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Session: 19.10.2016

Die Digitalisierung von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozessen war neulich Gegenstand eines Auftrags von Grossrätin Casanova-Maron (PV AU 5 / 2016). Die Bereitschaft der Regierung ist zu begrüssen, den Auftrag Casanova-Maron „im Sinne ihrer Antwort“ vom 30.8.2016 entgegenzunehmen. Wie die Regierung zutreffend feststellt, stellt die Kommunikationsinfrastruktur ein zentrales Element in der zukünftigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung des Kantons dar. Weiter wird – ebenfalls zu Recht – an der bisherigen Strategie festgehalten, den Ausbau dieser Infrastruktur den diversen privaten und halb-privaten regional und national tätigen Unternehmen zu überlassen, die im Kanton aktiv sind. Unbeantwortet bleibt aber, was seitens der Regierung nun konkret zu unternehmen ist, um das erklärte „Ziel, die Standortattraktivität zu steigern, zusätzliche Wertschöpfungspotenziale zu nutzen und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft zu leisten“ (Antwort der Regierung vom 30.8.2016), etwas konkreter zu unterstützen. Das ist unbefriedigend, wenn man bedenkt, dass in der Zwischenbilanz und dem Ausblick zur Breitbandversorgung im Kanton Graubünden vom 18.1.2012, zum „weiteren Vorgehen“ im wichtigsten und teuersten Bereich der Breitbandvernetzung, im Bereich der Leerrohre, Schächte, etc. oder der sog. passiven Netzinfrastrukturen, Koordinationsbedarf auf Seiten der öffentlichen Institutionen festgestellt worden ist.

 

Der Kanton und die Gemeinden besitzen direkt oder indirekt über Beteiligungen an öffentlich-rechtlichen Unternehmen zahlreiche Schächte, Masten, Verteilkabinen, Trafostationen, Leerrohre, etc. (zusammen werden diese Anlagen als „passive Netzinfrastrukturen“ bezeichnet), die für das Verlegen von hochleistungsfähigen Telekommunikationsnetzinfrastrukturen noch vermehrt benützt werden könnten. Trotz GIS, Koordination von Baubewilligungsverfahren, und zahlreichen vertraglichen Regelungen etc. gibt es zu Handen der am Markt aktiven Telekommunikationsunternehmen kein zentralisiertes und zentral bewirtschaftetes Inventar dieser milliardenschweren Infrastrukturen, die teilweise sogar unbemerkt brach liegen. Das Recht auf Zugang zu diesen Infrastrukturen ist derzeit auf Bundesebene Gegenstand der Revision des Fernmeldegesetzes, wo in Art. 36a E-FMG die Gestattung der Mitbenützung dieser Anlagen durch die Eigentümer (zu angemessenen und nichtdiskriminierenden Preisen) gesetzlich verankert werden soll. Dass hier Regulierungsbedarf besteht, deutet darauf hin, dass hier nicht alles zum Besten steht. Telekommunikationsunternehmen bestätigen zwar, dass die Koordination bei der Neuerstellung solcher Anlagen bei aktuellen Baustellen gut funktioniere. Gleichzeitig verursache die Expansionsplanung eines bestehenden Netzes oder die Planung eines neuen Netzes unter Berücksichtigung bereits bestehender solcher Anlagen aber enorme administrative Aufwände und bedeute nicht selten das Überwinden zahlreicher und teilweise sehr komplexen Verwaltungshürden auf kantonaler und kommunaler Stufe. Jeder komme mit anderen Vertragswerken, anderen kommerziellen Bedingungen und anderen Argumenten, weshalb dies oder jenes gehe oder nicht gehe.

 

Aus den oben erwähnten Gründen beauftragen die Unterzeichnenden die Regierung mit der Erstellung eines kantonalen Inventars der passiven Netzinfrastrukturen, einer zentralen Anlaufstelle für Breitbandnetzbetreiber, der Festlegung allgemeiner Geschäftsbedingungen für die Nutzung der passiven Netzinfrastrukturen und dem Bau eines Planungsprogramms, welches automatisch die effizientesten Wege neuer Telekommunikationsnetzleitungen berechnen kann. Damit können Transaktionskosten gespart und bestehende, direkt oder indirekt der Öffentlichkeit gehörende Infrastrukturen effizienter bewirtschaftet werden.

 

Chur, 19. Oktober 2016

 

Caduff, Casanova-Maron (Domat/Ems), Stiffler (Chur), Albertin, Alig, Berther (Disentis/Mustér), Blumenthal, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Caluori, Casty, Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Chur), Darms-Landolt, Dermont, Dosch, Dudli, Engler (Davos Dorf), Epp, Fasani, Felix (Scuol), Florin-Caluori, Geisseler, Giacomelli, Heiz, Jeker, Kunfermann, Märchy-Caduff, Michael (Donat), Niederer, Pult, Rosa, Sax, Schneider, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Waidacher, Wieland, Zanetti, Berther (Segnas), Bonderer, Degiacomi, Engler (Surava), Natter, Nicolay, Ruckstuhl

Antwort der Regierung

Seit 1. Juni 2016 gilt die kantonale Verordnung über den Leitungskataster (LK). Im LK werden sämtliche unter- und oberirdischen Ver- und Entsorgungsleitungen und zugehörigen Anlagen (Wasser/Abwasser, Elektrizität, Fernwärme, Gas, Kommunikation etc.) im Gebiet des Kantons gemäss der Norm SIA 405 erfasst, welche Grundlage für die Erstellung eines medienübergreifenden LK aus den Werkinformationen bilden. Der LK beruht auf den Daten der verschiedenen Werkeigentümer (Werkinformationen). Damit die Werkeigentümer ihre bewährten Lösungen zur Haltung der Werkinformationen behalten können, ist der LK als Zusammenzug der Daten auf Basis eines grössten gemeinsamen Teilers mit einheitlichem Standard (SIA 405) ausgestaltet. Erfasst vom LK sind die Lage der Trasses bzw. Leitungen, deren Eigentümer und das transportierte Medium. Nicht Bestandteil sind Leitungen in Bahntrasses und geschlossene Leitungssysteme auf einem bestimmten Areal.

Auch keine Auskunft gibt der LK über das Vorliegen von Leerrohren, über die Kapazität und Belegung von Rohren sowie über die Kapazität und Belegung der eingezogenen Leitungen bzw. Kabel. Informationen über Leerrohrkapazitäten sowie über freie Kapazitäten der Rohre und Leitungen können aber nicht für die Aufnahme in den LK vorgeschrieben werden, da nicht bekannt ist, ob solche Informationen überhaupt vorliegen. Was überdies die Kapazität/Belegung von Leitungen angeht, so handelt es sich um eine betriebliche Information des Leitungseigentümers, und es ist nicht bekannt, ob diese mit dem Werkinformations-System verknüpft ist, was Voraussetzung für die Aufnahme in den LK wäre.

Leerrohre könnten zwar rein technisch als Mehranforderung im Rahmen der SIA 405 aufgenommen werden. Dies brächte aber keinen Nutzen. Denn wie erwähnt wäre die Kapazität der Leerrohre nicht bekannt. Zudem haben nicht nur Leerrohre freie Kapazitäten, sondern auch bereits teilweise belegte Rohre sowie auch die verlegten Leitungen. Das bedeutet, dass nur mit der Information, ob ein Leerrohr vorhanden ist, ein sehr lückenhaftes Bild entstehen würde und somit sehr wenig angefangen werden könnte.

Mit dem LK wird im Jahr 2025 (bis dahin haben die Werkeigentümer Frist, ihre Informationen zu übermitteln) eine gute Übersicht vorliegen, die zwar mit grossem, aber noch verhältnismässigem Aufwand für die Werkeigentümer (die den LK in der jetzigen Form akzeptieren, was eine wichtige Voraussetzung ist) erstellt und gepflegt werden kann.

Der Aufbau inkl. Pflege eines darüber hinausgehenden Inventars wäre nicht nur aufgrund des enormen Aufwands und der möglichen Ablehnung durch die Werkeigentümer nicht sinnvoll und zweckmässig (allenfalls wegen der Langwierigkeit eines solchen Projekts angesichts des rasanten Breitbandausbaus allenfalls sogar obsolet), sondern auch weil die weiter interessierenden Informationen (Kapazitäten/Belegungen der Rohre und Leitungen) am Ende gar nicht vorliegen würden, so dass kein Nutzen generiert würde.

Damit wäre ein weiterer Ausbau des LK vor allem wegen des Verhältnismässigkeitsprinzips auch rechtlich fragwürdig. Hinzu kommt, dass es einem Interessenten für ein konkretes Breitbandausbau-Projekt in einem bestimmten Gebiet des Kantons zugemutet werden kann, die begrenzte Anzahl an Werken anzugehen und die spezifischen Informationen abzuholen. Die Fachleute der Anbietenden von hochbreitbandigen Infrastrukturen und Dienstleistungen benötigen ohnehin massgeschneiderte Informationen von Privaten und Behörden. Sie wissen entsprechend, zumal ein massiver Ausbau bereits stattfand und -findet, wie und wo sie diese abholen müssen. Auf die Werkinformationen kann nie verzichtet werden, da der LK (oder ein weiteres Inventar) diese keinesfalls ersetzt.

Des Weiteren müssten die Werkeigentümer wegen der Frage der Mitbenutzung von Rohren/Leitungen ohnehin involviert werden, denn diese ist mindestens so wichtig wie diejenige der Lage der Leitungen. Die heute gemäss Fernmeldegesetz gültige Zugangsregelung verpflichtet ausschliesslich marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten, Zugang zu ihren Kabelkanalisationen gegen angemessenes Entgelt zu gewähren. Es gibt keine Pflicht für andere Unternehmen mit Infrastrukturen, welche zum Aufbau von Kommunikationsnetzen geeignet sind, eine Mitbenutzung anzubieten, sofern freie Kapazitäten vorhanden sind. Der Kanton bietet aber seine passiven Infrastrukturen soweit möglich gegen Entgelt zur Mitbenutzung an, ebenso wie die RhB. Auch Elektrizitätswerke stellen oft aus wirtschaftlichen Überlegungen ihre passiven Infrastrukturen gegen Entgelt zur Verfügung. Zu trennen von den passiven Infrastrukturen sind die Breitbandnetze der RhB oder der Behörden von Kanton/Bund, welche aus Sicherheitsgründen oder aufgrund gesetzlicher Auflagen nicht zur Verfügung gestellt werden können.

Im Lichte dieser Ausführungen liegt auch auf der Hand, dass eine zentrale Anlaufstelle beim Kanton den hochspezialisierten Marktteilnehmenden keine sachgerechte Unterstützung bieten könnte. Die Fachleute im Markt wissen, wie sie für den Ausbau der Infrastrukturen vorzugehen haben, und können gezielt ihre benötigten Informationen, auch in der Verwaltung, abholen. Es sind weder ein Bedarf noch ein Nutzen, welcher eine solche Stelle erzielen könnte, ersichtlich. Der Kanton ist im Übrigen weiterhin gerne bereit, bei Anfragen seine Unterstützung anzubieten.

Die Festlegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Mitbenutzung ist rechtlich nicht möglich, da wie angetönt der Bund dies regelt. Was das Planungsprogramm angeht, so bestimmen die Unternehmen selbst anhand ihrer Bedürfnisse und Ausbaupläne sowie der Topografie, der Geografie und der bestehenden Infrastrukturen die Wege für ihre Leitungen. Es obliegt den Marktteilnehmern, bei Bedarf allfällige massgeschneiderte Programme zu bauen.

Zum Schluss ist festzuhalten, dass die kantonale Verwaltung zum Thema Breitbandversorgung in Graubünden bereits in der Bearbeitung zweier grossrätlicher Aufträge ist (Aufträge Casanova-Maron betreffend Digitalisierung und Stiffler betreffend WLAN). Daraus werden auch Erkenntnisse erhofft, inwiefern Bedarf für zusätzliche Anstrengungen in der Versorgung der Wirtschaft und der Bevölkerung mit Breitband besteht und welche Massnahmen ergriffen werden können.

Die Regierung beantragt die Ablehnung des Auftrags.

11. Januar 2017