Schulleitende und Schulbehörden stellen fest, dass die Verfügbarkeit einer ausreichenden Zahl von Lehrpersonen für die Volksschule teilweise nicht mehr sichergestellt ist (Sprachkenntnisse, Anzahl Frauen/Männer u.a.). Bereits jetzt fehlen romanisch- und italienischsprachige Lehrpersonen und es wird befürchtet, dass sich dieselbe Situation bald auch für deutschsprachige Lehrpersonen zeigen wird.
Die Pädagogische Hochschule (PH) Graubünden sieht die Erfüllung ihres Leistungsauftrags ernsthaft gefährdet. Sie kann in Zukunft die Ausbildung der benötigten Anzahl von Lehrpersonen mit passenden Sprachkompetenzen vor allem aufgrund der geringen Nachfrage nach Studienplätzen voraussichtlich nicht mehr sicherstellen.
Der Mangel an Lehrpersonen stellt die Schulqualität in Frage. Dies ist in romanischen Schulen bereits Realität. Schon heute reichen hier die Romanischkenntnisse eines Teils der Lehrpersonen für die Unterrichtserteilung nicht mehr aus.
Es stellen sich beispielsweise die folgenden Fragen: Wie kann die Attraktivität des Lehrerberufs erhöht werden, für Frauen und für Männer? Wie können Lehrpersonen vermehrt im Lehrerberuf gehalten werden? Wie können mehr geeignete, junge Menschen, besonders auch männliche und romanischsprachige, zur Lehrerlaufbahn geführt werden (2-sprachiges Gymnasium, PH, Universitäten)? Wie kann der Umfang und die Qualität des romanischen und italienischen Unterrichts an den Mittelschulen als Vorbereitung zu einer Lehrerlaufbahn gestärkt werden?
Antworten auf diese Fragen sollten jetzt gegeben werden, damit allenfalls notwendige Anpassungen in die laufende Revision des Schulgesetzes aufgenommen werden können.
Die Unterzeichnenden bitten die Regierung daher um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Ist heute eine ausreichende Anzahl Volksschullehrer mit den erforderlichen Qualifikationen für die verschiedenen Stufen verfügbar und wie sind die Aussichten in 5 bis 10 Jahren?
2. Wie sind diesbezüglich die besondere Situation und die Aussichten für romanisch- und italienischsprachige Lehrpersonen?
3. Was plant und unternimmt der Kanton, um die nötige Anzahl sowie ein angemessenes Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Volksschullehrpersonen mit den erforderlichen sprachlichen Kompetenzen zu erreichen?
4. Wie kann dem schon heute drohenden Lehrermangel an romanischen und italienischen Schulen begegnet werden (Unter- und Oberstufe)? Welche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang der Sprachenartikel in der Verfassung und das Sprachengesetz?
Chur, 20. April 2010
Bezzola (Samedan), Claus, Dermont, Augustin, Bezzola (Zernez), Blumenthal, Brandenburger, Bucher-Brini, Bühler-Flury (Schiers), Bundi, Cahannes Renggli, Campell, Candinas, Casparis-Nigg, Casty, Casutt, Farrér, Fasani, Florin-Caluori, Giovanoli, Hartmann (Champfèr), Jäger, Jenny, Keller, Kleis-Kümin, Koch, Krättli-Lori, Kunz, Loepfe, Menge, Mengotti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel, Nick, Niederer, Noi-Togni, Parolini, Pedrini, Peer, Perl, Pfäffli, Portner, Quinter, Ragettli, Rizzi, Stiffler, Tenchio, Thomann, Thurner-Steier, Toschini, Trepp, Tscholl, Tuor, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), Clalüna, Cortesi, Furrer-Cabalzar, Locher Benguerel, Märchy-Caduff (Domat/Ems), Schädler
Antwort der Regierung
Im Zusammenhang mit einer optimalen Besetzung der Lehrerinnen- und Lehrerstellen an den Bündner Volksschulen sieht die Regierung ihre Aufgabe darin, die kommunalen Schulträgerschaften bei der Rekrutierung und Betreuung ihrer Lehrpersonen zu unterstützen. Im Sinne dieser Zielsetzung stellt der Kanton für junge Bündnerinnen und Bündner aller Sprachregionen an der Pädagogischen Hochschule Graubünden sowie an ausserkantonalen Hochschulen geeignete Aus- und Weiterbildungsplätze bereit. Ausserdem tragen flankierende Massnahmen wie Beratungen, befristete Lehrbewilligungen und Weiterbildungen dazu bei, dass die Schulträgerschaften auch in Zeiten von Lehrpersonenknappheit ihre Unterrichtspensen mit ausgewiesenen Fachpersonen besetzen können. Die Zusammenarbeit zwischen den kommunalen Schulträgerschaften und dem Kanton hat sich in der Vergangenheit auch in Zeiten massiver Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt bewährt.
In Anbetracht der aktuellen Lage auf dem Lehrpersonenmarkt wachsen die Befürchtungen, vor allem die Volksschulen in den romanisch- und italienischsprachigen Regionen des Kantons könnten bald ohne qualifizierte Lehrpersonen dastehen. Um dies zu verhindern, wird – u. a. auch im vorliegenden Vorstoss – ein intensiveres und direktiveres Eingreifen der Regierung erwartet. Dies wäre nur durch eine Kantonalisierung der Volksschule möglich. Dadurch würden die Voraussetzungen geschaffen, dass der Kanton einem drohenden Lehrermangel auch mit Strukturanpassungen (z. B. Schulzusammenlegungen) begegnen könnte. Auf der Basis der bestehenden gesetzlichen Grundlagen hingegen wird sich der Kanton auch in Zukunft auf eine konsequente Weiterführung der bisherigen bewährten Massnahmen beschränken müssen. Die Antworten auf die konkreten Fragen basieren auf dem aktuellen Erkenntnisstand:
Zu 1. und 2.: Die folgende Tabelle beinhaltet die Angaben betreffend die Volksschullehrpersonen des Schuljahres 2009/10.
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Anzahl Lehrpersonen mit einem stufenkonformen Diplom
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Anzahl Lehrpersonen mit einer Lehrbewilligung
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Ganzer Kanton GR
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- Primarstufe
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1010 (95,2 %)
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51 (davon 39 mit weniger als 10 Lekt./Woche)
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- Oberstufe
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555 (78,7 %)
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150 (davon 66 mit weniger als 10 Lekt. Woche)
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- Heilpäd. Bereich
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157 (65,7 %)
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82 (davon 35 mit weniger als 10 Lekt. Woche)
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Romanischbünden
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- Primarstufe
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245 (93,2 %)
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18 (davon 16 mit weniger als 10 Lekt. Woche)
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- Oberstufe
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144 (73,8 %)
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51 (davon 22 mit weniger als 10 Lekt. Woche)
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- Heilpäd. Bereich
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20 (36,4 %)
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35 (davon 19 mit weniger als 10 Lekt. Woche)
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Italienischbünden
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- Primarstufe
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75 (98,7 %)
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1 (mit weniger als 10 Lekt./Woche)
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- Oberstufe
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40 (64,5 %)
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22 (davon 13 mit weniger als 10 Lekt. Woche)
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- Heilpäd. Bereich
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10 (62,5 %)
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6 (alle mit weniger als 10 Lekt./Woche)
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Wie die Zusammenstellung zeigt, verfügt Graubünden nach wie vor über eine hohe Anzahl von Lehrpersonen mit einem stufenkonformen Diplom. Zwar sind in der Tabelle einige Mängel sichtbar. Im interkantonalen Vergleich kann die Situation aber als gut bezeichnet werden.
Um im Hinblick auf die kommenden fünf bis zehn Jahre den Bedarf an Lehrpersonen für alle Sprachregionen des Kantons auf Fakten gestützt so genau als möglich errechnen zu können, hat das Amt für Volksschule und Sport eine breit abgestützte Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse im Oktober 2010 vorliegen werden.
Zu 3.: Die längerfristige Planung des Kantons sieht vor, auf der Basis der erwähnten Studie die bisherigen Bemühungen zur Rekrutierung gut ausgebildeter Lehrpersonen fortzusetzen und eine Kantonalisierung der Volksschule zu prüfen. Hingegen sieht die Regierung keine Möglichkeit, im Lehrkörper den Frauen- bzw. den Männeranteil zu beeinflussen.
Zu 4.: Der Kanton wird die Trägerschaften der romanisch- und italienischsprachigen Schulen in ihren Bemühungen weiterhin im bisherigen Rahmen unterstützen. Als Ergänzung dazu werden die Ergebnisse der erwähnten Studie geprüft. Von den Regionen vorgeschlagene Massnahmen wie z.B. kantonale Informationskampagnen, kantonale Sonderbeiträge an romanischsprachige Schulen etc. erachtet die Regierung als nicht zielführend. Sowohl die bisherigen als auch die geplanten Massnahmen des Kantons bewegen sich im Sinne des Sprachenartikels in der Bundesverfassung und des kantonalen Sprachengesetzes.
25. Juni 2010