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Session: 13.06.2019

Anlässlich der August-Session 2018 diskutierte der Grosse Rat das Thema Digitalisierungsschub und beauftragte die Regierung, die Grundlagen für einen entsprechenden Verpflichtungskredit von 40 Mio. Franken zu schaffen.

Das Building Information Modeling BIM (Definition siehe unten) ist ein Element der Digitalisierung in der Baubranche. In die Bauwerksplanung sind verschiedenste Organisationen involviert, so als Auftraggeber in grossem Umfang auch die öffentliche Hand. Die SBB schreiben BIM für ihre Immobilien ab 2021 zwingend vor, für Infrastrukturprojekte ab 2025.

Die Unterzeichnenden fragen die Regierung diesbezüglich an:

1.     Was ist der aktuelle Stand bezüglich BIM beim Kanton (Hoch- und Tiefbau)?

2.     Ab wann sollen kantonale Projekte zwingend mit Hilfe von BIM geplant werden (Hoch- und Tiefbau)?

3.     Wie stellt der Kanton sicher, dass im Hinblick auf die Forderung nach BIM auch kleinere Dienstleister und Unternehmer an den kantonalen Aufträgen (Hoch- und Tiefbau) partizipieren können?

4.     Welche ergänzende Massnahmen plant der Kanton bezüglich BIM (z.B. Aus- und Weiterbildung an HTW)?

Definition: Das Building Information Modeling (BIM, Bauwerksdatenmodellierung) ist eine Methode zur optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mit Hilfe von Software. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. Das Bauwerk ist dann als virtuelles Modell auch geometrisch visualisiert.

Pontresina, 13. Juni 2019

Kappeler, Loepfe, Hug, Alig, Atanes, Berther, Bigliel, Brunold, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Cavegn, Censi, Della Cà, Deplazes (Chur), Derungs, Dürler, Engler, Felix, Flütsch, Gasser, Geisseler, Giacomelli, Hitz-Rusch, Hofmann, Holzinger-Loretz, Horrer, Jochum, Kohler, Kuoni, Müller (Felsberg), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Paterlini, Perl, Rettich, Rutishauser, Schmid, Schutz, Schwärzel, Thöny, Ulber, von Ballmoos, Waidacher, Zanetti (Landquart), Pajic

Antwort der Regierung

Der Begriff Building Information Modeling (kurz: BIM; deutsch: Bauwerksdatenmodellierung) bezeichnet eine Methode, Bauwerke anhand eines dreidimensionalen, digitalen Modells und mit all ihren relevanten Informationen (z.B. Klassifizierung der Bauteile und technischen Anlagen, exakte Boden- und Fensterflächen, etc.) abzubilden. Im Gegensatz zur klassischen Bauplanung arbeitet bei BIM-Projekten das gesamte Planungsteam über eine offene Schnittstelle an einem einzigen, virtuellen "Zwilling" des Bauwerkes. Für die Planer liegt der Mehrwert dieser Methode in einfacheren Koordinationsprozessen über verschiedene Fachbereiche und in einer systematischeren Arbeitsweise. Für die Bauherren und Immobilienbetreiber wird der Planungsprozess dadurch transparenter und nachvollziehbarer. Zudem stehen durch die strukturierten BIM-Daten wertvolle Grundlagen für die Bewirtschaftungsplanung und -optimierung bereits früh im Projekt zur Verfügung. Langzeitstudien aus dem Ausland belegen, dass sich infolge des Einsatzes von BIM Effizienzsteigerungen in den Projektzielen, Terminen und Kosten im Bereich von 5−10 Prozent erreichen lassen.

In verschiedenen europäischen Ländern ist BIM ein etablierter und teilweise gesetzlich vorgeschriebener Planungsstandard (z.B. England, Norwegen, Dänemark). Deutschland will seine öffentlichen Infrastrukturprojekte nach BIM ab 2020, Frankreich ab 2022 ausführen. Gemäss dem Digitalen Aktionsplan des Bundesrates sollen der Bund und alle bundesnahen Betriebe ab 2021 für Immobilien und ab 2025 für Infrastrukturanlagen die BIM-Methode verpflichtend anwenden. Zudem sieht der Aktionsplan für die Weiterentwicklung von BIM eine finanzielle Förderung des Vereins "Bauen Digital Schweiz" vor, welcher als führende Plattform für die digitale Transformation der Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft gilt. Der Kanton Graubünden ist Mitglied dieses Vereins und aktiv in Fachgruppen vertreten. Das Verwaltungsgebäude "sinergia" in Chur mit seinem integralen, die Gebäudebewirtschaftung einbeziehenden Ansatz (sog. "BIM2FM") gehört gemäss "Bauen Digital Schweiz" aktuell zur "Best Practice" in der Schweiz.

Zu Frage 1: Das HBA bearbeitet derzeit vier Immobilienprojekte auf BIM-Basis (Unterhaltsstützpunkt Bernina, Verwaltungsgebäude "sinergia", Tagungszentrum Plantahof, Verkehrsstützpunkt San Bernardino). Im Bereich des Tiefbaus projektierte das kantonale Tiefbauamt (TBA) im Rahmen eines Pilotprojektes die Instandsetzung des Frauentobeltunnels auf der Schanfiggerstrasse.

Zu Frage 2: Das HBA hat entschieden, alle zukünftigen grösseren und/oder komplexeren Bauvorhaben als BIM-Projekte zu planen. Der Fokus liegt dabei auf BIM2FM, also der Übernahme aller relevanter Daten in das Gebäudebewirtschaftungs-System. Das TBA hat im vergangenen Jahr eine Arbeitsgruppe zur Auswertung der BIM-Piloterfahrungen und zur Erarbeitung einer BIM-Strategie im Tiefbaubereich eingesetzt. Der Zeitpunkt der allfälligen Einführung eines BIM-Standards im Tiefbaubereich des Kantons ist folglich noch nicht terminiert.

Zu Frage 3: Durch Informationen an Delegiertenversammlungen und Referate bei Planerverbänden wurden die Planerinnen und Planer darauf aufmerksam gemacht, dass zukünftig BIM zumindest im Hochbaubereich als Standard für die Planung kantonaler Bauten gilt. Der Initialaufwand, welcher ein Planer oder eine Planerin auf sich nehmen muss, ist mit vernünftigem Aufwand zu bewältigen. Das hat sich bei den aktuellen BIM-Projekten gezeigt. Die meisten Büros haben diesen Schritt mit "learning by doing" geschafft.

Zu Frage 4: Der Kanton konnte in den vergangenen drei Jahren insbesondere im Immobilienbereich im Rahmen von Pilotprojekten erste Erfahrungen zu BIM gewinnen und in der Praxis erprobte Grundlagen schaffen. Diese Grundlagen können auch ausserhalb von Projekten breiter an die Planungsbranche weitergegeben werden, um damit den BIM-Einsatz im Kanton zu fördern. Zudem könnten die hiesigen Bildungsanbieter diesen Transformationsprozess im Bau- und Planungsbereich mittels entsprechender Weiterbildungsangebote unterstützen.

29. August 2019