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Session: 28.08.2020

Familien- und schulergänzende Kinderbetreuungseinrichtungen erfüllen einerseits eine sehr wichtige Funktion für die Wirtschaft und Gesellschaft, indem sie vielen Eltern die Möglichkeit geben, auch mit Familienpflichten einer Berufstätigkeit nachzugehen. Gerade in Zeiten eines sich verschärfenden Fachkräftemangels ist es essentiell, dass in der Schweiz ausgebildete Fachpersonen möglichst wenige Hürden zum Eintritt in den Arbeitsmarkt vorfinden. Auf der anderen Seite sind diese Einrichtungen zunehmend wichtige familienergänzende Orte für die Bildung, Erziehung und Förderung der Kinder.

Familien mit Kindern mit besonderen Unterstützungsbedürfnissen (z.B. Behinderungen) finden mittlerweile in vielen Kantonen und Städten Modelle wie KITAplus vor, welche auch ihnen diesen Zugang ermöglichen. Im Kanton Graubünden ist dies leider in keiner Weise der Fall. Der Erstunterzeichnende des Auftrags war beispielsweise in diesem Sommer mit einer Situation konfrontiert, in der sich eine Trägerschaft gezwungen sah, ein Betreuungsverhältnis zu kündigen, weil der Betreuungs-Mehrbedarf nicht finanziert werden konnte.

Die Vereinigungen Kibesuisse, Stiftung Kind und Familie KiFa Schweiz sowie KITAplus haben in Kooperation mit visoparents schweiz, Insieme, Vereinigung Cerebral Schweiz und dem Berufsverband Heilpädagogische Früherziehung die Broschüre «Kindertagesstätten öffnen für Kinder mit besonderen Unterstützungsbedürfnissen» erarbeitet. Darin wird aufgezeigt, welchen Nutzen dies für die Kinder, die Eltern und die Gesellschaft bringt, was dazu erforderlich ist und wie das Anliegen rechtlich und finanziell umgesetzt werden kann.

Die Regierung wird beauftragt:

  1. Das Gesetz über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung so anzupassen, dass der Zugang für Familien mit Kindern mit besonderen Unterstützungsbedürfnissen zu den Einrichtungen sichergestellt wird.
  2. Die Kosten für die besonderen Unterstützungsbedürfnisse sollen durch die öffentliche Hand getragen werden und den Familien die üblichen einkommensabhängigen Tarife belastet werden.
  3. Sie stellt zudem sicher, dass der Heilpädagogische Dienst den Auftrag zur Begleitung und Beratung des Kita-Personals hat, damit eine professionelle Betreuung sichergestellt werden kann.

Chur, 28. August 2020

Degiacomi, Ruckstuhl, Thoman-Frank, Atanes, Baselgia-Brunner, Bettinaglio, Cahenzli-Philipp, Caluori, Cantieni, Caviezel (Chur), Crameri, Deplazes (Rabius), Gartmann-Albin, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Hofmann, Holzinger-Loretz, Horrer, Jochum, Kohler, Kunfermann, Müller (Felsberg), Perl, Preisig, Rettich, Rutishauser, Schmid, Schwärzel, Thür-Suter, Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Widmer-Spreiter (Chur), Wilhelm, Bürgi-Büchel, Sigron, Spadarotto, Tomaschett (Chur)

Antwort der Regierung

Im Kanton Graubünden profitieren Familien von einem gut ausgebauten Angebot an familienergänzender Kinderbetreuung. Die familienergänzende Kinderbetreuung unterstützt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie bietet den Kindern zusätzliche Entwicklungsmöglichkeiten und hilft den Familien, neue Kontakte zu knüpfen und leistet einen wichtigen Beitrag an die Verfügbarkeit von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt.

Die familienergänzende Kinderbetreuung wird im Kanton Graubünden durch privatrechtliche, gemeinnützige Organisationen bereitgestellt. Die Angebote finanzieren sich über Elternbeiträge, Spenden und Beiträge des Kantons und der Gemeinden. Die Gemeinden und der Kanton finanzieren alle Leistungserbringenden (Kindertagesstätten und Tageselternvereine) mittels eines einheitlichen Beitragssatzes. Die Leistungserbringenden müssen ihre Tarife nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten abstufen. Die öffentliche Hand bezieht die Höhe der Einnahmen der Leistungserbringenden durch die Tarife der Erziehungsberechtigten oder den Betreuungsbedarf der Kinder nicht in die Finanzierung mit ein.

Die Regierung hat bereits in der Botschaft zur Stärkung der familienergänzenden Kinderbetreuung – Aufhebung des Gesetzes über Mutterschaftsbeiträge (Heft Nr. 12 / 2019–2020, Seiten 943–944) ausgeführt, dass "der staatliche Mitteleinsatz im aktuellen System nicht zielgerichtet hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Nutzenden ist. […] Zudem haben der Kanton und die Gemeinden mit dem aktuellen Finanzierungsmodell, bis auf die Bedarfsplanung und den Beitragssatz, relativ geringe, vor allem aber wenig spezifische Steuerungsmöglichkeiten". Dies betrifft auch eine allfällige Finanzierung der speziellen Betreuung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen.

Zu Punkt 1 und 2: Damit die Angebote allen Familien zugänglich sind, ist eine gezieltere Subventionierung der Angebote zu prüfen. Die Ergebnisse aus dem Entwicklungsschwerpunkt 11/23 "Gesellschaftlicher Zusammenhalt fördern und soziale Sicherheit gewährleisten" haben aufgezeigt, dass mit einer Neuregelung der Subventionierung – Wechsel von der bestehenden Angebotssubventionierung zur Subjektfinanzierung – die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Nutzenden und der Betreuungsbedarf von Kindern berücksichtigt werden könnte. Eine solche Neuregelung der Subventionierung bedarf einer grundlegenden Gesetzesrevision. Die Regierung ist bereit, die im Auftrag angesprochenen Punkte zu prüfen und abhängig von den Ergebnissen Lösungen in die Vernehmlassung zur Revision des Gesetzes über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (BR 548.300) betreffend die Neuregelung der Subventionierung der familienergänzenden Kinderbetreuung zu integrieren.

Zu Punkt 3: Aktuell geben rund zwei Drittel der Organisationen der familienergänzenden Kinderbetreuung in Graubünden an, dass sie bereit sind, Kinder mit besonderen Bedürfnissen zu betreuen. Die Begleitung und Beratung von Fachpersonen, z. B. auch von Fachpersonen der familienergänzenden Betreuung durch den Heilpädagogischen Dienst, ist bereits heute möglich. Über den Leistungsauftrag des Kantons wird im Zusammenhang mit Massnahmen für Kinder mit hohem besonderem Förderbedarf auf der Grundlage des Schulgesetzes das Angebot (z. B. heilpädagogische Früherziehung) finanziert.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

29. Oktober 2020