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Session: 04.12.2018

Im Jahr 2003 hat die Regierung das Gesetz über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden in Kraft gesetzt. Seither sind in allen Regionen des Kantons sukzessiv 43 Angebote entstanden, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den einzelnen Regionen massgeblich verbessert haben. Die Unterzeichnenden gehen davon aus, dass die Bedeutung der familienergänzenden Kinderbetreuung in Zukunft noch markant zunehmen wird. Angesichts der bereits heute spürbaren Auswirkungen der geburtenschwachen Jahrgänge wird es zunehmend schwieriger, genügend Arbeitskräfte rekrutieren zu können und zwar in allen Branchen. Es gibt Städte in der Schweiz, in denen sich sogar die Arbeitgeber finanziell an den Kosten der familienergänzenden Kinderbetreuung beteiligen, um einerseits Personal rekrutieren zu können und andererseits einen Standortvorteil vorweisen zu können. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Umfeld eines Firmenstandortes bei der Ansiedlung von Firmen von erheblicher Bedeutung ist. Fehlt in einer Region ein Grundangebot, wie z.B. Schulen, ambulante und stationäre Angebote der Gesundheitsversorgung, Kultur oder eben Angebote, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, so ist eine wirtschaftliche Stagnation absehbar. Die langfristige Folge ist eine Entvölkerung des Kantons.

Die Stossrichtung des heutigen Systems stimmt. Es werden aber aus Sicht der Leistungserbringer verschiedene Mängel ausgemacht. Das grösste Problem sind die unterschiedlichen Tarife. Diese sind gemäss Art. 7 des Gesetzes nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten abzustufen. Dieser Umstand führt dazu, dass in Gebieten mit gut verdienenden Menschen häufig der Höchsttarif zur Anwendung gelangt, wogegen in den anderen Gebieten eher die unteren Tarifstufen zur Anwendung kommen. Die Normkosten sind in der Regel jedoch in ähnlicher Höhe. Damit ist offensichtlich, dass die Rechnung nicht aufgehen kann. Verschiedene Einrichtungen sind defizitär und der Fortbestand einer sinnvollen und notwendigen Einrichtung ist gefährdet. Mit einer Gesetzesrevision ist anzustreben, dass die Benützung einer Einrichtung der Kinderbetreuung für alle Erziehungsberechtigten finanzierbar ist. Eine gesunde Durchmischung der Einrichtungen mit Kindern aus allen Bevölkerungsschichten hat zudem einen positiven sozialen Effekt und die Chancengleichheit wird gewährleistet. Ein weiterer Mangel ist in Eruierung der Tarife für die einzelnen Erziehungsberechtigten auszumachen. Massgebend für die Berechnung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist das satzbestimmende steuerbare Einkommen zuzüglich zehn Prozent des satzbestimmenden steuerbaren Vermögens gemäss aktuellen Steuerdaten. Die Betreiber der Einrichtungen zur familienergänzenden Kinderbetreuung haben die Steuerfaktoren bei den Wohnortsgemeinden abzuklären. Diese sind oftmals provisorisch und erfahren in der Regel im Verlaufe des Jahres noch eine Änderung. Ein überaus aufwändiger administrativer Aufwand, welcher zudem mit Unsicherheiten behaftet ist. Eine Vereinfachung der Datenerhebung ist dringend notwendig. Schlussendlich ist auch anzustreben, dass die seit 10 Jahren unveränderten Normkosten periodisch den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Es bleibt der Regierung überlassen, weitere Punkte in der Gesetzesrevision zu berücksichtigen, wenn sie dazu einen Handlungsbedarf ausmacht.

Chur, 4. Dezember 2018

Hardegger, Tomaschett-Berther (Trun), Spadarotto, Aebli, Atanes, Berther, Berweger, Bettinaglio, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Casty, Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Chur), Clalüna, Danuser, Degiacomi, Della Cà, Deplazes (Chur), Derungs, Dürler, Ellemunter, Engler, Epp, Fasani, Felix, Flütsch, Gasser, Geisseler, Grass, Gugelmann, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Hofmann, Hohl, Holzinger-Loretz, Horrer, Jochum, Kasper, Kohler, Kunfermann, Lamprecht, Locher Benguerel, Loi, Maissen, Michael (Donat), Mittner, Müller (Susch), Müller (Felsberg), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Paterlini, Perl, Pfäffli, Preisig, Rettich, Rüegg, Rutishauser, Schmid, Schneider, Schwärzel, Stiffler, Tanner, Thomann-Frank, Thöny, Thür-Suter, von Ballmoos, Waidacher, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Wieland, Wilhelm, Zanetti (Sent), Zanetti (Landquart), Brändli Capaul, Bürgi-Büchel, Decurtins-Jermann, Gujan-Dönier, Heini

Antwort der Regierung

Seit der Einführung des Gesetzes über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden im Jahr 2003 wurden die Angebote in diesem Bereich stark ausgebaut. Sichtbar ist dies insbesondere an der Zunahme an betreuten Kindern von 1163 im Jahr 2004 zu 2829 Kindern im Jahr 2018. Ursache dieses Wachstums sind insbesondere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen. Die institutionelle Kinderbetreuung hat von vielen Seiten an Zuspruch gewonnen. Sie fördert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dient der Erwerbstätigkeit und der Verfügbarkeit von Fachkräften, trägt zu einem Anstieg an Steuereinnahmen bei, fördert die Gleichstellung zwischen Frau und Mann und gilt in der Wirtschaft heute gemeinhin als Standortvorteil. Diese Faktoren erklären die im Auftrag genannte Verbreiterung der Angebotspalette. Heute bestehen fast überall im Kanton Angebote.

Die Regierung teilt die Einschätzung der Verfasser des Auftrags. Das System der Kinderbetreuung hat sich grundsätzlich bewährt. Es zeigen sich aber auch sehr konkrete Mängel, die mit gezielten Massnahmen möglichst entschärft werden sollen. Gestützt auf den Entwicklungsschwerpunkt (ES)11/23 „Gesellschaftlicher Zusammenhalt fördern und soziale Sicherheit gewährleisten“ im Rahmen des Regierungsprogramms 2017 bis 2020 wurde die Finanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung überprüft. Die Ergebnisse dieser Überprüfung deuten ebenfalls darauf hin, dass das Hauptproblem der geltenden Finanzierung in der Benachteiligung von Leistungsanbietenden in Gebieten mit vielen Erziehungsberechtigten, die über ein relativ geringes Einkommen verfügen, liegt. Dieser Mangel entsteht durch die Subventionierung aller Leistungserbringenden mittels einheitlichem Beitragssatz einerseits und der Abstufung der Tarife der Erziehungsberechtigten nach deren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit andererseits. Somit hängen die Einnahmen und der Fortbestand der Leistungserbringenden vom Einkommen und Vermögen der Erziehungsberechtigten ab. Damit die Angebote allen Familien offenstehen, ist eine gezieltere Subventionierung der Angebote zu prüfen. Berücksichtigt werden müssen dabei die finanzielle Leistungsfähigkeit der Familien aber auch der Regionen, respektive Gemeinden. Eine Massnahme dagegen ist bereits im Rahmen der Gesetzesrevisionen zur Haushaltsflexibilisierung (GrFlex) vorgesehen. Im Umfang der Nettoentlastung des Kantons in der Grössenordnung von 400 000 Franken pro Jahr durch die Aufhebung der Gesetzgebung über die Mutterschaftsbeiträge soll die familienergänzende Kinderbetreuung stärker unterstützt werden, dies ohne die Gemeinden zu zusätzlichen Beiträgen zu verpflichten. Die Regierung prüft, mit dem Beitrag gezielt Angebote zu unterstützen, in denen Kinder von Erziehungsberechtigten aus Gemeinden mit geringer Steuerkraft pro Kopf der natürlichen Personen betreut werden.

Eine weitere Schwierigkeit besteht im hohen administrativen Aufwand der Leistungserbringenden für die Festlegung der Tarife der Erziehungsberechtigten. Ein zusätzlicher Aspekt dieses Problems ist, dass die Erziehungsberechtigten sensible Daten, wie die Steuerdaten, gegenüber privaten Leistungserbringenden offenlegen müssen. Im Zuge der Anpassungen sind auch diese Abläufe und Prozesse zu überprüfen.

Mit der Totalrevision der Verordnung über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (BR 548.310) per 1. Januar 2013 wurden die Normkosten praktisch fixiert, da die Entwicklung der Normkosten seit 2006 zeigte, dass sich der Normkostensatz nur minim veränderte. Nach Art. 6 Abs. 2 dieser Verordnung orientieren sich die Normkosten an den Aufwendungen der anerkannten Anbietenden aus den Vorjahren und werden periodisch überprüft. Diese periodische Überprüfung wurde im Rahmen des ES 11/23 vorgenommen. Sie hat einen neuen Normkostensatz von Franken 9.60 pro Betreuungsstunde ergeben (bisher Franken 9.05). Die Regierung plant die Normkosten auf das Jahr 2021 anzupassen. Die Erhöhung löst zusätzliche Beiträge von Kanton und Gemeinden im Umfang von weiteren rund 400 000 Franken pro Jahr aus. Vorbehalten bleibt die Kreditbewilligung durch den Grossen Rat. Die Normkosten sollen zeitgleich mit dem geplanten Inkrafttreten der Gesetzesrevisionen im Rahmen von GrFlex erhöht werden. Die Regierung plant für diese Subventionserhöhungen beim Bund ein Gesuch um Finanzhilfen einzureichen. Im Rahmen dieser Finanzhilfen würde sich der Bund an den Subventionserhöhungen beteiligen. Die Beteiligung nimmt mit der Beitragsdauer ab und beträgt im ersten Jahr 65 %, im zweiten 35 % und im dritten 10 % der jeweiligen Subventionserhöhung. Somit profitieren die Gemeinden und der Kanton am meisten von den Bundessubventionen, wenn sämtliche Subventionserhöhungen auf dasselbe Jahr wirksam werden.

Die Regierung anerkennt aufgrund der gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Relevanz der familienergänzenden Kinderbetreuung den dringenden Handlungsbedarf in diesem Bereich. Mit den geplanten Anpassungen in Bezug auf den Normkostensatz sowie im Rahmen von GrFlex ist die Regierung bereit, unmittelbar Massnahmen zu ergreifen. Weitere Massnahmen werden im Rahmen des ES 11/23 geprüft.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

13. März 2019