Navigation

Inhaltsbereich

Session: 06.12.2017

In der Landwirtschaft des Kantons Graubünden sind Tiertransporte von zentraler Bedeutung. Tiere werden auf und von der Alp verstellt, zum Maiensäss gefahren, an Ausstellungen sowie an Märkte transportiert und noch vieles mehr. Die Tiertransporte werden von Tierbesitzern selber, durch den Nachbar als Nachbarschaftshilfe, durch andere Landwirte oder von einem gewerblichen Tiertransporteur durchgeführt. Die Palette der Transportfahrzeuge reicht von Traktoren mit Viehwagen über Autoanhänger bis zu Lastwagen. Vielfach sind die Tiertransporte Gemeinschaftsfahrten von eigenen und fremden Tieren. Die Gemeinschaftsfahrten sowie auch die Wahl des Transportmittels sind hauptsächlich aufgrund der vielfältigen Struktur im Gebirgskanton Graubünden mit den abgelegenen Tälern, Dörfern, Maiensässen und Alpen begründet.

Gemäss bundesrätlicher Tierschutzverordnung (TSchV) Art. 2 und 150 ist es den Landwirten untersagt, ohne eine zusätzliche Aus- und Fortbildung fremde Tiere zu transportieren. Der massgebende Art. 150 ist seit September 2013 in Kraft und wird nach einer Übergangsfrist umgesetzt. Details dazu sind in den «Allgemeine Tiertransportvorschriften für Huf- und Klauentiere sowie Geflügel» der Vereinigung der Schweizer Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte aufgeführt. Die Zusammenstellung der gesetzlichen Grundlagen mit Erläuterungen dient den im Zusammenhang mit dem Tiertransport involvierten Personen zur Information und den mit dem Vollzug beauftragten Organen der Polizei und des Veterinärdienstes als Vollzugshilfe. Für die Bündner Landwirtschaft sind die vorgesehenen Massnahmen von wirtschaftlich einschneidender Bedeutung!

Eine Legitimation von Tiertransporten über den Tierschutz durch die Unterscheidung in Eigentum und Nichteigentum ist nicht nachvollziehbar. Diese Legitimation ist von der Befähigung und nicht von der Eigentumsfrage abhängig. Der praktizierende Landwirt ist dank seiner Kernkompetenz und Erfahrung fähig, eigene und fremde Tiere zu transportieren.

Im Wissen, dass die Tiertransportvorschriften im Grundsatz über nationales Recht geregelt werden, beauftragen wir die Regierung:

1. Die Bildungsinhalte an der Landwirtschaftlichen Schule Plantahof so anzupassen, dass sie für den gewerblichen Tiertransport ausreichend sind. Die Abgänger der landwirtschaftlichen Grundbildung sind danach befugt, eigene und fremde Tiere ohne weitere Aus-, Fort- und Wiederholungskurse transportieren zu dürfen.

2. Den praktizierenden Landwirten ist aufgrund der Kompetenz und Erfahrung das Recht zu erteilen, ohne Aus-, Fort- und Wiederholungskurse eigene und fremde Tiere in unserem Kanton zu transportieren.

3. Den Auftrag unter Nutzung des vorhandenen rechtlichen Spielraums in eigener Kompetenz umzusetzen.

Chur, 6. Dezember 2017

Michael (Donat), Niggli (Samedan), Darms-Landolt, Albertin, Alig, Berther (Disentis/Mustér), Bleiker, Bondolfi, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Caduff, Caluori, Casty, Casutt-Derungs, Clalüna, Danuser, Della Vedova, Deplazes, Dosch, Epp, Fasani, Felix (Scuol), Geisseler, Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hardegger, Heinz, Hitz-Rusch, Jeker, Koch (Tamins), Komminoth-Elmer, Kunfermann, Lamprecht, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Mathis, Müller, Niederer, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Salis, Sax, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Toutsch, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), von Ballmoos, Widmer-Spreiter, Berther (Segnas), Engler (Surava), Pfister

Antwort der Regierung

Gemäss Art. 15 Abs. 2 des Tierschutzgesetzes (TschG, SR 455) und Art. 150 der Tierschutzverordnung (TSchV, SR 455.1) muss, wer gewerbsmässig Tiere transportiert und sich somit gleich wie ein Transportunternehmen verhält, über eine spezielle Ausbildung verfügen. Damit bildet, sofern nicht nur die eigenen Tiere mitgeführt werden, die Gewerbsmässigkeit die entscheidende Voraussetzung bezüglich der Ausbildungspflicht. Gewerbsmässigkeit liegt nach Art. 2 TSchV vor, wenn für den Transport eine Entschädigung oder Gegenleistung in Geld oder natura (z.B. zur Deckung der Unkosten) erfolgt oder beabsichtigt ist und Transporte mit einer gewissen Regelmässigkeit erfolgen.
Nach Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Zulassung als Strassentransportunternehmen (STUG, SR 744.10) bedarf, wer die Tätigkeit als Strassentransportunternehmen im Güterverkehr ausüben will, einer Zulassungsbewilligung (Lizenz). Nicht lizenzpflichtig sind Transporte mit Fahrzeugkombinationen, deren Gesamtgewicht nach Fahrzeugausweis max. 3,5 Tonnen beträgt. Wer eine Lizenz möchte, muss zuverlässig, finanziell leistungsfähig und fachlich geeignet (Fachausweis) sein (Art. 4 ff. STUG). In Berücksichtigung des Landverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und der EU (LVA) besteht keine Lizenzpflicht für Transporte mit Traktoren mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von max. 40 km/h (gemäss Fahrzeugausweis, Traktor entsprechend gekennzeichnet) und für Transporte im Werkverkehr. Werkverkehr liegt aber nur vor, wenn die eigenen Tiere transportiert werden. Anlässlich einer Kontrolle muss der Transporteur den Werkverkehr durch Begleitdokumente nachweisen können.
- Werden also Fahrzeugzüge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen oder Traktoren mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von über 40 km/h verwendet, so dürfen gemäss der Definition „Werkverkehr“ nur eigene Tiere transportiert werden, ansonsten eine Lizenz gemäss STUG benötigt wird.
- Werden Fahrzeugzüge mit max. 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht oder Traktoren beschränkt auf max. 40 km/h verwendet, so bedarf nur einer Ausbildung, wer fremde Tiere gewerbsmässig, d.h. gegen Entschädigung und mit einer gewissen Regelmässigkeit, transportiert. Insofern sind hier der Transport eigener Tiere sowie der gelegentliche Transport von fremden Tieren (z.B. im Sinne einer Gefälligkeit für den Nachbarn) ohne Ausbildung unproblematisch und erlaubt.

Es ist seitens des Kantons nicht möglich, im Rahmen der Grundausbildung zum Landwirt alle Fachinhalte anzubieten, welche die Anforderungen sowohl an die Lizenz gemäss STUG als auch an die Ausbildung gemäss TSchG erfüllen. Einerseits hat der Plantahof nicht freie Hand betreffend Bildungsinhalte. Das ist Sache der OdA AgriAliForm (Organisation der Arbeitswelt mit zehn Mitgliedorganisationen aus dem Berufsfeld Land- und Pferdewirtschaft) in Zusammenarbeit mit Bund und Kantonen. Die Inhalte der landwirtschaftlichen Grundbildung sind in einem Bildungsplan abschliessend erfasst und in einem gesamtschweizerisch verbindlichen Lehrplan pro Lehrjahr strukturiert aufgebaut. Der Wahlfachbereich ist nur bezüglich des Umfangs, nicht bezüglich des Inhalts, definiert. Es müsste jedoch von der OdA entschieden werden, dass eine Fachbewilligung im Rahmen des Wahlfachunterrichts abgedeckt wird. Andrerseits ist der Bedarf der Landwirte in Bezug auf Transporte sehr unterschiedlich, je nach Region sowie Fahrzeugkategorie oder Art des Transports. Für die grosse Mehrheit der Tiertransporte, welche ein Landwirt mit eigenem Betrieb durchführt, bedarf es keiner speziellen Befähigung. Landwirte, welche weitergehende Transporte durchführen wollen, für welche spezielle Anforderungen gemäss STUG oder TSchG bestehen, sollen sich ausserhalb der Grundbildung entsprechend weiterbilden. Damit wird auch sichergestellt, dass Landwirte und andere gewerbliche Transporteure gleich behandelt werden.

Der Kanton hat sich an das übergeordnete Bundesrecht zu halten und muss sich im Rahmen der vorstehend aufgezeigten Bestimmungen bewegen. Er kann in eigener Kompetenz keine davon abweichenden Regelungen aufstellen oder umsetzen bzw. keine entsprechenden „Rechte“ erteilen.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

01. März 2018