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Session: 14.02.2012
Im Kanton Graubünden kommt es immer wieder vor, dass Wahlen mit grossem Aufwand durchgeführt werden, auch wenn die Anzahl Kandidaten identisch ist mit der Anzahl zu besetzender Ämter oder Funktionen. Solche Wahlen sind Farcen und führen einerseits zu unnötigen Kosten sowohl bei der öffentlichen Hand als auch bei den Kandidaten, andererseits auch zu Betroffenheit bei den Kandidaten und den Wahlberechtigten.

Im Sinne der kürzlich deutlich angenommenen Volksinitiative gegen unnötige Bürokratie und Reglementierung wird die Regierung beauftragt, die „Stille Wahl“ für alle zu wählenden Funktionen des Kantons Graubünden einzuführen, sofern die Anzahl Kandidaten nicht grösser ist als die Anzahl zu besetzender Ämter oder Funktionen.

Chur, 14. Februar 2012

Kappeler, Dudli, Aebli, Blumenthal, Buchli-Mannhart, Caduff, Caluori, Casty, Casutt, Casutt-Derungs, Cavegn, Darms-Landolt, Foffa, Furrer-Cabalzar, Geisseler, Hartmann (Champfèr), Jaag, Kleis-Kümin, Koch (Tamins), Kollegger (Chur), Kollegger (Malix), Komminoth-Elmer, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Meyer-Grass, Michael (Donat), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Parpan, Pedrini, Righetti, Rosa, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tomaschett (Breil), Wieland, Bundi, Degonda, Deplazes, Kuoni, Loi, Menghini, Monigatti, Patt, Schucan

Antwort der Regierung

Regierung und Grosser Rat haben sich in jüngerer Zeit bereits zweimal eingehender mit dem Institut der "Stillen Wahlen" befasst. Bei der letzten, auf 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Totalrevision des Gesetzes über die politischen Rechte im Kanton Graubünden vom 17. Juni 2005 haben Regierung und Grosser Rat die seinerzeit in der Vernehmlassung, aber auch schon früher gelegentlich erhobene Forderung nach der allgemeinen Einführung des Instituts der "Stillen Wahlen" abgelehnt. Die Regierung hatte dabei in der Botschaft ihre Haltung wie folgt begründet: "Mit der Neuregelung der Berechnung des absoluten Mehrs reduzieren sich die Fälle, wo es zu zweiten Wahlgängen kommt, sodass diesbezüglich kein dringender Handlungsbedarf besteht. Gegenüber diesem Institut sind aber auch grundsätzliche staatspolitische Vorbehalte anzubringen. Demokratische Volkswahlen sind nicht blosse technische Mittel zur Behördenbestellung. Ihnen kommt vielmehr auch Legitimationsfunktion zu. Diese Legitimierung der "Gewählten" durch das Volk entfällt aber bei der stillen Wahl. Stimmenzahlen können zudem auch bei unbestrittenen Wahlen politische Signale geben. Schliesslich würde bei der stillen Wahl das Verfahren komplizierter und das freie Vorschlagsrecht eingeschränkt." (Botschaftenheft Nr. 1/2005-2006, S. 13). Mit der durch einen von der Regierung mitgetragenen Vorstoss aus dem Grossen Rat veranlassten Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte im Kanton Graubünden vom 27. August 2010 wurden die Rechtsgrundlagen geschaffen, damit bei den Gesamterneuerungswahlen der Bezirksgerichte vom 17. Juni 2012 erstmals auch eine stille Wahl möglich ist. In ihrer Botschaft hatte die Regierung dabei aufgezeigt, dass die erst mit der Bündner Gerichtsreform vom 12. März 2000 eingeführte Volkswahl der Mitglieder der Bezirksgerichte bisher bei der Stimmbevölkerung auf ein eher mässiges Interesse stiess. Die Regierung folgerte weiter, nachdem es um die Bestellung von Justizbehörden und nicht von politischen Behörden gehe, würden staatspolitische Bedenken (keine direkte Legitimation der Gewählten durch das Volk) nicht entscheidend ins Gewicht fallen, sondern vielmehr gegenüber den verfahrensökonomischen Vorteilen der stillen Wahl in den Hintergrund treten (Botschaftenheft Nr. 1/2010-2011, S. 6).

Mit dem vorliegenden Auftrag wird nun die Einführung der stillen Wahl "für alle zu wählenden Funktionen des Kantons Graubünden" gefordert, d.h. also konkret für die politischen kantonalen Behörden "Grosser Rat" und "Regierung" sowie die beiden Ständeratsmandate. Seit 1998 ist es bei der Regierung bei einer von vier Erneuerungswahlen (2006) und bei zwei von drei Ersatzwahlen (2008 und 2012) zu unbestrittenen Wahlen gekommen. Bei den Ständeräten war dies bei einer von vier Erneuerungswahlen (2011) der Fall. Keine solchen Angaben sind zu den auf Kreisebene stattfindenden Grossratswahlen möglich. Die Regierung sieht auch vor diesem Hintergrund keinen Anlass, von ihrer - bisher auch vom Grossen Rat geteilten - Auffassung zur stillen Wahl von politischen Behörden abzurücken. Sie gewichtet die staatspolitischen Vorbehalte gegenüber der stillen Wahl weiterhin stärker, als deren verfahrensökonomische Vorteile. Letztere sind überdies auch zumindest für die Grossratswahlen zu relativieren. Für die Umsetzung der stillen Wahl bei den Grossratswahlen müssten nämlich in 39 Wahlkreisen aufwendige Anmeldungsverfahren installiert und durchgeführt werden. Der interkantonale Vergleich zeigt im Übrigen, dass nur vereinzelte Kantone eine alle politischen kantonalen Behörden und alle möglichen Wahlgänge umfassende stille Wahl vorsehen. Zahlreicher sind die Kantone, welche diese Möglichkeit für zweite Wahlgänge bei Majorzwahlen (Regierung und Ständeräte) kennen. Nach der Neuregelung des absoluten Mehrs, die sich bewährt hat, sieht die Regierung aber auch insoweit keinen Handlungsbedarf.

Gestützt auf diese Überlegungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den Auftrag abzulehnen.

26. April 2012