Im Rahmen der Vernehmlassung zum Finanzausgleich ist vor allem in den Tourismusregionen der vorgesehene Divisor zur Ermittlung des Ressourcenpotenzials kritisiert worden. Die Grundlagen für die Berechnung pro Gemeinde sind:
• Einkommens- und Vermögenssteuern der natürlichen Personen gemäss einfacher Kantonssteuer zu 100 Prozent;
• Gewinn- und Kapitalsteuern der juristischen Personen gemäss einfacher Kantonssteuer zu 100 Prozent;
• Quellensteuer, Liquidationsgewinnsteuer und der Aufwandsteuer gemäss einfacher Kantonssteuer zu 100 Prozent;
• Grund- und Liegenschaftensteuern zu 1.5 ‰;
• Netto-Wasserzinse zu 100 Prozent einschliesslich der Abgeltungsleistungen für Einbussen der Wasserkraftnutzung;
• Als Divisor werden die Einwohner verwendet.
Die Tourismusgemeinden werden mit diesem Divisor „Einwohner“ massiv bestraft, da die Zweitwohnungsbesitzer, welche zwar Einkommens- und Vermögenssteuern sowie die Liegenschaftssteuer entrichten, nicht berücksichtigt werden. Es gibt diverse Studien, welche aufzeigen, dass die Steuererträge der Zweitwohnungsbesitzer die Kosten knapp oder gar nicht decken, welche sie verursachen.
In diesem Zusammenhang bitten wir die Regierung, folgende Varianten der Globalbilanz zu erstellen und uns zur Verfügung zu stellen:
1. Divisor Steuerpflichtige
2. Divisor Einwohner und sekundär Steuerpflichtige
3. Sieht die Regierung Raum für sachlich begründete Mischformen?
Chur, 23. April 2013
Troncana-Sauer, Parolini, Casutt Renatus, Aebli, Berther (Disentis/Mustér), Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Blumenthal, Brandenburger, Burkhardt, Caduff, Casutt-Derungs Silvia, Clavadetscher, Conrad, Davaz, Dermont, Engler, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hartmann (Chur), Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jeker, Jenny, Kasper, Koch (Igis), Krättli-Lori, Kunz (Chur), Meyer-Grass, Michael (Castasegna), Nick, Niggli (Samedan), Parpan, Perl, Pfäffli, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Valär, Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch, Gassmann
Antwort der Regierung
Die Anfrage Troncana bezieht sich auf die Bemessungsgrundlage für die Ressourcenstärke der Gemeinden gemäss der Vernehmlassungsvorlage zur Finanzausgleichsreform (FA-Reform). Für die Bemessung der Ressourcenstärke der Gemeinden werden die massgebenden Steuererträge inklusive Wasserzinsen durch die Einwohnerzahl dividiert. Die Einwohner entsprechen der ständigen Wohnbevölkerung. Nicht berücksichtigt wird mit dem gewählten Divisor "Einwohner" die Zahl der Steuerpflichtigen. Dazu zählen insbesondere bei den Tourismusgemeinden die Zweitwohnungsbesitzer mit ausserkantonalem Wohnsitz. Diese Personen entrichten ebenfalls Einkommens- und Vermögenssteuern sowie Liegenschaftensteuern. Von diesen Personen werden ausschliesslich die Erträge erfasst, obwohl auch sie den Gemeinden gewisse Kosten verursachen. Von mehreren Vernehmlassungsteilnehmern zur FA-Reform wurde eine entsprechende Korrektur gefordert.
Die Regierung hat Anfang Juni die Vernehmlassungsergebnisse zur FA-Reform ausgewertet und die Vorentscheide für die Erarbeitung der Botschaft gefasst. Dazu gehört auch eine adäquate Berücksichtigung der Steuerpflichtigen bei der Bemessung der Ressourcenstärke. Zu beachten gilt dabei, dass die Zweitwohnungsbesitzer den Gemeindehaushalt zwar ebenfalls belasten, dies in der Regel jedoch deutlich geringer als die ständige Wohnbevölkerung. Die Regierung wird dem Grossen Rat im Rahmen der Botschaft zur FA-Reform einen konkreten Lösungsvorschlag unterbreiten. Die gestellte Anfrage ist sodann auch im Rahmen der FA-Reform zu diskutieren. Die Regierung ist gerne bereit, die gewünschten Berechnungen für die 146 Gemeinden den vorberatenden Kommissionen zur Verfügung zu stellen.
Beantwortung der gestellten Fragen
1. Variante mit dem Divisor Steuerpflichtige
Die Zahl der Steuerpflichtigen beträgt über sämtliche Gemeinden rund 216 000. Sie ist damit knapp 15 Prozent grösser als die Einwohnerzahl. Die Proportionen weichen zwischen den Gemeinden jedoch sehr stark voneinander ab. So bewegt sich die Zahl der Steuerpflichtigen im Verhältnis zur Einwohnerzahl zwischen 67 Prozent (Pratval) und 404 Prozent (Rossa). Die Tourismusgemeinden weisen im Durchschnitt etwa doppelt so viele Steuerpflichtige auf als Einwohner. Ein Ersatz der Einwohnerzahl durch die Zahl der Steuerpflichtigen würde die Ressourcenstärke dieser Gemeinden rund halbieren. Viele Tourismusgemeinden würden ressourcenschwach und zu Nehmergemeinden beim Ressourcenausgleich. Im Gegensatz dazu würden zahlreiche Gemeinden, die als tendenziell finanzschwach zu bezeichnen sind, aber nur eine relativ geringe Zahl an Steuerpflichtigen aufweisen, ressourcenstark und zu Zahlergemeinden. Der Finanzausgleich würde damit offensichtlich auf den Kopf gestellt. Betroffen würden aber auch mittelstarke Gemeinden wie zum Beispiel die Stadt Chur. Ihr Ressourcenpotenzial-Index würde sich von 102,4 Punkten auf 152,5 Punkte erhöhen. Sie müssten über 7 Millionen Franken in den Ressourcenausgleich einzahlen, was offensichtlich unverhältnismässig wäre.
2. Divisor Einwohner und sekundär Steuerpflichtige
Über sämtliche Gemeinden bestehen im Total knapp 104 000 sekundär steuerpflichtige Personen. Werden diese zu den ständigen Einwohnern gezählt, summiert sich die Zahl der relevanten Personen auf rund 292 000. Der Divisor erhöht sich im Durchschnitt um 55 Prozent. In Bezug auf die einzelnen Gemeinden erhöht sich dieser Wert sehr unterschiedlich stark. Die Spanne reicht von 4 Prozent (Rongellen) bis 311 Prozent (Rossa). Bei diesem Ansatz würden die sekundär steuerpflichtigen Personen das gleiche Gewicht erhalten wie die ständige Wohnbevölkerung. Sie belasten den allgemeinen Gemeindehaushalt aber nachweisbar deutlich geringer als die festen Einwohner. Die Ergebnisse zeigen denn auch wesentliche Verzerrungen des Finanzausgleichs. Beispielsweise für Silvaplana würde sich die Ressourcenkraft gut halbieren (Index 110,2 statt 222,5) und den Finanzierungsbeitrag für den Ressourcenausgleich um den Faktor 8 vermindern. Die Stadt Chur würde einen Ressourcenindex von 139,7 Punkten erhalten, was für sie zu einer Abgabe von 5,7 Millionen Franken führen würde.
3. Sachlich begründete Mischformen
Die Lösung kann nur in einem differenzierten Ansatz liegen, der ergänzend zu den Einwohnern auch die steuerpflichtigen Personen mit einem angemessenen Anteil berücksichtigt. Die Mindestgrösse bildet die Zahl der ständigen Einwohner. Ein Hinzurechnen von steuerpflichtigen Personen macht nur Sinn, wenn diese Zahl jene der Einwohner übertrifft. Eine Modellberechnung mit der Anrechnung von 10% jenes Anteils an steuerpflichtigen Personen, welcher die Einwohnerzahl übertrifft, führt zu einer deutlichen Mässigung der Finanzierungsbeiträge für die ressourcenstarken Tourismusgemeinden. Für die anderen Gemeinden würden keine Verwerfungen entstehen. Auf eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Kategorien von steuerpflichtigen Personen ist dabei mit Vorteil zu verzichten. Dafür fehlen zuverlässige Datengrundlagen.
3. Juli 2013