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Session: 22.10.2013
Die Schätzwerte von Liegenschaften in Graubünden steigen stetig an. Mit höheren Liegenschaftswerten gehen somit höhere Eigenmietwerte einher, welche als fiktives Einkommen zum Einkommen natürlicher Personen zählen.

Der Eigenmietwert wird seit der Einführung einer direkten Bundessteuer besteuert und beruht auf Artikel 8 der Bundesverfassung, wonach die Rechtsgleichheit auch im Steuerrecht durch die steuerliche Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen gefordert ist. Im ersten Kommentar zum Wehrsteuerbeschluss wird festgehalten, dass „in jedem Fall auch der Mietwert einer selbst genutzten Liegenschaft oder Wohnung zum steuerbaren Einkommen gehört. Als solcher gilt der Betrag, den der Eigentümer oder Nutzniesser aufwenden müsste, um ein gleichartiges Objekt zu mieten.“

Gemäss Steuerharmonisierungsgesetz sind die Kantone verpflichtet, den Eigenmietwert ebenfalls zu besteuern. Bei der Bestimmung der Eigenmietwerte wird den Kantonen hingegen ein gewisser Spielraum gewährt. Eine prozentuale Reduktion des Eigenmietwertes bei der dauernd selbst genutzten Liegenschaft ist durch die geringere Flexibilität des Eigentümers gegenüber dem Mieter sowie durch die in der Bundesverfassung verankerte Förderung des Wohneigentums begründet. Für dauernd selbstgenutzte Liegenschaften gewährt der Kanton Graubünden einen steuerlichen Abzug von 30% auf den Eigenmietwert.

Die Wohneigentumsquote in Graubünden blieb gemäss den Angaben des Bundesamtes für Statistik zwischen den Jahren 1990 und 2011 praktisch unverändert. Im gleichen Zeitraum konnte Graubünden einen Bevölkerungszuwachs von rund 11% verzeichnen. Der Brutto-Eigenmietwert stieg gemäss Angaben der Kantonalen Steuerverwaltung allein in den Jahren 2002 bis 2011 von 939.6 Mio. Franken auf 1‘229.4 Mio. Franken im Jahr 2011, also um rund 31%.

Diese enorme Steigerung ist einerseits sicherlich auf die Zunahme der sekundär Steuerpflichtigen zurückzuführen. Andererseits hat sich in den letzten rund 10 Jahren eine ungleiche Entwicklung der Preise von Mieten und Wohneigentum eingestellt. Bei vergleichbaren Objekten haben sich die Mietpreise wesentlich weniger stark erhöht als die Preise für Wohneigentum und damit der Eigenmietwert. Dieser Entwicklung ist mit einer Anpassung der Besteuerung des Eigenmietwertes Rechnung zu tragen.

Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, den Abzug für die dauernd selbst bewohnte Liegenschaft auf das bundesgerichtliche Maximum, also von 30 auf 40 Prozent zu erhöhen.

Chur, 22. Oktober 2013

Casanova-Maron, Barandun, Bezzola (Zernez), Burkhardt, Claus, Clavadetscher, Engler, Fontana, Furrer-Cabalzar, Giacomelli, Hartmann (Champfèr), Heiz, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jenny (Arosa), Kasper, Kunz (Chur), Marti, Michael (Castasegna), Michel (Davos Monstein), Niggli (Samedan), Pfäffli, Rosa, Steck-Rauch, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Wieland, Zweifel-Disch, Candrian, Felix (Scuol), Jenny (Klosters), Patt, Schucan

Antwort der Regierung

Der Eigenmietwert für die am Wohnsitz dauernd selbst bewohnte Liegenschaft wird nach Art. 22 Abs. 3 des Steuergesetzes für den Kanton Graubünden zu 70 Prozent des geschätzten Mietwertes besteuert. Mit dem Auftrag wird sinngemäss eine Besteuerung zu lediglich 60 Prozent gefordert.

Mit der Eigenmietwertbesteuerung wird einerseits eine Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und andererseits eine rechtsgleiche Behandlung von Wohneigentümern und Mietern erreicht. Die Eigenmietwertbesteuerung ist aber auch von zentraler Wichtigkeit für den Zweitwohnungskanton Graubünden, weil dadurch das erforderliche Steuersubstrat aus den Ferienliegenschaften generiert werden kann.

Im Auftrag wird geltend gemacht, dass die Eigenmietwerte in den letzten Jahren massiv angestiegen seien und sich zudem von den effektiven Mietzinsen stark entfernt hätten. Beide Aussagen treffen nicht zu. Der Anstieg der Brutto-Eigenmietwerte in den letzten Jahren lief parallel mit dem Anstieg der Anzahl selbstgenutzter Liegenschaften. Die Vorgehensweise bei der Schätzung der Eigenmietwerte verunmöglicht grosse Differenzen zwischen Eigenmietwert und Mietzins, was die nachfolgenden Ausführungen zum Vorgehen des Amtes für Schätzungswesen belegen.

Die Schätzungsrevision in einer Gemeinde beginnt mit denjenigen überbauten Grundstücken, bei denen entweder eine Vermietung oder eine Handänderung an einen unabhängigen Dritten vorliegt. Diese Objekte werden besichtigt und deren Werte werden ermittelt; damit wird eine Mietwertliste generiert, aufgrund derer die durchschnittlichen Marktmieten festgelegt werden. Diese dienen als Basis für die anschliessende Schätzung der durch die Eigentümer selbstgenutzten Objekte. Mit dem gewählten Vorgehen dienen die effektiven Mietzinsen einer Gemeinde als Basis für das Ermitteln der Eigenmietwerte. Damit ist sichergestellt, dass die Höhe der Eigenmietwerte den Marktmieten ähnlicher Objekte entspricht und die Entwicklung von Eigenmietwert und Marktmiete parallel verläuft.

Das Bundesgericht verlangt eine Eigenmietwertbesteuerung in der Höhe von mindestens 60 Prozent der Marktmiete in jedem Einzelfall (StE 2006 A 21.11 Nr. 46). Die Eigenmietwerte im Kanton Graubünden werden derzeit nur alle zehn bis 15 Jahre neu geschätzt und eine pauschale Anpassung der Eigenmietwerte in den Zwischenjahren ist nur begrenzt möglich. Steigen die Marktmieten nach erfolgter Schätzung, wird die verfassungsrechtliche Vorgabe einer Mindestbesteuerung von 60 Prozent der Marktmiete in jedem Einzelfall nicht mehr erreicht. Die mit dem Auftrag geforderte Lösung erweist sich damit als bundesrechtswidrig.

Auch aus dem Blickwinkel der rechtsgleichen Behandlung von Mietern und Eigenheimbesitzern ist der Auftrag abzulehnen. Der Mieter kann die Mietkosten nicht in Abzug bringen; sie sind steuerrechtlich unbeachtlich. Der Eigenheimbesitzer muss den Eigenmietwert versteuern, kann aber die zugehörigen Gewinnungskosten (Kosten des Liegenschaftenunterhalts und Schuldzinsen) voll in Abzug bringen. Wird die Besteuerung des Eigenmietwertes auf 60 Prozent begrenzt, ohne dass die Gewinnungskosten limitiert würden, kann von einer rechtsgleichen Behandlung nicht mehr gesprochen werden.

Aus den genannten rechtlichen Gründen und weil die tiefere Besteuerung des Eigenmietwertes für den Kanton und die Gemeinden Mindereinnahmen von je rund 6,9 Millionen Franken zur Folge hätte, beantragt die Regierung, den Auftrag abzulehnen.

22. Januar 2014