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Session: 19.04.2017

In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie (BFE) wollen die Stromkonzerne und die Eigner der Wasserkraftwerke die Wasserzinsen der Bergkantone massiv kürzen. Das Vorhaben steht unter dem Titel „Flexibilisierung der Wasserzinsen“. In Wirklichkeit aber geht es darum, die milliardenschweren Verluste als Folge von strategischen Fehlentscheiden abzufedern. Im Ergebnis ist es nichts anders als ein ungerechtfertigter und unfairer Angriff auf die Finanzen der Bergkantone und -gemeinden. Die finanziellen Folgen für den Kanton Graubünden wären fatal und die Ausfälle würden aufgrund der aktuell vorliegenden Zahlen bis zu 75 Millionen Franken betragen. Im Mai soll die vom BFE ausgearbeitete Gesetzesvorlage zur Senkung der Wasserzinsen in die Vernehmlassung gehen.

Für eine Senkung der Wasserzinsen gibt es jedoch aus folgenden Gründen keine Veranlassung:

1. Speicherzuschlag wurde mehrfach verhindert
Eine vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission kam schon 2008 in einem 94-seitigen Bericht zum Schluss, der ganz besondere Wert der Speicherseen als saisonale Batterie sei zusätzlich zum Wasserzins abzugelten. Gleichwohl verhinderten die Stromkonzerne durch geschicktes Lobbying sowohl 1996 als auch 2009 den empfohlenen Speicherzuschlag, im Jahre 1996 sogar nur mit Stichentscheid des Nationalratspräsidenten. Mit dem fortschreitenden Aufkommen der neuen erneuerbaren Energien hat die Bedeutung der Reservehaltung in unseren Gebirgsspeichern indes noch erheblich zugenommen.

2. Gewinne privatisiert, Verluste sozialisiert
Bis 2013 erzielten die Stromkonzerne mit dem Strom aus der Wasserkraft jahrelang Gewinne in Milliardenhöhe. Gleichwohl liessen sie die Wasserschlosskantone aufgrund zu tiefer Wasserzinsen zu wenig davon profitieren. Die Gewinne wurden grösstenteils den Eignern im Unterland ausgeschüttet, die Verluste sollen nun aber alle Beteiligten tragen.

3. Steuern wanderten ins Mittelland
Paradoxerweise werden bis heute die Wasserkraft-Gewinne mehrheitlich nicht in den Bergkantonen versteuert, wo der Strom produziert wurde, sondern in den Kantonen und Städten des Mittellandes, wo die Stromkonzerne ihren Sitz haben. Unter dem Begriff Partnerwerkbesteuerung kämpfen die Bergkantone schon seit Jahrzehnten vergeblich für eine befriedigende Lösung.

4. Erträge aus Erbringung von Systemdienstleistungen sind unberücksichtigt
Zur Netzstabilität erbringen die Wasserkraftwerke wertvolle Systemdienstleistungen, die von der Swissgrid auch entsprechend entschädigt werden. Von diesen Zusatzeinnahmen profitieren die Wassergeber in keiner Weise.

5. Solidarität nach der Atomausstiegsinitiative
Graubünden sagte Nein zur Atomausstiegsinitiative und solidarisierte sich damit mit den Mittellandkantonen und den grossen Stromkonzernen. Unser Kanton darf deshalb in der Diskussion um die Wasserzinsen die gleiche Solidarität erwarten. Dies wurde im Abstimmungskampf von der Regierung auch immer wieder als Argument zur Ablehnung der Initiative ins Feld geführt.

Aus diesen Gründen wird die Regierung beauftragt, sich nach Kräften und allenfalls unter Inanspruchnahme von Studien, Gutachten etc. dafür einzusetzen, dass die Wasserzinsen mindestens auf heutigem Niveau gehalten werden. Dabei sollen zusammen mit den Konzessionsgemeinden, denen in Graubünden die Wasserhoheit zukommt, auch neue Strategien und Allianzen geprüft werden.

Chur, 19. April 2017

Kollegger, Caduff, Kasper, Alig, Atanes, Baselgia-Brunner, Berther (Disentis/Mustér), Bleiker, Brandenburger, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Cahenzli-Philipp, Casanova (Ilanz), Casty, Caviezel (Chur), Caviezel (Davos Clavadel), Clalüna, Crameri, Danuser, Darms-Landolt, Davaz, Della Vedova, Deplazes, Dosch, Epp, Fasani, Felix (Haldenstein), Felix (Scuol), Gartmann-Albin, Grass, Hardegger, Heinz, Hug, Jaag, Jeker, Koch (Tamins), Koch (Igis), Komminoth-Elmer, Lamprecht, Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Mathis, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Monigatti, Müller, Nay, Niederer, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Pedrini, Perl, Peyer, Pult, Salis, Sax, Schutz, Stiffler (Davos Platz), Thomann-Frank, Thöny, Toutsch, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Waidacher, Weber, Widmer-Spreiter, Wieland, Cantieni, Costa, Gugelmann

Antwort der Regierung

Die Regierung hat die Stärkung der Wasserkraft sowie die Sicherung des Wasserzinses als klare strategische Absichten definiert (Bericht über das Regierungsprogramm 2017–2020, Heft Nr. 12/2015 – 2016, 795 ff., 827 f., 852). Für den Wasserzins ab 2020 setzt sie sich entschlossen für die Fortführung des Status quo oder für ein Modell mit einem Sockel bei den heutigen 110 Franken pro Kilowatt Bruttoleistung und einer Flexibilisierung nach oben ein. Sie wehrt sich entschieden dagegen, dass im Interesse einer besseren Gewährleistung der schweizerischen Stromversorgung die heutigen Herausforderungen der Wasserkraft über die per 2020 neu zu definierende Wasserzinsregelung einseitig zum Nachteil der Wasserschlosskantone und im Gegenzug einseitig zum Vorteil der Elektrizitätsbranche angegangen werden.

Die Wasserkraft spielt in der Energiestrategie 2050 des Bundes, welche am 21. Mai 2017 vom Stimmvolk angenommen wurde, eine Schlüsselrolle. Die Bedeutung dieser erneuerbaren Energiequelle muss auch auf Bundesebene noch deutlicher anerkannt werden. Der Wasserzins muss ein faires Rohstoffentgelt bleiben und es gilt zu berücksichtigen, dass die Wasserkraftnutzungen auf langjährigen Partnerschaftsverhältnissen beruhen. Das Halten des Wasserzinses auf mindestens dem aktuellen Niveau trägt auch dem Umstand Rechnung, dass bei den grossen Wasserkraftgesellschaften in Graubünden die Wasserzinsen in den letzten gut 20 Jahren durch tiefere Steuern teilweise überkompensiert worden sind und dass massgebliche Teile der Stromproduktion aus Wasserkraft über den Gestehungskosten entweder im gebundenen Markt (Monopolbereich) mit regulierter Rendite oder im freien Markt teils auch mit Gewinn abgesetzt werden können. Die strompolitischen und elektrizitätswirtschaftlichen Herausforderungen der Wasserkraft sind nicht einheitlich; sie sind ausserdem ungleichmässig auf die Produktionsstätten, Elektrizitätsunternehmen und Interessengruppen verteilt.

In diesem Sinne hat sich die Regierung bereits bisher zusammen mit den Regierungen der sechs anderen Gebirgskantone sowie mit jenen der Kantone Aargau und Bern deutlich gegen eine Reduktion des Wasserzinsmaximums und für eine Beurteilung der Wasserzinsregelung im Kontext des gesamten Strommarktdesigns ausgesprochen (vgl. auch GRP 2016/2017, 811). Die Kooperation mit der Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) bietet die Möglichkeit, die dafür erforderlichen Grundlagen zu erarbeiten und sich beim Bund für die berechtigten Anliegen der betroffenen Kantone und Gemeinden Gehör zu verschaffen. Die Festlegung des Wasserzinsmaximums erfolgt aber letztlich im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens durch das Bundesparlament, weshalb weitere Allianzen mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft unbedingt erforderlich sind.

Dem Bündner System der hälftigen Aufteilung beim Wasserzins liegt eine enge Partnerschaft zwischen Konzessionsgemeinden und Kanton zu Grunde. Die Regierung legt grossen Wert darauf, die Konzessionsgemeinden als Trägerinnen der Gewässerhoheit bei sämtlichen Bemühungen des Kantons und der übrigen Gebirgskantone gegen eine Reduktion des Wasserzinsmaximums miteinzubeziehen. Aufgrund gemeinsam zu definierender Positionen gilt es, die Kräfte zu bündeln. So fand bereits im Vorfeld zur Volksabstimmung vom 21. Mai 2017 zur Energiestrategie 2050 an einem Runden Tisch ein wertvoller Austausch zwischen Bündner Vertretern aus Politik und Wirtschaft statt. Dabei wurde vereinbart, dass bei der Stellungnahme zu dem im Sommer zu erwartenden Vernehmlassungsentwurf des Bundesrats zur Wasserzinsregelung eine Koordination zwischen dem Kanton und den Konzessionsgemeinden angestrebt werden soll.

Die Regierung wird sich folglich weiterhin mit Nachdruck im Rahmen der beschriebenen Kooperationen und Allianzen dafür einsetzen, dass die Wasserzinsen mindestens auf dem heutigen Niveau gehalten werden. In diesem Sinne ist sie bereit, den Auftrag entgegenzunehmen.

22. Juni 2017