse) konnten daran freiwillig teilnehmen. Für diejenigen
Lehrpersonen, welche in Schulen an der Sprachgrenze die Zweitsprache
Romanisch unterrichten, wurde die entsprechende Weiterbildung in kleinen
Gruppen organisiert. Auch sie besuchten Abendkurse, einen Didaktikkurs
sowie Intensivkurse.
Seit 2002 sind alle Lehrpersonen, welche das Bündner
Primarlehrerpatent erwerben, für den Zweitsprachunterricht in ihrer
Sprachregion ausgebildet.
Italienisch und Romanisch - Teile des Bündner Sprachenkonzeptes
Seit Schuljahr 1999/2000 wird der Zweitsprachunterricht Italienisch
und Romanisch in den deutschsprachigen Primar- und Kleinklassen
umgesetzt. Damit wird die letzte grössere Lücke im Bündner Sprachkonzept
geschlossen. Dieses besteht u.a. aus folgenden Elementen:
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Eine Kantonssprache (Deutsch, Italienisch, Romanisch) als
Unterrichtssprache obligatorisch (1. - 9. Schuljahr)
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Eine weitere Kantonssprache als Zweitsprache obligatorisch (4. -
9. Schuljahr)
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Englisch obligatorisch (7. - 9. Schuljahr)
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Spezielle Angebote im Wahlfachbereich für diejenigen
Landessprachen (u.a. Französisch), welche nicht als Pflichtfächer
angeboten werden.
Evaluation Zweitsprachunterricht Italienisch
Drei Jahre nach Einführung des Zweitsprachunterrichts in den
deutschsprachigen Primar- und Kleinklassen wurde der
Italienischunterricht im Auftrag des Amtes für Volksschule und Sport
einer ersten Evaluation unterzogen. Diese wurde von der Pädagogischen
Fachhochschule Graubünden durchgeführt. Es handelt sich dabei um die
erste so umfassende Untersuchung des Zweitsprachunterrichtes in der
Schweiz.
Die Evaluation hat ergeben, dass Italienisch bei den
Erziehungsberechtigten sowie bei den Schülerinnen und Schülern eine hohe
Akzeptanz geniesst und von den Lehrpersonen mit einer hohen Motivation
unterrichtet wird. Aufgrund erster Erfahrungen bildet diese positive
Haltung gegenüber dem Sprachenlernen auch eine wertvolle Grundlage für
den Sprachenunterricht auf der Oberstufe. Andererseits hat die
Evaluation gezeigt, dass am Ende der 6. Klasse nicht genügend
Schülerinnen und Schüler die Sprachkompetenz erreichen, welche der
Lehrplan als Ziel vorgibt.
Das Lehrmittel "Scopriamo il Grigioni italiano" genügt den
Anforderungen eines interkulturellen Zweitsprachunterrichts; beim
Hauptlehrmittel hingegen drängt sich ein Wechsel auf.
Zur Optimierung der Resultate sind folgende Massnahmen vorgesehen:
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Permanente Weiterbildung der Lehrpersonen im Rahmen des
Weiterbildungsangebotes der Pädagogischen Fachhochschule
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Konsequente Umsetzung der Zweitsprachendidaktik
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Einführung eines neuen Italienischlehrmittels auf das Schuljahr
2006/07
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Intensivierung der Austauschaktivitäten zwischen Bündner Schulen
und Schulen in anderen Sprachgebieten.
Stand des Zweitsprachunterrichtes Romanisch
Für die zweite Hälfte 2004 ist vorgesehen, in den 12 Schulen an der
Sprachgrenze auch eine Erhebung über den Zweitsprachunterricht
Romanisch durchzuführen.
Fazit
Der mit dem Bündner Sprachenkonzept eingeschlagene Weg führt in die
richtige Richtung. Die Zwischenbilanz ist grundsätzlich positiv, weist
aber in einzelnen Bereichen, vor allem bei der Erreichung der Lernziele,
Defizite auf. Somit bleibt auch nach dem Abschluss des eigentlichen
ZSU-Projektes noch viel zu tun.
Gremium: Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement
Quelle: dt Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement