Gemäss GATT/WTO-Bestimmungen über das öffentliche Beschaffungswesen sind Bauaufträge über einem Schwellenwert von rund neun Millionen Franken offen auszuschreiben. Angebote von in- und ausländischen Anbietern sind möglich. Die Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung der Anbieter ist eine grundlegende Maxime. Unterhalb des erwähnten Schwellenwertes gelten die Bestimmungen des Submissionsgesetzes (SubG) des Kantons Graubünden. Bei Verfahren nach SubG werden ausländische Anbieter richtigerweise nicht berücksichtigt, weil in den betroffenen Nachbarstaaten das Gegenrecht bezüglich Verfahrensablauf und Rechtsschutz fehlt.
Es rechtfertigt sich, diese Praxis auch auf die regional vorhandenen, mineralischen Baustoffe und auf Rückbaumaterialien anzuwenden. In letzter Zeit ist im grenznahen Raum, insbesondere im Engadin und den Südtälern zu beobachten, dass vereinzelt auch für öffentliche Aufträge natürliche Baustoffe wie Kies, Sand oder Beton aus dem Ausland importiert werden. Im Gegenzug wird wiederverwertbares Rückbaumaterial ins Ausland exportiert. Dieser Umstand ist in zweierlei Hinsicht problematisch.
1. Materialabbaugebiete müssen raum-, richt- und zonenplanerisch festgelegt sein. Der Abbau von mineralischen Rohstoffen wie Kies und Sand erfordert umfassende Konzessionen und Bewilligungen. Der zeitliche und finanzielle Aufwand zur Erschliessung eines Abbaugebietes ist gross und in der Regel besteht die Pflicht, die Abbaugebiete nach deren Nutzung wieder zu renaturieren. Nimmt der geschilderte Import von mineralischen Baustoffen und der Export von Rückbaumaterial weiter zu, wird der gemäss Abfallplanung zu schliessende Stoffkreislauf durchbrochen. Mit durchbrochenem Stoffkreislauf wird die Renaturierung der Abbaugebiete erschwert. Der Import und Export widerspricht auch dem Grundsatz von vermehrter Verwendung von Sekundärbaustoffen, Aushubmaterial und Rückbaumaterial gemäss Aktionsplan Grüne Wirtschaft des Bundesrates vom 8. März 2013. Weiter sind die bestehenden Infrastrukturen zur Materialgewinnung und Wiederaufbereitung sowie deren Betrieb in ihrem Fortbestand gefährdet.
2. Der Kanton Graubünden ist auf Grund seiner Topografie stark gekammert und die einzelnen Talschaften sind oft nur über Pässe miteinander verbunden. Es liegt im Interesse der Versorgungsautonomie und der Handlungsfähigkeit der Regionen, beispielsweise bei Unwetter-Grossereignissen, dass in den einzelnen Talschaften rasch verfügbare Ressourcen an mineralischen Baustoffen vorhanden sind. Dies bedingt aber die Aufrechterhaltung einer minimalen Infrastruktur in den betroffenen Regionen.
Die Unterzeichnenden fordern von der Regierung, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Interessen des Kantons, der Regionen und der Gemeinden zur langfristigen Versorgungssicherheit mit regional verfügbaren, mineralischen Baustoffen konsequent wahrgenommen werden. Mit der gesetzgeberischen Festlegung der Verfahren für die Gewinnung und Wiederverwertung dieser Stoffe greift der Staat derart stark in den Markt ein, dass auch die Vorgabe zu deren Verwendung legitim ist.
Chur, 19. April 2017
Felix (Haldenstein), Della Vedova, Felix (Scuol), Alig, Bleiker, Blumenthal, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Casty, Danuser, Deplazes, Dosch, Foffa, Geisseler, Giacomelli, Grass, Hardegger, Hartmann (Champfèr), Heinz, Jeker, Jenny, Koch (Tamins), Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Lamprecht, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Müller, Nay, Niederer, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Paterlini, Pedrini, Salis, Schutz, Stiffler (Davos Platz), Toutsch, Valär, Weber, Widmer-Spreiter, Berther (Segnas), Erhard, Gugelmann, Hartmann-Conrad (Schiers), Heini, Lombardi, Natter, Spreiter