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Session: 19.10.2022

Aufgrund der demografischen Struktur der Bevölkerung herrscht in Graubünden ein Arbeitskräftemangel, der sich zukünftig noch verschärfen wird. Seit einiger Zeit befasst sich auch das Wirtschaftsforum Graubünden mit der Thematik. So publizierte es im September 2022 einen Bericht «Personal- und Fachkräftemangel in Graubünden: Perspektiven und Massnahmenvorschläge», wobei die Erhöhung der Arbeitsstunden der Bündner Wohnbevölkerung, die Verbesserung des Pendlersaldos sowie die Verbesserung des Wanderungssaldos als sinnvolle Strategien zugrunde gelegt wurden. Als geeignete Massnahmen, welche massgeblich durch den Kanton umgesetzt werden könnten, werden vorgeschlagen (z. T. bereits in Erarbeitung respektive Umsetzung):

  • Schaffung finanzieller Anreize für eine weitere Erwerbstätigkeit im Rentenalter
  • Verpflichtung der Gemeinden zum Ausbau der familienergänzenden Kinderbetreuung
  • Gewährung eines höheren Kinderbetreuungsabzugs bei Kantonssteuern
  • Beschleunigung des Grenzverkehrs (v. a. Bernina- und Maloja-Pass)
  • Stärkung der Hochschulen in Graubünden (z. B. Campus FHGR)
  • Weitere gezielte Förderung bedürfnisorientierter Infrastrukturen und innovativer Produktentwicklung (Attraktivität der Freizeit- und Sportmöglichkeiten)
  • Prüfung, ob flächendeckende Hochbreitbandabdeckung für zukünftig zu erwartende Datenmenge und die ergriffenen Mass-nahmen in den Regionen ausreichen
  • Umschichtung der Steuerbelastung (z. B. stärkere Belastung der Liegenschaften zugunsten einer tieferen Einkommenssteuer; tieferer Steuersatz für gewerblich genutzte Liegenschaften als für Wohnnutzungen)
  • Nutzung des Potenzials von Studierenden aus Drittstaaten durch Anpassung der Zulassungspraxis für Nebenerwerbstätigkeit an Weisungen des Bundes
  • Unterstützung des Angebots von Graubünden-Benefits für alle Arbeitnehmenden
  • Paradigmenwechsel im kantonalen Standortmarketing (neben Fokussierung auf Unternehmen auch auf potenzielle Arbeitskräfte)
  • Monitoring der Arbeitsmarktentwicklung
  • Vorantreiben von E-Government in der öffentlichen Verwaltung
  • Förderung von Prozess- und Geschäftsmodellinnovationen

Die Unterzeichnenden bitten die Regierung mitzuteilen,

  1. welche der oben erwähnten Vorschläge in welchem Zeitrahmen weiterverfolgt werden (Antworten in Tabellenform ausreichend);
  2. weshalb Vorschläge nicht weiterbearbeitet werden und weshalb sie aus Sicht der Regierung nicht zielführend sind;
  3. welche weiteren Vorschläge betreffend Arbeits- und Fachkräftemangel in welchem Zeitrahmen bearbeitet werden.

Chur, 19. Oktober 2022

Kappeler, Loepfe, Baselgia, Badrutt, Bardill, Bavier, Bettinaglio, Biert, Bischof, Bleuler-Jenny, Brunold, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Collenberg, Danuser (Chur), Derungs, Dietrich, Epp, Gansner, Gartmann-Albin, Heini, Hoch, Kreiliger, Mani, Messmer-Blumer, Michael (Castasegna), Oesch, Rageth, Schutz, von Ballmoos, Widmer, Zanetti (Sent)

Antwort der Regierung

Die Regierung hat das Thema Arbeits- und Fachkräftemangel als zentrale Herausforderung für den Kanton Graubünden erkannt und im Regierungsprogramm 2021–2024 abgebildet. Die Regierung ist sich bewusst, dass die Linderung des Arbeits- und Fachkräftemangels eine langfristige und komplexe Herausforderung darstellt, welche nur durch gemeinsame Anstrengungen aller Anspruchsgruppen gemeistert werden kann. Entsprechend hat der Kanton im Rahmen der definierten Entwicklungsschwerpunkte eine Reihe von Massnahmen ergriffen, um einen Beitrag zur Linderung des Arbeits- und Fachkräftemangels in Graubünden zu leisten. Den Auftrag der SP-Fraktion betreffend eine Fachkräfte-Initiative für Graubünden hat der Grosse Rat in der Aprilsession 2022 abgelehnt.

Die halbprivate Stiftung Wirtschaftsforum Graubünden ist als "Denkwerkstatt" zu verstehen. Insofern dienen die erarbeiteten Studien des Wirtschaftsforums Graubünden den verschiedenen Akteuren in Graubünden als Denkanstösse in verschiedenen für den Standort Graubünden relevanten Themen.

Der Stiftungsrat des Wirtschaftsforums Graubünden hat im Rahmen der Themenauswahl einen Bericht zum Arbeits- und Fachkräftemangel auf die Agenda 2022 gesetzt. Der Bericht macht eine Reihe von Massnahmenvorschlägen, um dem Arbeits- und Fachkräftemangel exemplarisch und konzeptionell entgegenzuwirken. Einerseits handelt es sich um Massnahmen zur Erhöhung des Arbeitskräfteangebots, andererseits um Massnahmen zur Verringerung des Arbeitskräftebedarfs. Weiter ordnet der Bericht die Massnahmen verschiedenen Anspruchsgruppen zu (Bund; Kanton, Gemeinden; Unternehmen, Verbände). Von den 28 formulierten Vorschlägen betreffen 13 die Anspruchsgruppe «Kanton, Gemeinden».

Zu Fragen 1 bis 3: Die Regierung hat die Studie des Wirtschaftsforums Graubünden mit Interesse zur Kenntnis genommen. Die Erkenntnisse des Berichts bestärken die Regierung darin, die Zielsetzungen und Massnahmen gemäss Regierungsprogramm 2021–2024 weiter voranzutreiben. Verschiedene Massnahmen wurden eingeleitet oder sind bereits umgesetzt, u.a.:

  • Teilrevision Gesetz über Hochschulen und Forschung (GHF; BR 427.200) als Grundlage für weitere Ausbildungsangebote an der Fachhochschule Graubünden (ES 3.2)
  • Teilrevision des Gesetzes über die Berufsbildung und weiterführende Angebote (BwBG; 430.000), insbesondere betreffend Positionierung Höhere Fachschulen
  • Umsetzung des Fachhochschulzentrums (ES 3.2), Volksabstimmung Frühjahr 2023
  • Promotion des Arbeits- und Lebensraums Graubünden im Rahmen der Markenkampagne Enavant 4.0 (ES 4.1)
  • Förderung der Standortattraktivität mittels lokalen oder regionalen Bewegungs- und Sportnetzen (ES 4.2)
  • Stärkung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Rahmen der laufenden Totalrevision des Gesetzes über die familienergänzende Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (ES 4.3)
  • Umsetzung der kantonalen Kinder- und Jugendpolitik 2020–2022 (ES 4.3)
  • Einführung des Halbstundentakts auf den wichtigsten öV-Linien im Kanton und zwischen Zürich und Chur (ES 7.2)
  • Umsetzung des kantonalen Förderkonzepts für den Ausbau von Ultrahochbreitband durch die Regionen (ES 12.1)
  • Förderung von Vorhaben zur Veränderung von Prozessen, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen mittels Einsatzes digitaler Technologien zwecks Erzielung von Effizienzvorteilen im Rahmen des Vollzugs des Gesetzes zur Förderung der digitalen Transformation in Graubünden (GDT; 960.100) (ES 12.1)
  • Prüfung der Zulassung von Studierenden aus Drittstaaten für Teilzeitjobs
  • Grundlagenstudie zu Bedürfnissen von Mitarbeitenden im Tourismus betreffend Arbeitszeitmodelle

Die Linderung des Arbeits- und Fachkräftemangels ist eine Verbundaufgabe, welche langfristig und durch alle Anspruchsgruppen anzugehen ist. Die Regierung wird dieses Thema auch im Rahmen der Erarbeitung des Regierungsprogramms 2025–2028 prüfen und wo angezeigt angemessen berücksichtigen.

22. Dezember 2022