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Session: 12.06.2019

Beim Flugverkehr können individuelle CO2-Emissionen kompensiert werden, allerdings hauptsächlich durch Unterstützung von Klimaschutzprojekten im Ausland. Möglichkeiten, die ausgestossenen Emissionen durch die Unterstützung von regionalen Projekten auszugleichen, gibt es praktisch nicht. Dabei haben inländische Kompensationen viele Vorteile: Investitionen in die lokale Wirtschaft und eine direkte Verbesserung der Lebensqualität von uns allen. Dies würde es ermöglichen, öffentliche und private Ressourcen nicht nur im Ausland in sogenannte Zertifikate zu investieren, sondern im Kanton, mit den damit verbundenen wirtschaftlichen, ökologischen und innovativen Vorteilen. Eine Internetplattform würde es jeder Person und jedem Unternehmen ermöglichen, die Emissionen zu berechnen, die kompensiert werden sollen, und dann anschliessend das entsprechende Projekt auszuwählen, welches unterstützt werden soll.

Die Unterzeichnenden fordern die Regierung auf, eine Kantonale CO2-Kompensationsplattform, allenfalls zur Minimierung der Entwicklungskosten in Zusammenarbeit mit anderen Kantonen, zu realisieren. Die Plattform soll digital sein und Möglichkeiten bieten, kantonale Projekte zur freiwilligen Kompensation von CO2-Emissionen aufzuschalten. Die Projekte können von sämtlichen Personen, Organisationen oder Unternehmungen eingebracht werden.

Pontresina, 12. Juni 2019

Kappeler, Caluori, Wilhelm, Atanes, Baselgia-Brunner, Berther, Berweger, Bettinaglio, Bigliel, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Cantieni, Caviezel (Chur), Censi, Danuser, Della Cà, Deplazes (Chur), Deplazes (Rabius), Epp, Föhn, Gasser, Hartmann-Conrad, Hofmann, Horrer, Kasper, Koch, Kohler, Kunfermann, Lamprecht, Locher Benguerel, Loepfe, Maissen, Märchy-Caduff, Müller (Susch), Müller (Felsberg), Natter, Perl, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Rutishauser, Schmid, Schwärzel, Tanner, Thöny, Thür-Suter, Ulber, von Ballmoos, Waidacher, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Sent), Pajic

Antwort der Regierung

Vorerst gilt es festzuhalten, dass kompensieren nicht gleichbedeutend ist mit reduzieren oder vermeiden. Um das primäre Ziel zu erreichen, nämlich CO2-Emissionen zu reduzieren oder zu vermeiden, hat die Regierung sich dazu bereit erklärt, den Auftrag Wilhelm (Green Deal für Graubünden: Klimaschutz als Chance nutzen) entgegenzunehmen, welcher in abgeänderter Form in der Junisession 2019 vom Grossen Rat mit grossem Mehr angenommen wurde. In diesem Sinn haben für die Regierung Massnahmen zum Schutz des Klimas hohe Priorität.

Seit 2013 ist im nationalen CO2-Gesetz eine Kompensationspflicht für die Importeure fossiler Treibstoffe verankert. Diese werden verpflichtet, einen Teil der verkehrsbedingten Emissionen mit Massnahmen (so genannte "Kompensationsprojekte") im Inland in der Höhe ihrer Kompensationspflicht zu reduzieren. Diese Kompensationsprojekte respektive die daraus resultierenden Emissionsreduktionen müssen zwei zentrale Kriterien erfüllen: Das Kompensationsprojekt muss ohne den Erlös aus dem Verkauf der Bescheinigungen unwirtschaftlich sein (Kriterium der Additionalität bezüglich der Investitionen) und es muss nachweislich eine physikalisch messbare zusätzliche Emissionsverminderung bewirken (Kriterium der Additionalität bezüglich der Emissionsverminderung). Die Einhaltung und Überprüfung dieser Kriterien sind sowohl für die Projektentwickler als auch für die Vollzugsbehörde sehr aufwendig. Dies äussert sich im durchschnittlichen Preis für eine kompensierte Tonne CO2 (rund 100 Franken) und im Vollzugsaufwand seitens des Bundes. Der Aufbau eines entsprechenden Vollzugs hat beim Bund mehrere Jahre gedauert und der personelle Aufwand ist mit rund zehn Personen in der Bundesverwaltung, der Akkreditierung von rund zehn Prüfstellen und dem Betrieb der Datenbank zur Verwaltung der inländischen Kompensationsprojekte und Emissionsreduktionen beträchtlich.

Neben der gesetzlich geregelten Kompensationspflicht existiert die freiwillige Kompensation von CO2-Emissionen, insbesondere bekannt im Zusammenhang mit Flugreisen. Diese kann bereits heute kostengünstig und mit geringem Aufwand über bestehende Internet-Plattformen abgewickelt werden. Diese Kompensationen sind kostengünstig, weil es sich einerseits um den Zukauf von Emissionsverminderungszertifikaten aus Reduktionsprojekten im Ausland handelt und andererseits die Prüfung der ausländischen Reduktionsprojekte samt Ausstellung und Verwaltung der Klimazertifikate durch die UNO sichergestellt wird. Bei diesen freiwilligen Kompensationen setzt der Auftrag Kappeler an, indem er die Emissionsreduktionen nicht im Ausland, sondern innerhalb des Kantons und zugunsten der Bündner Wirtschaft vornehmen möchte.

Auch im Bereich der freiwilligen Kompensationen sind Aufbau und Betrieb einer Kompensationsplattform mit beträchtlichem Aufwand verbunden. Eine entsprechende Kompensationsplattform sollte daher nicht durch den Kanton Graubünden im Alleingang angegangen werden, sondern in Zusammenarbeit mit anderen Kantonen. Im Kanton Freiburg existiert seit 2018 eine Plattform der Stiftung "Carbon Fri", welche von der Freiburger Kantonalbank, der Handels- und Industriekammer sowie dem Unternehmen für Climate Services getragen wird. Die Stiftung zertifiziert Prozesse, Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen im Kanton Freiburg unter der Voraussetzung, dass die CO2-Emissionen reduziert werden und für die verbleibenden CO2-Emissio­nen ein Beitrag von zwischen 10 und 20 Franken pro Tonne CO2 in die Stiftung einbezahlt wird. Die so gesammelten Gelder fliessen dann, gelenkt durch die Stiftung, in die innerkantonale Wirtschaft zugunsten von Klimaschutzprojekten zurück. Im April dieses Jahres hat der Staatsrat des Kantons Freiburg ein Postulat übernommen, welches die von der Stiftung angebotenen Dienstleistungen auch auf die Bürgerinnen und Bürger des Kantons Freiburg erweitert.

Der Aufbau und Betrieb einer Kompensationsplattform im Alleingang und durch die kantonale Verwaltung ist nicht zu befürworten. Demgegenüber erscheint ein Vorgehen zusammen mit anderen Kantonen, basierend auf den Vorarbeiten des Kantons Freiburg, prüfenswert.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag wie folgt abzuändern:

Die Regierung prüft, ob und unter welchen Voraussetzungen eine kantonale CO2-Kompensationsplattform in Zusammenarbeit mit anderen Kantonen realisiert werden könnte.

21. August 2019