Der TOURISMUS ist der bedeutsamste Wirtschaftszweig für den Kanton Graubünden. Seit Jahren leidet der Tourismus in Graubünden. Die Logiernächte befinden sich im Sinkflug, und die Aussichten sind so schlecht wie kaum je zuvor. „Wir hatten 2008 6.3 Millionen Logiernächte, jetzt sind es weniger als fünf Millionen, Tendenz sinkend“, stellte der Präsident von Graubünden Ferien kürzlich in einem Zeitungsinterview fest.
Man hat den Eindruck, dass das zuständige Amt und Graubünden Ferien - gefangen im Hamsterrad ihrer Handlungsmaxime „mehr vom Gleichen“ - einen nicht unbeträchtlichen Aufwand betreiben, um die unbefriedigende Situation zu erklären. Auch das Departement und die Regierung nehmen eine bloss beobachtende Haltung ein (vgl. Beantwortung der Anfrage Salis im Januar 2016). Gefragt sind aber zielführende Ideen, um aus der Abwärtsspirale zu entkommen.
Natürlich ist die Erwartungshaltung der Gäste vielfältiger geworden und entsprechend schwieriger ist es, Ferienangebote zu entwickeln, die den Geschmack einer relevanten Zielgruppe ansprechen und damit grössere Werbeaufwendungen rechtfertigen. Offensichtlich ist jedoch, dass in unserem Kanton ein Bereich stiefmütterlich behandelt wurde und wird, der ein enormes Potenzial hat. So haben wissenschaftliche Erhebungen ergeben, dass Wandern für beinahe die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer die beliebteste Freizeitaktivität ist. Im für unseren Tourismus so bedeutsamen Nachbarland Deutschland sind sogar mehr als 50% aktive Wanderer. Für eine zunehmend grösser werdende Gruppe von Menschen ist Wandern Ausdruck einer wachsenden Aufmerksamkeit für ein nachhaltiges Leben. Ihr Ziel sind intakte Natur sowie schöne und unverbrauchte Landschaften. Genau dies können wir unseren Gästen bieten. Der Kanton Graubünden ist das Wander-Eldorado par excellence. Wandern ist die Grund- und Ausgangslage für weitere direkt daraus fliessende touristische Aktivitäten. Zufriedene Wanderer kommen zurück zum Skifahren, Langlaufen, Tennisspielen, Radfahren etc. Dies generiert Wertschöpfung für den ganzen Kanton, im Sommer und im Winter.
Graubünden muss sich mit einer gezielten und nachhaltig angelegten Werbekampagne als Wanderparadies national und international positionieren. Hierfür sind die erforderlichen Finanzen bereitzustellen. Fachleute gehen von benötigten finanziellen Mitteln von mehreren Millionen pro Jahr aus. Ziel ist es, das Wandern reflexartig mit dem Kanton Graubünden zu assoziieren.
Um nicht in alte Muster zu verfallen, ist ein Auftrag an eine eigens dafür zu bildende Arbeitsgruppe zu erteilen, welche ein entsprechendes Konzept erarbeitet und die daraus resultierenden Massnahmen begleitet und beaufsichtigt. Diese Arbeitsgruppe ist deshalb ausserhalb und unabhängig vom Amt für Wirtschaft und Tourismus und Graubünden Ferien zu konstituieren.
Die Regierung wird beauftragt, nach Massgabe vorstehender Ausführungen, die Grundlagen zu schaffen und entsprechende Aufträge zu erteilen, damit die Positionierung von Graubünden als Wanderparadies unverzüglich in Angriff genommen wird.
Chur, 17. Februar 2016
Bondolfi, Casanova (Ilanz), Albertin, Alig, Atanes, Baselgia-Brunner, Bleiker, Blumenthal, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Caluori, Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Chur), Crameri, Danuser, Darms-Landolt, Della Vedova, Deplazes, Dosch, Epp, Florin-Caluori, Foffa, Gartmann-Albin, Giacomelli, Heiz, Jaag, Jenny, Joos, Kappeler, Kollegger, Kunfermann, Lamprecht, Locher Benguerel, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Castasegna), Monigatti, Nay, Niederer, Noi-Togni, Papa, Paterlini, Pedrini, Perl, Peyer, Pfenninger, Pult, Rosa, Salis, Sax, Schneider, Schutz, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tenchio, Tomaschett-Berther (Trun), Vetsch (Pragg-Jenaz), Weidmann, Widmer-Spreiter, Wieland, Zanetti, Cahenzli (Trin Mulin), Lombardi, Pfister, Stäbler, Tuor
Antwort der Regierung
Graubünden ist in Bezug auf das Wandern bereits heute gut positioniert, zählt Wandern doch zu den wichtigsten Reisemotiven von Gästen, die Graubünden besuchen. Graubünden verfügt mit rund 11 000 Kilometern über ein sehr ausgedehntes Wanderwegnetz, das hervorragend signalisiert und gut unterhalten ist; für Bau und Unterhalt sind gemäss Strassengesetz die Gemeinden zuständig. Es zählt zu den Kernaufgaben jeder Destinationsmanagement-Organisation und einzelner Anbieter, das Wanderangebot zu bewerben.
Seit 2007 stellt der Kanton einen wesentlichen finanziellen Beitrag für die Kommunikationskampagne «Gian & Giachen» zur Verfügung. Die öffentliche Hand leistet damit zusammen mit touristischen und nicht touristischen Partnern einen Beitrag zur Nachfragesteigerung von Angeboten, Dienstleistungen und Produkten aus Graubünden. Zu den kommunizierten Angeboten gehört bereits bis anhin und auch aktuell das Thema Wandern, wie die Massnahmen von Graubünden Ferien (GRF) für den Sommer 2016 zeigen.
GRF bewirbt verschiedene Wanderangebote und Wandertouren für diverse Gästesegmente (Weitwanderungen und Trekking, Panoramawanderungen, Themenwege, Familienwanderungen, Kulinarik- und Genusswanderungen, alpine Wanderungen, Naturpärke, SAC-Hütten usw.). Auf der Website www.graubuenden.ch finden sich dazu detaillierte Informationen. Zudem wurde auch eine Wander-App entwickelt (Inhalte: ständig wachsende Zahl an Touren auf topografischen Karten im Massstab 1:25 000, auch offline nutzbar; Tourenplaner mit automatischen Routings u.a.m.). Weiter ist der Kanton seit Bestehen von SchweizMobil, dem Schweizer Netzwerk für den Langsamverkehr, aktiver Partner und setzt sich für die Weiterentwicklung verschiedener Langsamverkehr-Arten (Wandern, Biken usw.) ein. Zurzeit werden 66 Bündner Wanderrouten mit einer breiten Vernetzung auf die übrigen Tourismus-Dienstleistungen auf www.schweizmobil.ch beworben. Die Marketingmassnahmen werden vom Kanton im Rahmen des GRF-Leistungsauftrags unterstützt.
Der Kanton unterstützt die Gemeinden hinsichtlich Signalisation und Qualitätssicherung durch das Tiefbauamt als Fachstelle für Langsamverkehr mit Beiträgen an den Wegausbau (seit 1. Januar 2016) und an die Signalisationskosten sowie durch Leistungsvereinbarungen mit SchweizMobil und der BAW Bündner Wanderwege, welche verschiedene Aufgaben in diesem Bereich wahrnehmen, wie die übergeordnete Zustandskontrolle des Weg- und Routennetzes sowie die Nachführung der verschiedenen Inventare.
In den Jahren 2010 bis 2015 hat der Kanton erfolgreich das Projekt graubündenBIKE umgesetzt. Finanziert wurde das Projekt auch von der Stiftung für Innovation, Forschung und Entwicklung Graubünden sowie aus Mitteln der Neuen Regionalpolitik des Bundes (NRP). Nicht zuletzt dank diesem in den Jahren 2010 bis 2015 umgesetzten Projekt graubündenBIKE steht heute Graubünden im wertschöpfungsintensiven Mountainbike-Segment gesamtschweizerisch an erster Stelle.
Um die Wettbewerbsfähigkeit des Kantons Graubünden und damit die Wertschöpfung zu steigern, hat die Regierung im Jahr 2015 ein mehrjähriges Projekt graubündenHIKE lanciert, das in Analogie zu graubündenBIKE verschiedene Elemente des Wandertourismus umfasst und alle relevanten Partner einbindet. Ziel ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Wandertourismus in den Bereichen Wegnetz und Infrastruktur, Transport, Beherbergung und Gaststätten, Guides, Angebot und Services, lokale Wanderkultur, Events sowie Organisation und Vernetzung. Dabei wird auch dem veränderten Gästebedürfnis Beachtung geschenkt. Die einzelnen Massnahmen werden dabei in enger Zusammenarbeit mit den touristischen Leistungsträgern erarbeitet und umgesetzt. Das Projektvolumen beträgt 3,2 Millionen Franken, davon werden vom Kanton 0,6 Millionen und vom Bund (NRP) 0,4 Millionen Franken finanziert. Das Projekt graubündenHIKE wird zudem von einer breit abgestützten Begleitgruppe aus nationalen und kantonalen Fachorganisationen (z.B. Schweizer Alpen-Club SAC, SchweizMobil, Schweizer Wanderwege, BAW Bündner Wanderwege usw.) in strategischen Fragen unterstützt. Damit und mit der Umsetzungsverantwortung der Destinationen und Leistungserbringer scheint für die Regierung der Einbezug externer Kompetenz auszureichen. Sie sieht von der Bildung einer zusätzlichen Arbeitsgruppe ab.
Grundlagen zur zielgerichteten Weiterentwicklung des Wandertourismus liegen somit ausreichend vor. Eine weitere «gezielte und nachhaltig angelegte Werbekampagne» zur Positionierung von Graubünden als Wanderparadies, im Umfang von mehreren Millionen Franken pro Jahr, finanziert aus Mitteln der öffentlichen Hand, beurteilt die Regierung als nicht zielführend und angesichts der beschränkten finanziellen Ressourcen auch nicht als realistisch. Die Regierung verzichtet auf eine Auftragserteilung an eine externe Arbeitsgruppe. Sie will den mit dem Projekt graubündenHIKE gewählten Ansatz mit gleichzeitiger Sicherstellung der Qualität des Angebotes fortführen. Es obliegt den Tourismusorganisationen (inkl. GRF) und weiteren touristischen Leistungsträgern, das Thema Wandern in ihr Portfolio einzubinden und bekannt zu machen.
Die Regierung kommt zum Schluss, dass die wichtigsten im Auftrag formulierten Forderungen bereits in Umsetzung sind. Dieser Umsetzungsprozess wird fortgesetzt. In diesem Sinne beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den Auftrag entgegen zu nehmen.
04. Mai 2016