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Session: 03.09.2022

Schon seit längerem werden Slow-up-Veranstaltungen gesamtschweizerisch durchgeführt und in diesem Jahr findet in Graubünden auf der Albulastrecke am 4. September mit dem Mountain Albula eine Veranstaltung statt, die mit der Aktion die Bevölkerung auf den Genuss von autofreien Bewegungsmöglichkeiten aufmerksam macht. Die Slow-up-Veranstaltungen werden zusammen mit der jeweiligen Tourismusregion durchgeführt und sind für die Regionen eine Attraktion, die Menschen aus und in der Region für den Besuch der autofreien Zone begeistern.

Der Kanton Graubünden kann mit diesen autofreien Erlebnistagen eine Sensibilisierung der Bevölkerung für autofreie Verkehrsmöglichkeiten, ein Kennenlernen verschiedener Tourismusregionen ohne MIV und eine realitätsnahe Prüfung des ÖV-Netzes unter Mehrbelastung bewirken.

Gemäss dem Slow-up-Veranstaltungskalender ist im 2023 in Graubünden keine einzige autofreie Veranstaltung geplant, was für den Ferienkanton Graubünden bedauerlich ist.

Im Hinblick auf die Klimakrise ist ein stärkeres Engagement für energiearme Mobilitätsstrategien Aufgabe der Politik und muss auch im Kanton Graubünden prioritär behandelt werden.

Die Unterzeichnenden stellen der Regierung in Bezug auf die Realisierung von autofreien Sonntagen folgende Fragen:

  1. Wie kann der Kanton einen Beitrag zur Umsetzung von autofreien Sonntagen in den Gemeinden und Regionen leisten?
  2. Gibt es im Rahmen vom Aktionsplan Green Deal Möglichkeiten, autofreie Sonntage umzusetzen und dafür Unterstützung zu gewährleisten?
  3. Sieht der Kanton autofreie Sonntage als politischen Beitrag zur Klima- und Energiekrise sowie zur Förderung des ÖVs?
  4. Kann mit autofreien Sonntagen ein Mehrwert für touristische Attraktionen in den Regionen und Gemeinden evaluiert werden?

Chur, 3. September 2022

Bischof, Mazzetta, Bavier, Atanes, Bachmann, Bardill, Baselgia-Brunner, Biert, Bleuler-Jenny, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Crameri (Igis), Degiacomi, Dietrich, Gredig, Hoch, Hofmann, Kaiser, Kreiliger, Nicolay, Perl, Preisig, Rusch Nigg, Rutishauser, Wilhelm

Antwort der Regierung

Der Kanton kann vorübergehende Verkehrsbeschränkungen im Sinne von sogenannten slowUp-Veranstaltungen erlassen. Im Jahr 2022 wurden etwa in Zuoz oder auf dem Albula slowUp-Veranstaltungen durchgeführt. Für ihre Durchführung müssen zwei verschiedene Bewilligungen beantragt werden; zum einen eine Bewilligung der Kantonspolizei für Veranstaltungen auf öffentlichen Strassen (Art. 52 und 72 Strassenverkehrsgesetz [SVG; SR 741.01]), welche in erster Linie Sicherheitsaspekte regelt. Zum anderen ist eine Bewilligung für den gesteigerten Gemeingebrauch, d. h. für die Strassensperre, erforderlich. Diese wird für die Kantonsstrassen durch das Tiefbauamt (Art. 12 Strassengesetz des Kantons Graubünden [StrG; BR 807.100]) und für Gemeindestrassen durch die Gemeinden erteilt. Auf den sog. Durchgangsstrassen gemäss Durchgangsstrassenverordnung (SR 741.272) kann der Bund jedoch eine Offenhaltungserklärung abgeben. Der Kanton kann somit nur mit Einverständnis des Bundes vorübergehende Verkehrsbeschränkungen anordnen. Bei der Interessenabwägung ist entscheidend, wie gross das entsprechende Gebiet ist (einzelne Strecke, ganze Gemeinde, ganze Region, ganzer Kanton), wie lange die vorübergehende Verkehrsbeschränkung dauert und wie gross das betroffene Strassennetz ist. Je grösser der Eingriff, umso eher wird die Funktion der Durchgangsstrassen eingeschränkt und somit der Bund bzw. das Bundesamt für Strassen ASTRA damit nicht einverstanden sein. Ein Alleingang durch den Kanton Graubünden ist flächendeckend nicht möglich und käme nur auf den nicht in der Durchgangsstrassenverordnung aufgeführten Strassen in Betracht. Dabei handelt es sich meist um peripher gelegene Strassen sowie Gemeindestrassen. Betroffen wären vor allem abgelegene Regionen, welche bereits heute nur über ein minimales ÖV Angebot verfügen. Die Feinverteilung findet dabei meist mit Postautos statt, welche ebenfalls von den Verkehrsbeschränkungen betroffen wären.

Zu Frage 1: Durch die Bewilligung von Gesuchen für slowUp-Veranstaltungen (wie bisher praktiziert) oder evtl. durch den Erlass von zeitlich befristeten Verkehrsbeschränkungen auf einem Teil des Strassennetzes kann der Kanton einen Beitrag zur Umsetzung von autofreien Sonntagen in den Gemeinden und Regionen leisten, wobei die kantonale Kompetenz auf den Strassenabschnitten, die in der Durchgangsstrassenverordnung enthalten sind und auf denen an sich der grösste Teil der Fahrleistung von Motorfahrzeugen anfallen würde, stark eingeschränkt ist.

Zu Frage 2: Nein. Massnahmen des Aktionsplans Green Deal (AGD) und ihre Förderung sollen gemäss dem überwiesenen Auftrag Wilhelm wirksam sein, müssen sich also primär an ihrer Wirkung bemessen. Autofreie Sonntage in kleinräumigen Gebieten sind für den Klimaschutz von untergeordneter und entsprechend geringer Bedeutung.

Zu Frage 3: Nein. Zwar würden an einem schweizweiten autofreien Sonntag zusätzliche Personen den ÖV (Bahn) benutzen und ein Teil davon würde möglicherweise auch im Alltag wieder mehr den ÖV berücksichtigen. Die mit einem nationalen autofreien Sonntag erzielbare Einsparung würde weniger als 1/365 der jährlichen CO2-Emissionen bzw. des jährlichen Energieverbrauchs des Strassenverkehrs betragen. Über alle Verursacher gerechnet wäre das etwa ein Promille. Die Wirkung von slowUp-Veranstaltungen in kantonaler Kompetenz wäre aber viel geringer, weil sie nur einen kleinen und bezüglich Verkehrsaufkommen untergeordneten Teil des Strassennetzes betreffen können. Solche vorübergehenden Verkehrsbeschränkungen haben einen Erlebniswert für die Teilnehmenden von slowUp-Veranstaltungen, sind aber zur Erreichung des nötigen CO2-Absenkpfads nicht geeignet. Von solchen in kantonaler Kompetenz liegenden slowUp-Veranstaltungen kann der ÖV denn auch höchstens punktuell profitieren.

Zu Frage 4: Es ist unbestritten, dass wegen der fehlenden Autos auf der Strasse die Atemluft von Schadstoffen befreit wird und Freiräume für den Fuss- und Veloverkehr geschaffen werden. Dies kann kurzzeitig die Lebensqualität positiv beeinflussen und auch touristisch attraktiv sein. Diesem Effekt stehen aber am betreffenden Tag auch potenzielle Einnahmeausfälle in der lokalen und regionalen Wirtschaft sowie die vielfach mit dem eigenen Fahrzeug anreisenden Gäste gegenüber.

14. Oktober 2022