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Session: 27.08.2021

Die aktuellen Diskussionen um die Klimaveränderung und die in diesem Zusammenhang von Experten geforderte dringend notwendige Reduktion des CO2-Ausstosses werden zu einem erheblichen Bedarf an elektrischer Energie führen. Im Vordergrund steht dabei aktuell ein steigender Strombedarf beim Individualverkehr (Umstellung von Verbrennungsmotoren auf batteriebetriebene Fahrzeuge). Aber auch die Ablösung von fossil betriebenen Heizungen in Wohnhäusern durch Wärmepumpen oder die Abkehr von fossilen Energieträgern bei Gewerbe und Industrie haben eine erhebliche Steigerung des Bedarfs an elektrischer Energie zur Folge. Es muss damit gerechnet werden, dass dieser Mehrbedarf kurzfristig abgedeckt werden muss. In diesem Zusammenhang stellen die Unterzeichnenden folgende Fragen:

  1. Wie hoch schätzt die Regierung den zusätzlich benötigten Strombedarf in den nächsten fünf bis zehn Jahren ein?
  2. Wie beurteilt die Regierung die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie für die nächsten zehn Jahre – dies aus Sicht der Stromproduktion, aber auch bezüglich der Kapazitäten des Stromnetzes?
  3. Wie schätzt die Regierung das Potential für den Ausbau der Wasserkraft ein?
  4. Wie sieht die Strategie der Regierung bezüglich der Wasserkraft (und in diesem Zusammenhang die Thematik des Heimfalls) aus?
  5. Wie gedenkt die Regierung, das flächendeckende Tankstellennetz für Elektrofahrzeuge sicherzustellen?
  6. In welchem Ausmass können Photovoltaikanlagen oder andere alternative Energieerzeuger die Versorgungssicherheit mit elektrischer Energie gewährleisten?

27. August 2021

Deplazes (Rabius), Hardegger, Jochum, Alig, Berther, Bettinaglio, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Cantieni, Caviezel (Chur), Censi, Crameri, Danuser, Della Cà, Derungs, Ellemunter, Felix, Florin-Caluori, Flütsch, Hartmann-Conrad, Holzinger-Loretz, Kasper, Kienz, Kunfermann, Lamprecht, Loepfe, Maissen, Märchy-Caduff, Michael (Donat), Natter, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Ruckstuhl, Schmid, Schneider, Schutz, Tanner, Thomann-Frank, Thür-Suter, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, von Ballmoos, Weidmann, Wellig, Widmer (Felsberg), Zanetti (Landquart), Bürgi-Büchel, Büsser, Costa

Antwort der Regierung

Die Energiestrategie 2050 des Bundes (ES 2050) sieht vor, die Energieeffizienz zu erhöhen und die erneuerbaren Energien zu stärken. Die Energieperspektiven 2050+ des Bundes gehen davon aus, dass die fehlende Stromproduktion durch den Ausstieg aus der Kernkraft und der steigende Bedarf durch die in der Anfrage erwähnten Entwicklungen durch Aus- und Zubau von erneuerbaren Energien gedeckt werden können. Der Umbau der Energieversorgung der Schweiz auf erneuerbare Energien stellt für alle Beteiligten eine sehr anspruchsvolle Aufgabe dar.

Zu Frage 1: Gemäss Berechnungen des Amts für Energie und Verkehr aus dem Jahre 2019 wird sich bei einer konsequenten Umsetzung der ES 2050 der Strombedarf in Graubünden bis zum Jahr 2030 infolge der Substitution fossiler Brenn- und Treibstoffe durch Elektrizität um den Faktor 1,5 erhöhen (+1000 Gigawattstunden [GWh]). Wenn bei der Substitution der Brennstoffe gleichzeitig Gebäudehüllen saniert werden, verringert sich die Zunahme auf rund 660 GWh.

Zu Frage 2: Zuständig für die Gewährleistung eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes sind gemäss Art. 8 des Bundesgesetzes über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, StromVG; SR 734.7) die Netzbetreiber. Die Netze in Graubünden sind in einem guten Zustand. Mengenmässig wird in Graubünden mit knapp 8000 GWh viermal so viel Strom produziert, wie verbraucht wird. Dabei besteht die Produktion zum grossen Teil aus speicherbarer, regulierbarer und CO2-freier Wasserkraft. Der Kanton Graubünden ist somit in der vorzüglichen Lage, dass die Versorgungssicherheit sowie die Netzkapazitäten für die nächsten Jahre gewährleistet sind.

Zu Frage 3: Die Regierung hat im "Strombericht 2012" (Botschaft Heft Nr. 6/2012–2013, S. 389) bis 2035 Zubauziele definiert (Grosswasserkraft 860 GWh und Kleinwasserkraft 135 GWh). Per Ende 2020 liegt die Zielerreichung bei der Grosswasserkraft erst bei gut 11 Prozent, jene der Kleinwasserkraft bei über 80 Prozent. Das Zubauziel bei der Grosswasserkraft wird aus heutiger Sicht als sehr ambitiös eingeschätzt.

Zu Frage 4: Die Wasserkraftstrategie sieht prioritär den Erhalt und die Optimierung der bestehenden Wasserkraftwerke vor. Die Erweiterung und der Ausbau der Wasserkraft sind nachrangig. Innerhalb dieser Prioritäten liegt der Fokus auf der Grosswasserkraft. Wie bereits in der Antwort auf die Anfrage Müller (Susch) durch die Regierung ausgeführt (vgl. Regierungsbeschluss [RB] vom 31. August 2021 [Prot. Nr. 803/2021]), erarbeitet die Regierung derzeit eine Wasserkraftstrategie für den Kanton Graubünden, die auch die Vorgehensweise bei Heimfällen aufzeigen soll.

Zu Frage 5: Um den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu beschleunigen, schlug die Regierung in der Vernehmlassung zur Teilrevision des Bündner Energiegesetzes (BEG) vor, den Aufbau von öffentlich zugänglichen Ladepunkten entlang der Hauptachsen zu fördern. Schlussendlich verzichtete der Grosse Rat auf die Einführung eines solchen Fördertatbestands. Die Regierung hat sich zudem bereits in der Beantwortung des Fraktionsauftrags der SVP diesbezüglich geäussert (vgl. RB vom 12. Januar 2021 [Prot. Nr. 2/2021]. Demnach liegt das Interesse für die Erstellung von Ladeinfrastrukturen bei den Photovoltaik-Besitzenden bzw. den Netzbetreibenden. Die Ladeinfrastruktur ist ein Geschäftsmodell von privaten Stromunternehmen.

Zu Frage 6: Mit dem Netto-Null-Ziel trägt der Bundesrat den jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnissen des Weltklimarats (IPCC) Rechnung, dass bereits ab einer durchschnittlichen Klimaerwärmung von 1,5 Grad mit gravierenden Folgen für Mensch und Artenvielfalt zu rechnen ist. Eine nachhaltige Energienutzung und Steigerung der Energieeffizienz sowie der Ausbau erneuerbarer Energien ist unumgänglich, um die Versorgungssicherheit mit Energie gewährleisten zu können. In der Energiestrategie 2050 hat der Kanton Graubünden ein Zubauziel von 1460 GWh für sämtliche erneuerbaren Energien erhalten. Davon sind 200 GWh aus Photovoltaik und 200 GWh aus Windkraft vorgesehen, das restliche Wachstum soll mit Wasserkraft erbracht werden.

15. Oktober 2021