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Session: 18.06.2015
In den vergangenen Wochen wurden in den Medien verschiedene Berichte von Terroristen, welche als Asylanten getarnt in europäische Länder einreisen, publiziert. So z.B. vor wenigen Wochen in Norwegen geschehen. Zehn Personen, welche einer terroristischen Organisation angehören, wollten über ein UNHCR Flüchtlingskontingent einreisen.

Die Problemlage ist nicht neu. Gemäss einem Artikel in der Zeitung „Schweiz am Sonntag“ sieht der Bund eine erhöhte Gefährdung für islamistischen Terror. Konkret: In der vergangenen Woche haben sich in der Deutschschweiz Personen mit IS-Hintergrund (Islamischer Staat) und entsprechendem Gefahrenpotenzial aufgehalten, so weiter die Erläuterungen des Bundes. In den Schlussfolgerungen heisst es, es stellt sich nicht die Frage „ob“, sondern „wann“ auch in der Schweiz etwas passieren könnte.

Spätestens seit dem Fall Norwegen machen sich viele Personen grosse Sorgen, ob wir im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsstrom die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen ebenfalls auf einem ausreichenden Stand haben.

Grosse Teile der Bevölkerung sind heute stark verunsichert. Für uns ist es wichtig, dass die Bevölkerung im Kanton Graubünden von offizieller Seite korrekt informiert wird, denn die Sicherheit der Bündnerinnen und Bündner steht für uns an oberster Stelle.

Aufgrund der aktuellen Ausgangslage stellen sich aus Sicht der SVP Fraktion folgende Fragen:

1. Wie steht es generell um die Sicherheit in und um die Asylunterkünfte? Was für Zwischenfälle (Schwere und Häufigkeit der (Straf-)Taten) gab es im Jahr 2014 mit Asylanten?

2. Wurden bei den Zwischenfällen mit Asylanten Festnahmen gemacht? Wie lange waren diese Täter in Haft? Wurden Täter mehrfach inhaftiert? Wenn ja, wie viel Mal?

3. Wurde die Bevölkerung über sämtliche Zwischenfälle mit Asylanten informiert? Falls nein, weshalb nicht?

4. Haben die erhöhte Gefährdungslage und die oben aufgeführten Beispiele (Norwegen) konkrete Auswirkungen auf das Asylwesen im Kanton Graubünden? Wie beurteilt die Regierung die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden des Bundes, um die notwendigen Informationen zu erhalten?

5. Besteht aus Sicht der Regierung sonstiger Handlungsbedarf im Asylbereich, um die Sicherheit der Bevölkerung weiterhin zu gewährleisten?

Arosa, 18. Juni 2015

Koch (Igis), Brandenburger, Davaz, Hug, Mathis, Nay, Salis, Toutsch, Weber

Antwort der Regierung

1. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die Sicherheit in und um die Kollektivunterkünfte durch das Betreuungspersonal bzw. die Nachtwachen gut gewährleistet wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amts für Migration und Zivilrecht (AFM) sind verantwortlich für die Zutritts- und Anwesenheitskontrolle sowie die Intervention und Alarmierung der Notfallorganisationen bei Konflikten unter den Bewohnern oder anderen ausserordentlichen Vorkommnissen (beispielsweise Sachbeschädigungen). Derzeit kommt es selten zu nennenswerten Zwischenfällen. In einer Kollektivunterkunft ereignen sich im Schnitt pro Jahr zwei bis vier Zwischenfälle mit Intervention Dritter. Geringfügige Zwischenfälle werden durch das Betreuungspersonal geschlichtet.

Gemäss der Bündner Kriminalstatistik 2014 stammten 4% der Beschuldigten von StGB-Straftaten aus dem Asylbereich. Im Betäubungsmittel-Bereich waren es 3%. Über die Anzahl der ausserordentlichen Vorkommnisse in den Zentren wird keine gesonderte Statistik geführt.

2. Strafrechtliche Festnahmen dürfen – unabhängig vom ausländerrechtlichen Status einer Person – nur aufgrund gesetzlicher Haftgründe erfolgen (Art. 217 ff. StPO). Ob solche vorliegen, hängt vom Einzelfall ab und wird vom kantonalen Zwangsmassnahmengericht entschieden (Art. 226 StPO). Das Gleiche gilt für die Haftdauer. Im Jahr 2014 befanden sich fünf Asylsuchende je einmal in Untersuchungshaft. Die Haftdauer betrug im Durchschnitt 60 Tage. Die Untersuchungshaft stand in keinem der Fälle im Zusammenhang mit Zwischenfällen in und um Asylunterkünfte.

3. Die Information der Öffentlichkeit bei strafrechtlich relevantem Verhalten ist – unabhängig vom ausländerrechtlichen Status einer Person – gesetzlich geregelt. Im Strafprozess gilt grundsätzlich die Geheimhaltungspflicht (Art. 73 StPO). Die Staatsanwaltschaft bzw. die Polizei oder allenfalls die Gerichte informieren die Bevölkerung auch betreffend Vorfälle mit Asylsuchenden im Rahmen der Vorgaben von Art. 74 StPO. Die Orientierung erfolgt demnach, wenn sie erforderlich ist, damit die Bevölkerung bei der Aufklärung von Straftaten oder bei der Fahndung nach Verdächtigen mitwirkt (lit. a), zur Warnung oder Beruhigung der Bevölkerung (lit. b), zur Richtigstellung unzutreffender Meldungen oder Gerüchte (lit. c) sowie wegen der besonderen Bedeutung des Straffalles (lit. d). Die Polizei kann ausserdem von sich aus die Öffentlichkeit über Unfälle und Straftaten ohne Nennung von Namen orientieren (Art. 74 Abs. 2 StPO).

4. Nein. Die Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden verläuft konstruktiv. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) gibt die relevanten Informationen eines Asylsuchenden bei der Zuweisung an den Kanton weiter. Betreffend Früherkennung von Sympathisanten des Dschihads sind von Seiten der Kantonspolizei in Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden, insbesondere dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB), die notwendigen Informationsbedürfnisse definiert worden. Die Informationen werden – auch ausserhalb des Asylbereichs – regelmässig ausgetauscht. In bestimmten Einzelfällen leitet auch das AFM Informationen über besondere Feststellungen an die Kantonspolizei weiter und verfügt bei Bedarf allfällige Massnahmen wie Ein- oder Ausgrenzungen oder Meldepflichten.

5. Nach heutiger Beurteilung unternehmen die Behörden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel alles, um die Sicherheit der Bevölkerung bestmöglichst zu gewährleisten. Eine absolute Sicherheit kann aber nie garantiert werden. Die Regierung würde es allerdings begrüssen, wenn der Bund griffigere Mittel für den Umgang mit renitenten oder gewalttätigen Asylsuchenden zur Verfügung stellen würde. Darüber hinaus hat der Bund die Asylverfahren zu beschleunigen und für einen konsequenten Wegweisungsvollzug zu sorgen. Für beides setzen sich die Regierung und die Justizdirektorenkonferenz seit Jahren ein.

02. September 2015