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Session: 21.04.2010
Gemäss dem Gesetz über die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) erhalten die Kantone einen Drittel des Reinertrages. Gegenwärtig sind dies etwa Fr. 450 Mio. pro Jahr. Dieser Betrag könnte sich angesichts des gestern bekannt gewordenen Bundesgerichtsurteiles, wonach die Erhöhung der LSVA durch den Bundesrat rechtens sei, nicht unwesentlich erhöhen. Die Tagesschau sprach von Fr. 70 Mio.

Der LSVA-Anteil von Graubünden beziffert sich wie folgt:
2005: Fr. 35.7 Mio.
2006: Fr. 38.0 Mio.
2007: Fr. 38.9 Mio.
2008: Fr. 40.6 Mio.

Fürs laufende Jahr 2010 und für die Finanzplanung rechnet der Kanton mit total Fr. 43.5 Mio.

Die Kantone haben bezüglich der Verwendung der ihnen zugewiesenen Gelder einen grossen Handlungsspielraum. Eine kürzlich erfolgte Auswertung zeigt auf, dass die Kantone den ihnen zustehenden Handlungsspielraum unterschiedlich nutzen. Bezüglich der effektiven Verwendung der Mittel lassen sich dabei drei Gruppen unterscheiden:

• In der ersten Gruppe mit neun Kantonen - NE, ZG, VD, TI, BE, BL, JU, BS, AI - fliesst der Ertrag in die allgemeine Staatskasse. Gerechtfertigt wird dies in der Regel damit, dass auch unter Berücksichtigung dieser Einnahmen der Strassenverkehr seinen tatsächlichen Aufwand nicht deckt.

• In einer zweiten Gruppe mit ebenfalls neun Kantonen - AG, SO, GR, ZH, NW, SZ, FR, SG, GL - werden die Mittel zugunsten der Strassen- beziehungsweise anderen Verkehrsfonds zugewiesen oder es gilt eine vergleichbare Regelung.

• In einer dritten Gruppe von insgesamt acht Kantonen - OW, SH, AR, TG, UR, LU, VS, GE - bestehen verbindliche Regelungen betreffend Verwendung der LSVA nach Sachbereichen (beispielsweise Lärmsanierungen etc.).

Neben diesen Gruppen haben vier Kantone entschieden, die Gemeinden mit einem fixen Anteil am LSVA-Ertrag zu beteiligen: LU 10%, TG 15%, AR 20%, BE 30%.

Ist die Regierung bereit, die Zuweisung der LSVA-Gelder der kantonalen Strassenrechnung dahingehend zu überdenken und entsprechende Veranlassungen zu treffen, dass ein gewisser Anteil auch den Gemeinden zukommt, die mitunter ebenfalls unter der grossen finanziellen Last für Strassenerneuerung und -unterhalt zu leiden haben?

Chur, 21. April 2010

Tenchio, Plozza, Augustin, Bondolfi, Caduff, Cahannes Renggli, Candinas, Cavigelli, Dermont, Fasani, Florin-Caluori, Keller, Kollegger, Niederer, Pfister, Portner, Quinter, Righetti, Sax, Tuor

Antwort der Regierung

Die dem Kanton Graubünden seit dem Jahr 2001 zufliessenden LSVA-Mittel tragen wesentlich dazu bei, die hohen Strassenaufwendungen des Kantons zu finanzieren. Für das laufende und die nachfolgenden Jahre dürfen wir gemäss den neusten Meldungen des Bundes mit einem jährlichen Anteil von gut 45 Mio. Franken rechnen. Die vom Bundesgericht im April 2010 als rechtsgültig bestätigte LSVA-Erhöhung hat für den Anteil von Graubünden keinen Einfluss. Es fliessen deshalb keine zusätzlichen LSVA-Mittel an den Kanton. Gestützt auf Art. 14 Abs. 2 des Infrastrukturfondsgesetzes wurden die fehlenden Mittel aufgrund der nicht planmässig umgesetzten LSVA-Erhöhung ab dem Jahr 2008 aus dem Infrastrukturfonds finanziert.

Die Bündner Gemeinden sind an den LSVA-Einnahmen des Kantons nicht beteiligt. Lediglich vier Kantone kennen eine kommunale Beteiligung an LSVA-Geldern. Der Vergleich mit anderen Kantonen hilft für die Beurteilung dieser Frage dabei nur bedingt weiter. Er müsste auf jeden Fall unter Berücksichtigung der Aufgaben- und Lastenverteilung im Verkehrsbereich und des gesamten innerkantonalen Finanzausgleichs vorgenommen werden. So liegen zum Beispiel in den vier Kantonen mit kommunaler LSVA-Beteiligung, Luzern, Thurgau, Aargau und Bern, die Nettoaufwendungen der Gemeinden im Verkehrsbereich über jenen des jeweiligen Kantons. In Graubünden liegen die entsprechenden Nettoaufwendungen der Gemeinden insgesamt mehr als 10 Prozent unter jenen des Kantons.

Aus einer etwas übergeordneten Perspektive wird leicht erkennbar, dass im Kanton Graubünden ein teilweises Weiterleiten von LSVA-Geldern an die Gemeinden nicht gerechtfertigt und sinnvoll wäre.
 
Im Kanton Graubünden haben alle Gemeinden, ungeachtet ihrer Einwohnerzahl, Anspruch auf eine kantonale Strassenverbindung. Dieses Recht auf eine kantonale Strassenverbindung steht auch allen Fraktionen von Gemeinden mit mehr als 30 Einwohnern zu. Die heutige Erschliessung geht damit deutlich über das hinaus, was in vergleichbaren Kantonen der Fall ist. Entsprechend hoch sind sodann auch die Strassenlasten des Kantons. Die Regierung hat sich in ihrer Antwort auf den Vorstoss Caviezel (Pitasch) betreffend Revision von Art. 9 des Strassengesetzes zudem bereit erklärt, die Anerkennungsvoraussetzungen für eine Kantonsstrasse zu überprüfen, und zwar in dem Sinne, dass die heutige kantonale Erschliessung einer Gemeinde durch den Umstand einer Fusion nicht verändert wird.

Im Zuge der Bündner NFA war vorgesehen, einen - vom Kanton finanzierten - Lastenausgleich einzuführen, der die Strassenlasten der Gemeinden zu einem namhaften Anteil berücksichtigt. Mit dem vorgesehenen geografisch-topografischen Lastenausgleich (GLA) hätten die Gemeinden mit besonders hohen Strassenlasten unter Beachtung der Tragbarkeit gezielt unterstützt werden können. Mit diesem Instrument lässt sich das in der Anfrage von Grossrat Tenchio vorgebrachte Anliegen wirksam und systemgerecht erreichen. Bei einer isolierten Mitbeteiligung der Gemeinden an LSVA-Geldern hingegen würden eine weitere Finanzierungsverflechtung geschaffen und einseitig Mittel vom Kanton zu den Gemeinden verschoben. Die Voraussetzungen zur Schaffung eines effizienten und wirksamen Lastenausgleichs im Rahmen der zweiten NFA-Vorlage würden in mehrfacher Hinsicht erschwert.

Durch die Ablehnung der Bündner NFA konnte sodann auch der vorgesehene Verzicht auf die finanzielle Beteiligung der Gemeinden an Belagssanierungen von Kantonsstrassen im Innerortsbereich nicht realisiert werden. Auch diese Massnahme soll im Rahmen der zweiten NFA-Vorlage wieder vorgelegt werden.
 
Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass die Gemeinden anfangs der 90er Jahre im Zuge einer Entflechtung von Finanzströmen zwischen Kanton und Gemeinden von der Mitfinanzierung des kantonalen Strassenunterhalts befreit wurden. Die Gemeinden mussten sich zuvor mit einem Anteil von 25 Prozent an diesen Kosten beteiligen. Die massgebenden Unterhaltskosten haben sich gegenüber dem Jahr 1990 verdoppelt und betragen inzwischen über 100 Mio. Franken pro Jahr. Diese Entflechtung war zielführend und entlastet die Gemeinden in hohem Umfang.
 
Aufgrund dieser Ausgangslage erachtet es die Regierung als nicht gerechtfertigt, eine Neuzuteilung der LSVA-Gelder vorzunehmen und der kantonalen Strassenrechnung zu entziehen.

5. Juli 2010