Der Kanton Graubünden ist Mitglied bei der Standortmarketing-Organisation "Greater Zurich Area" (GZA). Diese regionale Organisation ist eine Stiftung mit einer gemeinsamen Trägerschaft von öffentlichen und privaten Körperschaften (Public Private Partnership).
Die GZA hat sich im Jahr 2011 personell erneuert und offenbar erfolgreich strategisch neu positioniert. Die Organisation fokussiert jetzt auf zwei Kundensegmente: Unternehmen in der Branche "Präzisionstechnologie" und solche mit Bedürfnissen nach einem internationalen oder europäischen Hauptsitz. Auch die Zusammenarbeit der GZA mit den kantonalen Standortförderungs-Organisationen wurde dem Vernehmen nach auf eine neue Basis gestellt und stark verbessert (Ressourcen-Pooling).
Diese regionale Zusammenarbeit des Kantons ist grundsätzlich zu begrüssen. Zur Präzisierung der Haltung der Regierung gegenüber der GZA bitten die Unterzeichneten um die Beantwortung folgender Fragen:
1. Ist die Regierung mit der strategischen Neuausrichtung der GZA zufrieden?
2. Welche wirksamen "Trümpfe" sieht die Regierung für den Kanton Graubünden gegenüber den anderen Kantonen in der GZA, damit internationale Unternehmen ihren Hauptsitz im Kanton haben?
3. Wie beurteilt die Regierung die Sekundäreffekte von Ansiedlungen in anderen Kantonen der GZA (v.a. auch Hauptsitze) für den Kanton Graubünden?
4. Welche Wettbewerbsvorteile sieht die Regierung in Bezug auf Unternehmen der Präzisionstechnologie im Kanton?
5. Für Hauptsitz-Gründungen ist u.a. die Steuersituation am künftigen Standort von grosser Relevanz. Kann sich die Regierung in diesem Zusammenhang vorstellen, aktiv z. B. mit der Zürcher oder Zuger Steuerbehörde ein "Lex Bonny Paket" zu schnüren, nach dem Vorbild Genf-Fribourg?
Samnaun, 12. Juni 2012
Kunz (Chur), Felix, Geisseler, Barandun, Berther (Camischolas), Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Brandenburger, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caluori, Campell, Casanova-Maron, Casty, Casutt, Casutt-Derungs, Clavadetscher, Conrad, Dudli, Engler, Fontana, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Hartmann (Chur), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Jenny, Kappeler, Kasper, Koch (Tamins), Koch (Igis), Kollegger (Chur), Komminoth-Elmer, Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Mani-Heldstab, Marti, Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Michel (Davos Monstein), Montalta, Nick, Niederer, Nigg, Niggli (Samedan), Papa, Parolini, Parpan, Pedrini, Perl, Peyer, Pfenninger, Righetti, Rosa, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Tomaschett (Breil), Troncana-Sauer, Tscholl, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch, Berther (Segnas), Degonda, Kuoni
Antwort der Regierung
Die «Greater Zurich Area» (GZA) verfolgt mit ihrer per Ende 2011 festgelegten Strategie primär die Bearbeitung der Märkte USA und China. Branchenmässig steht die Ansiedelung von Präzisionstechnologie-Unternehmen v.a. aus der Maschinen-, Cleantech- und Medtechindustrie im Vordergrund. Die Kernmärkte des Kantons Graubünden sind Deutschland und Italien. In diesen wird die GZA voraussichtlich keine eigenen Aktivitäten unternehmen. Diese Märkte sollen im Rahmen einer Selektiv-Strategie, unter Einbezug der kantonalen Ressourcen, bearbeitet werden. Die Umsetzung dieser SelektivStrategie mit Massnahmen in Europa, insbesondere in Deutschland, wird zurzeit mit den GZA Kantonen diskutiert.
Zu Frage 1:
Der Kanton Graubünden hat angesichts seines Anteils an der Finanzierung der GZA entsprechend wenig Gewicht bei der Festlegung der langfristigen Strategie. Die Regierung begrüsst die Fokussierung auf die Ansiedlung von Unternehmen im Bereich der Präzisionstechnologie, welche für Graubünden von grossem Interesse ist. Die Kernmärkte Graubündens können im Rahmen der Selektiv-Strategie bearbeitet werden. Der Einfluss der neuen Gesamtstrategie der GZA auf Ansiedlungen im Kanton Graubünden kann noch nicht abschliessend beurteilt werden.
Zu Frage 2:
Die Ansiedlung von Hauptsitzen stellt eine besondere Herausforderung dar. Meist siedeln sich diese Unternehmen in der Agglomeration, in der Nähe eines internationalen Flughafens an. Graubünden kann sich mit tiefen Immobilienpreisen und Lohnkosten, einer konkurrenzfähigen Steuerbelastung sowie einer hohen Lebensqualität in intakter Natur als attraktiver Unternehmensstandort positionieren.
Zu Frage 3:
Über allfällige Sekundäreffekte von Ansiedlungen in anderen GZA Kantonen liegen keine gesicherten Angaben vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass solche ausgelöst werden. Beispielswiese in Form von Freizeit- und Ferienaktivitäten, die von Mitarbeitenden, Kunden und Gästen dieser Unternehmen in Graubünden ausgeübt werden oder dadurch, dass Unternehmen aus Graubünden als Zulieferer profitieren.
Zur Frage 4:
In Graubünden, im angrenzenden St. Galler Rheintal, in Vorarlberg und im Fürstentum Liechtenstein sind einige Unternehmen im Bereich der Präzisionstechnologie tätig. Dieser Wirtschaftsraum birgt Potenzial im Bereich Branchen-Knowhow sowie der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften. Die tieferen Lohn- und Immobilienkosten in Graubünden erhöhen im Vergleich zu den Schweizer Agglomerationen die Produktivität produzierender Firmen. Für Arbeitnehmende ist die Region aufgrund der hohen Lebensqualität bei vergleichsweise tieferen Lebenshaltungskosten attraktiv.
Zur Frage 5:
Das angesprochene Modell könnte allenfalls für das vordere Prättigau und die Mesolcina sowie vereinzelt für das Puschlav, das Bergell und das Münstertal von Interesse sein. Die wirtschaftlich stärkste Region Graubündens, das Bündner Rheintal, liegt nicht im Perimeter für Steuererleichterungen der direkten Bundessteuer. Die Chance zur Realisierung erfolgreicher Projekte wird insgesamt als gering eingestuft.
23. August 2012