Die Frage des Service public zugunsten der sprachlichen Minderheiten wurde auf kantonaler Ebene im Rahmen der Erarbeitung des Sprachengesetzes und der entsprechenden Verordnung (in Kraft seit 1. Januar 2008) eingehend erörtert. Gemäss diesen Gesetzesvorgaben fördert der Kanton u.a. die Kenntnisse seines Personals in den kantonalen Amtssprachen (Art. 5 Abs. 3 SpG), berücksichtigt – bei gleichen Qualifikationen – bei der Besetzung von Stellen die Kenntnisse von zwei oder allenfalls den drei Amtssprachen (Art. 6 SpG) und wendet alle drei Amtssprachen bei einer Vielzahl von Veröffentlichungen, Übersetzungen, in der Korrespondenz und bei Anschriften (Art. 5 - 8 SpV) an. Vor diesem Hintergrund können die gestellten Fragen wie folgt beantwortet werden:
1. Beiträge des Bundes an die mehrsprachigen Kantone
Gemäss Art. 21 des Sprachgesetzes des Bundes erhalten die mehrsprachigen Kantone Finanzhilfe namentlich für folgende Dienstleistungen: die Schaffung geeigneter Voraussetzungen und Hilfsmittel für die mehrsprachige Arbeit in politischen Behörden, Justiz und Verwaltung sowie die Förderung der Mehrsprachigkeit der Lernenden und Lehrenden in den Amtssprachen des Kantons auf allen Unterrichtsstufen. Der Beitrag des Bundes ist subsidiär und bezweckt ausdrücklich nicht die Abgeltung der gesamten finanziellen Mehrbelastung, die sich aus der institutionellen Mehrsprachigkeit ergibt.
2. Vertretung der Sprachminderheiten in der Kantonsverwaltung
Die Mitarbeitenden geben jeweils beim Eintritt in die kantonale Verwaltung ihre Muttersprache bekannt; die Zweisprachigkeit wird nicht erfasst. Man kann davon ausgehen, dass in diesen Fällen die dominierende Muttersprache angekreuzt wird, und dass real ein höherer Anteil an Mitarbeitenden mit sehr guten Italienisch- bzw. Romanischkenntnissen vorhanden ist. Gemäss Tabelle geben 7.37 Prozent der Befragten Italienisch als erste Muttersprache an, 8.47 Prozent der Befragten nannten Romanisch als ihre Muttersprache. Die Datenauswertung bezieht sich auf den Monat September 2014.
Die Anstellungskompetenz ist in Artikel 63 des Personalgesetzes (BR 170.400) geregelt. Demzufolge teilt sich die Zuständigkeit für die Selektion und Anstellung der Mitarbeitenden auf die Stufen Dienststelle, Departement, Standeskanzlei und Regierung auf. Sämtliche Dienststellen wurden seinerzeit über das Inkrafttreten des Sprachengesetzes in Kenntnis gesetzt und angehalten, die einschlägigen Bestimmungen anzuwenden, welche sie unmittelbar betreffen. Das Personalamt nimmt bei der Stellenbesetzung eine beratende Funktion wahr. Die Frage nach den Sprachkenntnissen ist Bestandteil des Leitfadens zur Interviewführung bei Vorstellungsgesprächen.
Unter Würdigung aller Umstände und bisherigen Bemühungen darf das Ergebnis der Zahl der Mitarbeitenden der Minderheitssprachen in der kantonalen Verwaltung (Zentralverwaltung) als knapp befriedigend betrachtet werden. Die Verwaltung wird weiterhin bestrebt bleiben, den Anteil an italienisch- und romanischsprachigen Mitarbeitenden zu erhöhen.
3. Mögliche Massnahmen
Die Einsetzung eines Delegierten für Mehrsprachigkeit wäre eine isolierte Einzelmassnahme, welche die Regierung ablehnt. Wichtig ist es, die Bewerbungssituation zu verbessern. Dazu beitragen können Ausschreibungen, die klar auf die geforderte Sprachkompetenz hinweisen und die vermehrt auch in lokalen Medien publiziert werden. Zusätzlich ist eine Motivation von geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten vor Ort in den italienisch- und romanischsprachigen Gebieten notwendig. Diese Aufgabe kann die Politik zusammen mit Sprachorganisationen und weiteren interessierten Kreisen wahrnehmen. Die Regierung ist im übrigen bereit, zusammen mit anderen mehrsprachigen Kantonen die Frage zu überprüfen, ob der Katalog der entschädigungsberechtigten Dienstleistungen gemäss Art. 21 des Sprachengesetzes des Bundes noch zu genügen vermag.
30. Oktober 2014