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Session: 16.02.2010
Die geplante Bahnverbindung Engadin - Vinschgau verbindet zwei bedeutende Wirtschafts- und Kulturräume, das Schweizerische Mittelland (Zürich, Gotthardbahn) mit Venedig/Oberitalien (Bozen, Brennerbahn) sowie Graubünden mit dem Südtirol, schliesst eine bisherige Lücke und integriert das bündnerische in das europäische Eisenbahnnetz.

Nachdem die Machbarkeit des Vorhabens im Rahmen eines Interreg-III-Projektes im Jahr 2006 ausgewiesen wurde, steht seit einiger Zeit die Weiterbearbeitung des Projektes an.

Das am 26. Mai 2009 gegründete „Internationale Aktionskomitee AK Bahnverbindung Engadin – Vinschgau“ fördert die Planung und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Das Komitee befasst sich gegenwärtig mit einem Folgeprojekt INTERREG-IV, welches vom zuständigen Verkehrsdepartement der Autonomen Provinz Bozen/Südtirol und vom Regionalverband Engiadina Bassa – Val Müstair Ende Oktober 2009 der zuständigen Interreg-Behörde in Mailand zur Projekt-Finanzierung eingereicht wurde. Das Verfahren ist im Gange; der Entscheid ist im März 2010 zu erwarten. Das Interreg-IV-Projekt befasst sich im Wesentlichen mit der Variantenevaluation und dem Linienführungsentscheid, der Aufbereitung der noch fehlenden Grundlagen und Vorgaben für die weitere Planung und Projektierung sowie mit der Ausarbeitung des Vorprojektes.

Die Bündner Regionen im Einzugsbereich der Vereinalinie (Engiadina Bassa, Val Müstair, Oberengadin, Prättigau, Davos, Nordbünden), die Südtiroler Bezirksgemeinschaften im Einzugsbereich der Vinschgauerbahn und die autonome Provinz Bozen/Südtirol unterstützen das Vorhaben.

Das Aktionskomitee hat mit einer Eingabe vom 18. August 2009 die Bündner Regierung um Unterstützung des Projektes ersucht und gleichzeitig den Antrag gestellt, das Projekt Bahnverbindung Engadin – Vinschgau im Kantonalen Richtplan auf Stufe Zwischenergebnis aufzunehmen und sich für die Aufnahme des Projektes im Sachplan Verkehr des Bundes einzusetzen. Diese beiden Anträge wurden im Januar 2010, in Verbindung mit dem eingeleiteten Anhörungsverfahren des Bundes zum Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene, nochmals erneuert. Es ist für die weitere Planung und Projektierung der Bahnverbindung und für die Koordination mit dem benachbarten Ausland nötig und unabdingbar, rechtzeitig diese Voraussetzungen im Sachplan Verkehr des Bundes und im Kantonalen Richtplan zu schaffen.

Die Finanzierung präsentiert sich gemäss Projekteingabe wie folgt:
 

Betrag in CHF Betrag in Euro
Totalbetrag 1‘840‘000.- 1‘150‘000.-
Land
 
Italien (Südtirol); Cash 720‘000.- 450‘000.-

Schweiz

Aufgeteilt in

Bund; Cash

Kanton GR; Cash *)

Eigenleistungen (Personalkosten, etc.)


1‘120‘000.-

 

 
120‘000.-

900‘000.-

100‘000.-


700‘000.-

 

 
75‘000.-

562‘500.-

62‘500.-

 
Die grössere Die grössere Beitragsleistung seitens der Schweiz (gesamthaft CHF 1'120'000.- bzw. 700'000.- Euro) wird damit begründet, dass die aufwendige Variantenevaluation mit dem Linienführungsentscheid vorwiegend auf Bündner Territorium nötig ist und vor allem bündnerische Interessen berührt würden.

Der Grosse Rat hat im Juni 2006 gesamthaft einen Kredit von 10 Mio. Franken für die Planung von neuen und innovativen Verkehrsverbindungen in unserem Kanton beschlossen und 2007 mit dem Gesetz über die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung (GWE) in Graubünden die gesetzliche Grundlage für entsprechende Beitragsleistungen geschaffen. Das vorliegende Projekt entspricht in exemplarischer Weise den darin vorgegebenen Kriterien; einem Projektbeitrag aus diesem Planungsfonds steht deshalb nichts entgegen.

Das Vorprojekt soll in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und mit den betroffenen Bahnunternehmungen (Rhätische Bahn; Vinschgauerbahn) ausgearbeitet werden.

Die Unterstützung des INTERREG-IV-Projektes Bahnverbindung Engadin - Vinschgau durch die Bündner Regierung ist zusammenfassend über die folgenden Massnahmen angezeigt:

• Leistung des beantragten Projektbeitrages zulasten des 10-Mio-Kredites;

• Anpassung des Kantonalen Richtplanes (Stufe Zwischenergebnis);

• Berücksichtigung im Sachplan Verkehr des Bundes (Stufe Zwischenergebnis);

• Zusammenarbeit mit dem Land Südtirol und mit Italien bei der Projektvorbereitung;

• Zusammenarbeit und Unterstützung innerhalb der Ostschweizer Regierungen;

• Vorabsprache des Projektes mit dem Bund.

Das Projekt Bahnverbindung Engadin – Vinschgau soll weiterbearbeitet werden und 2012 in die anstehende Gesamtübersicht und das Verkehrskonzept des Kantons einbezogen werden. Dies ist beim vorliegenden Bahnprojekt von internationaler Bedeutung nötig und gerechtfertigt und bildet kein Präjudiz für andere Projekte von regionaler Bedeutung.

Die Regierung wird eingeladen, das INTERREG-IV-Projekt Bahnverbindung Engadin – Vinschgau im beauftragten Ausmass finanziell zu unterstützen und sich in Italien und beim Bund aktiv für das Projekt einzusetzen.

Chur, 16. Februar 2010

Fallet, Parolini, Hartmann (Champfèr), Arquint, Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Blumenthal, Brandenburger, Cahannes Renggli, Campell, Casutt, Cavigelli, Christoffel-Casty, Conrad, Dermont, Fasani, Federspiel, Felix, Florin-Caluori, Geisseler, Giovanoli, Hardegger, Jeker, Kleis-Kümin, Koch, Kollegger, Leopfe, Märchy-Michel, Mengotti, Michel, Montalta, Niederer, Nigg, Noi-Togni, Peer, Pfister, Portner, Quinter, Rizzi, Sax, Tscholl, Vetsch (Klosters Dorf), Zanetti, Candinas (Disentis/Mustér), Cattaneo, Gunzinger, Mainetti

 

Antwort der Regierung

Die Eisenbahnlinie Unterengadin - Vinschgau würde als neue West-Ost-Alpenver-bindung das Mittelland mit Südtirol und Venetien verbinden. Als solche müsste die Bahnlücke -in der kürzesten Variante auf einer Länge von 25 km- zwischen dem Endpunkt der meterspurigen Rhätischen Bahn und dem Anschlusspunkt der normalspurigen und dieselbetriebenen Vinschgauerbahn in Mals geschlossen werden. Beide Bahnen leisten heute Angebote vorwiegend des regionalen und touristischen Personenverkehrs.

Im Rahmen eines INTERREG-IV-Projekts beabsichtigt die Trägerschaft eine zusätzliche Vertiefung der Ergebnisse aus der INTERREG-III-Machbarkeitsstudie aus dem Jahre 2006. Im Wesentlichen wird damit angestrebt, die Linienführung bzw. unter verschiedenen Varianten im Korridor Zernez bis Scuol den zweckmässigsten Anschlusspunkt an das Netz der Rhätischen Bahn definitiv festzulegen und unter anderem die volkswirtschaftliche Relevanz des Vorhabens aufzuzeigen. In einem zweiten Teilprojekt ist beabsichtigt, das Infrastrukturvorhaben zu einem Vorprojekt weiter zu konkretisieren. Parallel dazu möchte die Trägerschaft die Öffentlichkeitsarbeit verstärken. Alles in allem schätzt die Projektträgerschaft die Kosten für sämtliche Projektbestandteile auf 1,84 Mio. CHF. Seitens des Kantons Graubünden wird eine Beteiligung an diesen Kosten in Höhe von Fr. 900'000.00 aus den zurückgestellten Mitteln für „Neue Verkehrsverbindungen“ erwartet.

Die Projektidee einer Eisenbahnverbindung Unterengadin - Vinschgau soll in jedem Fall auch im Rahmen des Projektes "Neue Verkehrsverbindungen" weiter verfolgt werden. Sie soll in den Gesamtbericht an den Grossen Rat (vgl. RB Protokoll Nr. 700/2009) aufgenommen werden, um gestützt auf vergleichbare Entscheidungsgrundlagen aus einer Vielzahl an visionären Projekten deren Zweckmässigkeit und Priorität beurteilen zu können. Dafür ist vorgängig in erster Linie und im Einklang mit dem Förderungszweck von Art. 17b des Gesetzes über die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung im Kanton Graubünden (GWE) eine Zweckmässigkeitsprüfung dieser Projektideen erforderlich. Eine Schlüsselrolle für den Entscheid, ob ein Vorhaben aus kantonaler Optik weiterverfolgt werden soll, wird dabei der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit desselben zufallen d.h. ob es ökonomisch einen nachhaltigen Verkehrsnutzen verspricht.

Die Regierung hält es deshalb auch bei der vorliegenden Projektidee als verfrüht, mit Projektierungsarbeiten beginnen zu wollen, bevor nicht hinreichend der mutmassliche volkswirtschaftliche Nutzen und die Verkehrswirtschaftlichkeit abgewogen werden können.

Die Regierung ist infolgedessen bereit, eine grundsätzlich zustimmende Stellungnahme zum INTERREG-IV-Projekt abzugeben, allerdings vorderhand eingeschränkt auf die Teilprojekte der 1. Bearbeitungsphase, beinhaltend die abschliessende Wahl des Anschlusspunktes an das Netz der Rhätischen Bahn, die Vertiefung der technischen Machbarkeit, die Abschätzung der künftigen Nachfrage als Folge des neuen Verkehrangebots, die Relation zwischen Verkehrserträgen zu den nötigen Investitionen und Folgekosten im Betrieb, die Prognose über den volkswirtschaftlichen Nutzen.

Für die Bearbeitung dieser Themen ist die Regierung auch bereit, sich im Rahmen des INTERREG Programms an den dafür erforderlichen Kosten anteilmässig aus Mitteln für „neue Verkehrsverbindungen“ zu beteiligen.

Was die weiteren im Auftrag verlangten Massnahmen zur Unterstützung des Bahnausbaus zwischen dem Unterengadin und dem Vinschgau anbelangt, ist festzuhalten, dass
- die Regierung mit Beschluss vom 9. März 2010 (RB Protokoll Nr. 181) die Aufnahme der Eisenbahnlinie Engadin - Vinschgau als weiteres Modul in den Sachplan Verkehr beantragt hat,
- die fragliche Verbindung im aktuellen kantonalen Richtplan als Option zwar aufgeführt ist, sie die Voraussetzungen für den Koordinationsstand als Zwischenergebnis mit den entsprechenden Verbindlichkeiten aber derzeit nicht erfüllt,
- in Anbetracht der aktuell vorhandenen Erkenntnisse und fehlender Entscheide über die Realisierungsabsichten weder mit den Ostschweizer Kantonen noch mit dem Bund Vorabgespräche geführt werden können.

Zusammenfassend ist die Regierung bereit, den Auftrag mit Einschränkungen entgegenzunehmen und das INTERREG-IV-Projekt nach Möglichkeit zu fördern.

12. Mai 2010