Die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung ist in den letzten Jahren verschiedentlich thematisiert worden. Bedingt durch die demographische Entwicklung ist absehbar, dass der Bedarf an medizinischer Grundversorgung steigen wird. Die älter werdende Bevölkerung wird bedingt durch eine höhere Anzahl an Chronisch- und Mehrfacherkrankten zusätzliche medizinische Leistungen beanspruchen.
Verschiedene Anpassungen der rechtlichen Grundlagen der letzten Jahre (direkter Gegenentwurf zur Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“, Änderung des Heilmittelgesetzes und des Medizinalberufegesetzes) haben zum Ziel, die Ressourcen sämtlicher universitärer Medizinalpersonen besser in die Erfüllung der medizinischen Grundversorgung einzubinden. Aus diesen Überlegungen wurden die Kompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker vermehrt in der Erfüllung des Grundversorgungsauftrags berücksichtigt.
Verschiedene Kantone sind dabei oder haben, diesen grundsätzlichen Überlegungen folgend, ihre gesetzlichen Vorgaben angepasst. Dabei zeigt sich, dass die Durchführung von Impfungen ohne Weiteres durch Apothekerinnen und Apotheker abgedeckt werden kann. Zurzeit ist dies jedoch nur möglich, wenn diese Personen eine ärztliche Verschreibung vorweisen können. Dies stellt eine unnötige Doppelspurigkeit dar, da Apothekerinnen und Apotheker, welche eine entsprechende Weiterbildung besucht haben, diese Leistungen durchaus erbringen können. Durch die geltende Rezeptpflicht kann überdies keine Entlastung der Hausärztinnen und Hausärzte erreicht werden.
Die Unterzeichnenden fragen die Regierung an, ob sie bereit wäre, die Voraussetzungen zu schaffen, damit Impfen in der Apotheke ohne Verschreibungspflicht durchgeführt werden kann.
Arosa, 18. Juni 2015
Casanova-Maron (Domat/Ems), Caluori, Bucher-Brini, Bondolfi, Brandenburger, Cahenzli-Philipp, Casanova (Ilanz), Cavegn, Darms-Landolt, Della Vedova, Dosch, Engler, Foffa, Gartmann-Albin, Hug, Jenny, Kunfermann, Marti, Nay, Stiffler (Chur), Tenchio, Zanetti, Berther (Segnas), Bossi, Tuor
Antwort der Regierung
Art. 29 Abs. 1 Gesundheitsgesetz bestimmt, dass die schulmedizinische Behandlung von Krankheiten, Verletzungen, Behinderungen oder sonstiger gesundheitlicher Störungen auf eigene Rechnung oder in eigener fachlicher Verantwortung auf Rechnung einer anderen Person einer Bewilligung zur Berufsausübung bedarf. Gemäss Abs. 2 unterstehen auch die Apothekerinnen und Apotheker dieser Bewilligungspflicht. Personen, die im Besitze einer Berufsausübungsbewilligung sind, haben sich gemäss Art. 23 der Verordnung zum Gesundheitsgesetz bei der Ausübung ihres Berufes auf das ihrer berufsspezifischen Aus- und Weiterbildung entsprechende Tätigkeitsgebiet zu beschränken. Die selbständige Vornahme von Impfungen gehört heute nicht zu den Ausbildungsinhalten einer Apothekerin oder eines Apothekers. Nach geltendem Recht sind deshalb Impfungen grundsätzlich den Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Die Regierung geht wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) davon aus, dass ein niederschwelliges Impfangebot in Apotheken die Durchimpfungsrate steigern und somit zu einem besseren Schutz der Bevölkerung vor bestimmten Krankheiten führen kann. Das BAG spricht sich in seiner nationalen Strategie zur Grippeprävention 2015 - 2018 für die Einrichtung von Impfstellen mit niederschwelligem Zugang, so beispielsweise auch in Apotheken, aus.
Die Regierung ist entsprechend bereit, mittels einer Anpassung der Verordnung zum Gesundheitsgesetz die gesetzliche Grundlage zu schaffen, dass Apothekerinnen und Apotheker ohne ärztliche Verschreibung gewisse Impfungen vornehmen dürfen. Ein niederschwelliges Impfangebot darf aber nicht zu einer erhöhten Gefährdung der zu impfenden Personen führen. Auch bei einem niederschwelligen Impfangebot muss sichergestellt sein, dass vor einer Impfung alle medizinisch bedeutsamen Fragen zur Indikation sorgfältig geprüft, allfällige weitere Abklärungen veranlasst und die Ergebnisse entsprechend dokumentiert werden.
Gestützt auf die Erkenntnisse, welche im Kanton Zürich gewonnen wurden, kommen langjährig erprobte Totimpfstoffe, deren Verwendung in der Regel unproblematisch ist und kaum Nebenwirkungen auslöst, in Frage. Lebendimpfstoffe wie z.B. gegen Masern sollen hingegen weiterhin durch Ärztinnen und Ärzte verabreicht werden. Im Kanton Zürich werden gemäss Beschluss des Regierungsrates auf den 1. September 2015 folgende Impfungen durch Apothekerinnen und Apotheker auch ohne ärztliche Verschreibung zugelassen: Impfungen gegen Grippe und gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) sowie Folgeimpfungen Hepatitis A, Hepatitis B und Hepatitis A und B, wenn die erste Impfung durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgt ist.
Die Personen, welche geimpft werden dürfen, müssen gesund und mindestens 16 Jahre alt sein. Für die Beurteilung des Gesundheitszustandes müssen die Apothekerinnen und Apotheker in ihrer Aus- und Weiterbildung entsprechend geschult werden. Apothekerinnen und Apotheker, die eine Impfbewilligung erlangen wollen, müssen über eine genügende fachliche Aus- und Weiterbildung, die unter anderem die Beurteilung des Gesundheitszustands bezüglich Impffähigkeit und den Umgang mit Komplikationen zu beinhalten hat, verfügen. Im Weiteren sind gewisse Anforderungen an die Infrastruktur (abgeschlossener Raum), an die Ausrüstung für die Verabreichung von Impfungen, an die Notfallausrüstung, aber auch in Bezug auf Orientierung und Einwilligung der Patientinnen und Patienten sowie administrative Registrierung zu stellen.
12. August 2015