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Session: 21.04.2021

Seit gut einem Jahr beeinflusst die COVID-19 Pandemie auch im Kanton Graubünden den Alltag sehr stark. Während dieser Zeit hat die Regierung des Kantons Graubünden fortlaufend Beschlüsse erlassen, die zahlreiche Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus anordneten.

Mindestens eine Gemeinsamkeit hatten all diese Massnahmen, übertrug die Regierung doch die Kontrolle derselbigen den Gemeinden in unserem Kanton.

Mit diesen Kontrollaufträgen verbunden waren zwangsläufig weitere Aufgaben im Bereich der Umsetzung, der Durchsetzung und allenfalls der Sanktionierung bei Verstössen.

Damit wies man den Gemeinden bei der Bekämpfung des Coronavirus eine wichtige, ja entscheidende Rolle zu. Im Zentrum der Pandemie stand somit plötzlich jene Staatsebene, welcher Bund und Kanton in der Vergangenheit immer wieder und bewusst Aufgaben und Kompetenzen entzog, welche gleichzeitig aber auch freiwillig auf Kompetenzen verzichtete und Aufgaben delegierte.

In diesem Zusammenhang wird die Regierung um die Beantwortung der nachfolgenden Fragen ersucht:

  1. Wie haben die Gemeinden im Kanton Graubünden die ihnen übertragenen Aufgaben im Bereich der Bekämpfung des Coronavirus aus Sicht der Regierung in den vergangenen 14 Monaten wahrgenommen?
  2. Wurden im Zusammenhang mit den angeordneten Massnahmen allenfalls bei den Gemeinden Bereiche eruiert, bei welchen ein Handlungsbedarf besteht?
  3. Sieht die Regierung in diesem Zusammenhang in ihrem Aufgabenbereich, zum Beispiel bei der Information, der Kommunikation oder der Koordination, einen möglichen Verbesserungsbedarf?
  4. Gedenkt die Regierung zu einem späteren Zeitpunkt die Aufgaben der Gemeinden in der Pandemiebekämpfung, aber auch das Zusammenspiel von Kanton und Gemeinden in der «besonderen Lage» und in der «ausserordentlichen Lage» aufgrund der gemachten Erfahrungen einer fundierten Analyse zu unterziehen?

Davos, 21. April 2021

Pfäffli, Della Vedova, Salis, Berweger, Cahenzli-Philipp, Caviezel (Davos Clavadel), Censi, Dürler, Ellemunter, Felix, Flütsch (Splügen), Föhn, Gartmann-Albin, Grass, Hartmann-Conrad, Hohl, Holzinger-Loretz, Jochum, Kienz, Loepfe, Marti, Natter, Paterlini,, Rüegg, Schutz, Stiffler, Thomann-Frank, Thür-Suter, Valär, Weidmann, Adank-Arioli, Costa

Antwort der Regierung

Die Anfrage verweist auf die wichtige Rolle, die die Gemeinden bei der Bekämpfung der Pandemie spielten und nach wie vor spielen. Während Bund und Kanton anordneten, verblieb der Vollzug bei wichtigen Gesundheitsschutzmassnahmen zumindest teilweise bei den Gemeinden. Die Gemeinden waren jedoch nicht nur reine Vollzugsorgane, sondern hatten im Rahmen der übergeordneten Vorgaben einen Spielraum, den sie nach ihren Bedürfnissen ausnützen konnten. Gefordert waren die politischen Behörden, aber insbesondere auch die kommunalen Führungsstäbe. Der Kanton hat ein grosses Interesse, dass die Gemeinden auch in ausserordentlichen oder besonderen Lagen möglichst selbständig und professionell führen können, soweit dies in der speziellen Pandemie-Situation, in der rasches und kantonsübergreifendes Handeln über den Erfolg von Massnahmen entscheidet, überhaupt möglich ist. Mit der Gesetzgebung zum Bevölkerungsschutz wurden im Jahr 2015 die Rollen und die gegenseitigen Erwartungen von Kanton und Gemeinden auf eine austarierte, klare Grundlage gestellt. Die Regierung gibt zu bedenken, dass die Herausforderungen der – nun hoffentlich zu Ende gehenden – Pandemie nicht auf praktischen Erfahrungswerten beruhen können. In den vergangenen Jahren wurde auf Initiative des Kantons viel in die Ausbildung der Gemeindeführungsstäbe investiert. Dieses zumindest theoretisch angeeignete Wissen und die mancherorts praktischen Einsatzerfahrungen im Bereich von Unwetterereignissen kamen den Gemeinden zu Gute. Selbstverständlich ist jede Praxiserfahrung zu nutzen, um Verbesserungen anzustreben oder Unzulänglichkeiten zu beseitigen, so auch die aktuellen Erfahrungen. Es gilt jedoch den Grundsatz zu berücksichtigen, dass eine Krise nicht während einer Krise evaluiert werden sollte. Dies hat nicht zuletzt mit den stark gebundenen Ressourcen sowohl im Kanton wie insbesondere auch in den Gemeinden zu tun. Angesichts der Umstände, dass bislang keine gravierenden Systemmängel entdeckt wurden und das AMZ im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der ersten Pandemiewelle bereits einen Aktionsnachbearbeitungsprozess Covid-19 Graubünden eingeleitet hatte, unterstützte die Regierung die Überweisung des Fraktionsauftrages CVP betreffend Lehren aus der Covid-Pandemie bereits zu einem solch frühen Zeitpunkt. In diesem Nachbearbeitungsprozess wurden auch die Gemeinden befragt (v.a. Gemeindeführungsstäbe, Gemeindeverwaltungen, Gemeindepräsidien). Die Auswertungen ergeben ein umfassendes Bild. Dies vorausgeschickt, beantworten wir Ihre Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Die ersten Auswertungen zeigen, dass sich viele Gemeinden stark durch die COVID-19-Notlage herausgefordert fühlten. Dies ist auch nicht verwunderlich, hatte Graubünden doch in den letzten Jahrzehnten nie eine solch anspruchsvolle Lage zu bewältigen. Die Gemeinden haben ihre Aufgaben grösstenteils gut bis sehr gut erfüllt, mit Verantwortungsgefühl und Blick für das lokal Wesentliche. Dafür ist ihnen Lob und Anerkennung auszusprechen. Die Regierung ist davon überzeugt, dass die Gemeindereform der letzten 20 Jahre auch dazu beigetragen hat, dass die Gemeinden aus einer Situation der Stärke und der Professionalität heraus agieren konnten.  

Zu den Fragen 2 und 3: Ein systemischer Handlungsbedarf wurde nicht geortet. Die Führungsstruktur und die Zusammenarbeit gemäss Bevölkerungsschutzgesetz hat sich auch für die ausserordentliche Lage bestens bewährt. Verbesserungen im Bereich der Informations- oder Kollaborationsplattformen sind in Diskussion. Ebenfalls werden im Rahmen des oben erwähnten Fraktionsauftrags Überlegungen angestellt, wie ausserhalb der ausserordentlichen Lage die Gemeinden vorgängig besser in den Entscheidungsprozess des Kantons eingebunden werden könnten.

Zu Frage 4: Das AMZ wird erneut einen Aktionsnachbereitungsprozess Covid-19 Graubünden durchführen. Sofern sich Handlungsbedarf ergibt, können nach der umfassenden Auswertung des gesamten Aktionsnachbereitungsprozesses punktuell notwendige Punkte in eine künftige Teilrevision des Bevölkerungsschutzgesetzes einfliessen. Einen entsprechenden Auftrag hat der Grosse Rat bereits erteilt. 

9. Juni 2021