Die Jungfreisinnigen haben eine Initiative zur Abschaffung der Kultussteuern für juristische Personen eingereicht. Sie kritisieren zu Recht, dass eine Unternehmung eigentlich keine Religion haben kann und damit auch nicht zur Bezahlung der Kultussteuern verpflichtet werden könne. Im Zusammenhang mit der Initiative der Jungfreisinnigen mit dem Ziel, juristische Personen von der Kultussteuer zu befreien, hat die Regierung dagegen argumentiert, dass die Landeskirchen keine Steuereinbussen verkraften könnten. Ein oft gehörtes Argument war, dass der Unterhalt und die Erneuerung von Kirchengebäuden, welche zumeist historisch und kulturell sehr wertvoll sind, eine zunehmend finanziell herausfordernde Aufgabe der Kirchen darstelle. Auch zahlreiche soziale Aufgaben würden durch die Kultussteuern finanziert.
Die FDP stellt diese Argumente nicht in Abrede und anerkennt die finanzielle Situation der Landeskirchen mit der Verpflichtung, wertvolle Kulturgüter zu erhalten. Umgekehrt erscheint aber dieses Argument zur Bekämpfung der Initiative der Jungfreisinnigen geradezu als Warnsignal, wo wirklich hingeschaut werden müsste. Denn die Finanzierung des Unterhalts der wertvollen Kulturgüter der Landeskirchen dürfte in Zukunft selbst dann unter Druck kommen, wenn die Kultussteuern erhalten bleiben. Zudem werden durch diesen Bereich erhebliche finanzielle Mittel gebunden, welche wiederum die Erfüllung der umfangreichen sozialen Aufgaben – im Zusammenspiel mit anderen Faktoren – weiter erschwert. Die FDP denkt hierbei an die kleiner werdende Zahl der Mitglieder der Landeskirchen infolge Religionsvielfalt, Zuwanderung anderer Religionsgemeinschaften, Geburtenrückgang etc. Aber auch die sinkende Bereitschaft der Kirche anzugehören, darf genannt werden, was sich an steigenden Kirchenaustritten manifestiert. Zudem wird die im Grundsatz falsche Kultussteuer für Unternehmungen auch immer problematischer, wenn man an die internationalen Unternehmen denkt, welche in der Schweiz tätig sind.
Die FDP ist daher der Ansicht, dass sich bereits in naher Zukunft die Frage stellen wird, wie die Landeskirchen ihre Aufgabenerfüllung finanzieren können. In diesem Zusammenhang ist auch zu fragen, inwieweit in dieser Hinsicht Doppelspurigkeiten zwischen Kirche und Staat bestehen, die es zu vermeiden gilt.
Die unterzeichnenden Grossräte beauftragen daher die Regierung, die mittel- bis langfristige finanzielle Entwicklung für die Landeskirchen abzuschätzen, die möglichen Folgen daraus aufzuzeigen und das finanzielle Risiko für den Staat und die Kirchen abzuleiten sowie die sich daraus ergebenden Massnahmen zur Lösung der längerfristigen Problematik darzustellen.
Chur, 21. Oktober 2013
Kunz (Chur), Barandun, Bezzola (Zernez), Burkhardt, Casanova-Maron, Claus, Clavadetscher, Engler, Fontana, Furrer-Cabalzar, Giacomelli, Hartmann (Chur), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jenny (Arosa), Kasper, Krättli-Lori, Kunz (Fläsch), Marti, Michael (Castasegna), Niggli (Samedan), Pfäffli, Rosa, Steck-Rauch, Stiffler (Chur), Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch, Candrian, Felix (Scuol), Jenny (Klosters), Patt, Schucan
Antwort der Regierung
Seit der Einführung der sogenannten Kultussteuer (Kirchensteuer für juristische Personen) am 1. Januar 1959 finanzieren sich die Landeskirchen zu einem grossen Teil aus dieser Quelle. Diese Steuer wurde nötig, weil sich die beiden Bündner Landeskirchen und viele Kirchgemeinden damals trotz einer bereits sehr hohen Belastung der natürlichen Personen mit Kirchensteuern in einer prekären finanziellen Lage befanden. Die Schaffung der Kultussteuer brachte damals innert kurzer Zeit eine deutliche Entspannung der Situation.
Die vereinnahmten Kultussteuern werden den beiden Landeskirchen im Verhältnis der Kirchenzugehörigkeit gemäss Steuerregister der natürlichen Personen zugeteilt. Ende 2012 entsprach dieses Verhältnis 54.34 % Katholiken und 45.66 % Reformierte (vgl. Botschaft der Regierung an den Grossen Rat, Heft Nr. 6/2013–2014, S. 183). Bei der Katholischen Landeskirche macht der Anteil an Kultussteuern derzeit rund 90 % aller Einnahmen aus, da im Gegensatz zur Evangelisch-reformierten Landeskirche von den natürlichen Personen keine Kirchensteuern erhoben werden.
Die Regierung ist sich der einschneidenden finanziellen Auswirkungen eines allfälligen Wegfalls dieser Einnahmen für beide Landeskirchen sowohl in sozialen wie auch in kulturellen Bereichen bewusst. Sie anerkennt auch Handlungsbedarf, wenn die Initiative der Jungfreisinnigen zur Abschaffung der Kirchensteuer für juristische Personen (Kultussteuer) am 9. Februar 2014 nicht angenommen würde.
Die Regierung ist deshalb bereit, den Fraktionsauftrag entgegenzunehmen und in Zusammenarbeit mit den Landeskirchen einen Bericht zu erarbeiten, welcher Möglichkeiten für die zukünftige Finanzierung der Aufgaben unserer Landeskirchen aufzeigt.
23. Dezember 2013