Navigation

Inhaltsbereich

Session: 24.10.2018

In den letzten Jahren ist es oft vorgekommen, dass Regierungsmitglieder nach Beendigung ihrer Regierungstätigkeit ein Verwaltungsratsmandat annahmen. In der Bevölkerung stösst solches Gebaren auf Unverständnis. Das trifft vor allem dann zu, wenn die Unternehmung während der Regierungszeit des alt Regierungsmitglieds Aufträge des Kantons erhielt oder auf andere Art und Weise in grosser Abhängigkeit zum Kanton steht. Das schadet dem Ansehen der Bündner Institutionen und weckt unweigerlich den Verdacht auf „Filz“ oder Vetternwirtschaft. Das schadet auch (ungerechtfertigterweise) dem Ansehen der amtierenden Regierung.

Mitglieder der Regierung unterstehen der Geheimhaltung. Bringen ehemalige Regierungsmitglieder ihr Vorwissen als Verwaltungsratsmitglieder in private Unternehmen ein, entstehen unweigerlich Interessenskonflikte. Unter anderem um diese Interessenkonflikte zu verhindern, erhalten Regierungsmitglieder ein Ruhegehalt. Ziel dieses Ruhegehaltes ist es also, die Unabhängigkeit der Regierungsmitglieder sicherzustellen. Die Vergangenheit zeigte, dass Freiwilligkeit an diesem Punkt nicht weiterhilft.

Die Unterzeichnenden beauftragen deshalb die Regierung:

Die gesetzliche Grundlage für eine Karenzfrist zur Annahme von Verwaltungsratsmandaten in Unternehmen zu schaffen, die Aufträge des Kantons erhalten oder auf andere Art und Weise in grosser Abhängigkeit zum Kanton stehen. Unternehmen, die vor Aufnahme der Regierungstätigkeit in eigenem Besitz standen, sind von der Karenzfrist auszunehmen. Die gesetzliche Grundlage kann weitere sinnvolle Ausnahmeregelungen vorsehen.

Chur, 24. Oktober 2018

Horrer, Stocker, Schneider, Atanes, Baselgia-Brunner, Brandenburger, Cahenzli-Philipp, Degiacomi, Della Cà, Deplazes (Chur), Dürler, Favre Accola, Gasser, Gort, Hofmann, Hohl, Kappeler, Locher Benguerel, Mittner, Müller (Felsberg), Noi-Togni, Perl, Preisig, Rettich, Rutishauser, Schwärzel, Tanner, Thöny, von Ballmoos, Widmer (Felsberg), Wilhelm, Zanetti (Sent), Spadarotto

Antwort der Regierung

Ehemalige Mitglieder der Regierung sind in der Vergangenheit regelmässig weiterhin erwerbstätig geblieben und haben mitunter auch in Verwaltungsräten Einsitz genommen. Mit einer gesetzlichen Karenzfrist würde es ausscheidenden Regierungsmitgliedern faktisch verunmöglicht, eine angemessene neue Tätigkeit aufzunehmen. Der damit verbundene Eingriff in das Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit wäre erheblich. Insbesondere würde das verfassungsmässige Recht auf freie Wahl des Berufes und freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit eingeschränkt.

Es gehört nach Auffassung der Regierung zur Tradition (auch beim Bund und anderen Kantonen), dass sich Mitglieder der Regierung nach ihrem Rücktritt zu Gunsten von Gesellschaft und Wirtschaft einbringen, insbesondere, wenn sie jung aus dem Amt scheiden. Dies ist nicht zuletzt auch Ausdruck unseres Milizsystems, wonach Vollämter, wie jenes einer Regierungsrätin oder eines Regierungsrats, berechtigterweise nur auf beschränkte Zeit ausgeübt werden können. Aufgrund ihrer Erfahrung und Vernetzung bringen ehemalige Mitglieder der Regierung für die Privatwirtschaft, aber auch für die Mitarbeit in gemeinnützigen Organisationen die nötigen Voraussetzungen mit. Letztere können dabei auch in der Rechtsform der Aktiengesellschaft ausgestaltet sein und verfügen demzufolge über einen Verwaltungsrat.

Die Regierungsmitglieder sind in amtlichen Angelegenheiten zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit an der Geheimhaltung ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse gemäss Öffentlichkeitsgesetz besteht oder wenn eine besondere gesetzliche Bestimmung dies vorsieht. Das Amtsgeheimnis ist auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt zu wahren (Art. 5 Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes, BR 170.300). Damit können Interessenskonflikte verhindert werden.

Eine Karenzfrist hätte darüber hinaus negative Auswirkungen auf den Kantonshaushalt. Im Gesetz über die Gehälter und die berufliche Vorsorge der Mitglieder der Regierung (BR 170.380) wird die Höhe des Ruhegehalts festgelegt. Ein Erwerbseinkommen ist ausdrücklich vorgesehen und führt ab einer bestimmten Höhe zu einer Kürzung des Ruhegehalts. Eine Karenzfrist würde es den ausscheidenden Regierungsmitgliedern erschweren bis verunmöglichen, ein Erwerbseinkommen zu erzielen, zumal Anfragen für die Übernahme von Ämtern oder Mandaten erfahrungsgemäss vor allem im Zeitpunkt des Rücktritts eintreffen. Damit würden die vollen Ruhegehälter fällig. Ziel sollte weiterhin sein, dass jüngere ausscheidende Regierungsmitglieder erwerbstätig bleiben und damit nicht auf den Bezug des vollen Ruhegehaltes angewiesen sind. Damit kann auch eine erwünschte finanzielle Entlastung des Kantons erreicht werden.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

13. Dezember 2018