Babyklappen ermöglichen Müttern in Not, ihr Neugeborenes anonym in sichere Obhut zu geben. In der Schweiz existieren drei Babyklappen, eine in Davos, die eine in Einsiedeln und die dritte wurde kürzlich in Olten eröffnet. In Einsiedeln wurden seit 2001 acht Kinder in der Babyklappe ausgesetzt. In Davos und Olten blieben diese bisher leer. Babyklappen können Neugeborenen das Leben retten, aber zwei Nachteile sind offensichtlich: Frauen, die ihr Kind in die Babyklappe legen, gehen ein hohes Risiko für sich und das Kind ein, denn sie haben keine medizinische Unterstützung während der Geburt erhalten und das Kind hat später keine Möglichkeit, etwas über seine leibliche Herkunft zu erfahren.
Die vertrauliche Geburt kann für Frauen in krisenhaften Ausnahmesituationen eine Alternative zur regulären, meldepflichtigen Geburt sein. Während des Aufenthalts in einer Klinik oder in einem Geburtshaus ist die Mutter durch ein Pseudonym geschützt. Ihr Name ist der Klinik aber bekannt. Mutter und Kind werden medizinisch betreut und Fachleute unterstützen die Frauen bei ihren weiteren Entscheidungen. Wird das Kind zur Adoption freigegeben, hat es später die Möglichkeit, Informationen zu seiner Herkunft einzuholen. Die eigene Abstammung zu kennen, ist ein Teil der Identität jedes Menschen.
In Deutschland wird die vertrauliche Geburt in absehbarer Zeit im Gesetz verankert. Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz hat den Bundesrat mit einer Interpellation aufgefordert, die vertrauliche Geburt zu prüfen und allenfalls zu regeln. Laut Medienberichten wird die vertrauliche Geburt aber bereits in verschiedenen Kliniken in der Schweiz praktiziert. In der Frauenklinik Fontana hat es nach Aussagen der Verantwortlichen noch keine vertraulichen Geburten gegeben.
Für Frauen, die ihre Schwangerschaft und Mutterschaft verheimlichen wollen oder müssen, bedeutet die vertrauliche Geburt eine echte Hilfe und Alternative zur Babyklappe oder zu einer Abtreibung. Sie sollte in möglichst vielen Spitälern ermöglicht werden.
Die unterzeichneten Grossrätinnen und Grossräte unterbreiten in diesem Zusammenhang der Regierung folgende Fragen:
1. Teilt die Regierung die Meinung der Unterzeichnenden, dass die vertrauliche Geburt eine gute Alternative zur Babyklappe ist und auch in Graubünden ermöglicht werden sollte?
2. Sieht die Regierung eine Möglichkeit, die vertrauliche Geburt für die Bündner Spitäler zuzulassen?
3. Wenn ja, welche Massnahmen müssen ergriffen werden, damit die vertrauliche Geburt angeboten werden kann und in der Öffentlichkeit bekannt wird?
Chur, 29. August 2013
Märchy-Caduff, Hardegger, Tomaschett-Berther (Trun), Albertin, Baselgia-Brunner, Berther (Disentis/Mustér), Bezzola (Samedan), Blumenthal, Brandenburger, Bucher-Brini, Caluori, Casutt-Derungs Silvia, Clalüna, Claus, Darms-Landolt, Davaz, Della Vedova, Dermont, Dosch, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Furrer-Cabalzar, Gartmann-Albin, Gunzinger, Holzinger-Loretz, Jaag, Joos, Kleis-Kümin, Kollegger (Chur), Kollegger (Malix), Krättli-Lori, Kunz (Chur), Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Meyer-Grass, Müller (Davos Platz), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Pedrini, Perl, Peyer, Pult, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Tenchio, Thöny, Tomaschett (Breil), Trepp, Troncana-Sauer, Vetsch (Pragg-Jenaz), Zweifel-Disch, Bürgi-Büchel, Decurtins-Jermann, Degonda, Deplazes, Gugelmann, Monigatti
Antwort der Regierung
Die Regierung beantwortet die gestellten Fragen wie folgt:
1. Die vertrauliche Geburt bietet Frauen in Not die Möglichkeit, ihr Kind medizinisch begleitet zur Welt zu bringen und sich nach der Geburt psychisch und sozial durch geschulte Fachpersonen unterstützen zu lassen. Die vertrauliche Geburt bietet damit eine sinnvolle Ergänzung zu Babyfenstern, um Schwangeren in Not beizustehen.
2. In seiner Antwort auf die Interpellation von Nationalrätin Meier-Schatz über „Vertrauliche Geburt als Unterstützung für Schwangere in Not und als Alternative zu den Babyfenstern“ hielt der Bundesrat fest, dass er eine gesetzgeberische Anpassung für das Anbieten von vertraulichen beziehungsweise diskreten Geburten in der Schweiz nicht für nötig erachte (Curia Vista 13.3418).
Die Regierung teilt die Ansicht des Bundesrates. Vertrauliche Geburten in den Spitälern in Graubünden sind bereits heute möglich.
3. Wie in Antwort zu Frage 2 bereits dargelegt, ist die Regierung der Meinung, dass vertrauliche Geburten bereits heute angeboten werden können. Es steht jedem Spital mit einer Geburtsabteilung frei, ein entsprechendes Angebot in der Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Da die in Graubünden im Spital Davos vorhandene Babyklappe bisher unbenutzt blieb und auch keine Fälle von ausgesetzten Babys bekannt sind, geht die Regierung indessen davon aus, dass die heute vorhandenen sozialen Netze grundsätzlich genügen.
Ein Handlungsbedarf zur Bekanntmachung der Möglichkeit der vertraulichen Geburt ist aus Sicht der Regierung somit nicht gegeben.
17. Oktober 2013