Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage der Schulsozialpartner LEGR und VSLGR zeigt auf, dass der qualitative Lehrpersonenmangel auch im Kanton Graubünden angekommen ist. Der Umstand, dass beinahe sämtliche offenen Stellen besetzt werden konnten, verschleiert die Tatsache, dass im Bewerbungsverfahren der ausgeschriebenen Stellen oftmals keine oder nur eine unzureichende Auswahlmöglichkeit bestand. Ausserdem zeigte die Umfrage, dass in den einzelnen Schulhausteams zusätzliche Massnahmen ergriffen werden mussten. Dazu gehören zum Beispiel Pensenerhöhungen, Pensenumlagerungen, Streichung von Zusatzangeboten oder Lösungen mit Projektwochen statt Wochenlektionen. Solche personellen oder stundenplantechnischen Massnahmen sowie die generell erschwerten Bedingungen für die Stellenbesetzungen bedeuten insbesondere in den peripheren Regionen, in gewissen Stufen oder für spezifische Fächer für die Schulleitungen einen massiven Mehraufwand. Im laufenden Schuljahr verfügen zudem rund 400 Lehrpersonen nicht über ausreichende Qualifikationen.
Die Entwicklung, welche in den letzten Jahren in den urbanen Kantonen zu beobachten war, kann nun zeitversetzt auch in Graubünden festgestellt werden. Somit ist davon auszugehen, dass wir in den kommenden Jahren mit der Situation konfrontiert sein werden, dass vor allem in den Randregionen oder in den romanisch- und italienischsprachigen Gebieten nicht ausreichend qualifiziertes Lehrpersonal zu finden sein wird. Mögliche Massnahmen, um die Lehr- und Lernbedingungen zu verbessern, sind beispielsweise, dass Klassengrössen und -zusammensetzungen flexibler gestaltet werden können. Um vermehrt auch Wiedereinsteiger:innen für den Lehrberuf zurückzugewinnen, könnte durch den Kanton zusammen mit den anderen beteiligten Akteuren eine entsprechende Kampagne gestartet werden. Damit sie sich wieder stärker auf das Unterrichten konzentrieren können, sollen Lehrpersonen zudem in administrativen Belangen entlastet werden. Der Einsatz von Klassenhilfen kann auf alle Stufen der Volksschule ausgeweitet werden. Diese unterstützen die Lehrpersonen im Unterricht. Die pädagogische Verantwortung bleibt bei der Lehrperson. Mittels Monitoring soll eruiert werden, wie viele Lehr- und Fachpersonen jährlich ihren Arbeitsvertrag auflösen, wie viele Stellen nicht beziehungsweise mit nicht adäquat qualifizierten oder mit unqualifizierten Personen besetzt und wie viele Stellen von Studierenden beziehungsweise Pensionierten übernommen werden.
Die Unterzeichnenden zeigen sich erfreut darüber, dass auch in Graubünden auf Stufe Aus- und Weiterbildung in den kommenden Jahren Anpassungen und Neuerungen bei der Grundausbildung und den Masterstudiengängen gemacht werden. Ein breites Angebot der PHGR kann der Entwicklung mittelfristig teilweise entgegenwirken. Der Kanton Graubünden hat die Möglichkeit, zusätzlich zu agieren und dem Problem proaktiv entgegenzuwirken, bevor sich die Situation weiter verschärft und wir von einem qualitativen in einen quantitativen Lehrpersonenmangel rutschen.
Aus diesem Grund möchten die Unterzeichnenden von der Regierung wissen:
- Wie will Graubünden gegenüber anderen Kantonen bei der Rekrutierung von Lehrpersonen konkurrenzfähig bleiben? (Einige Kantone haben erste Massnahmen gegen den bestehenden und drohenden Lehrpersonenmangel umgesetzt und geplant.)
- Welche Massnahmen sind gegen den Lehrpersonenmangel konkret geplant?
- Wie sind diese Massnahmen zeitlich geplant?
Chur, 19. Oktober 2022
Rettich, Brunold, Lehner, Atanes, Bardill, Baselgia, Bavier, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Collenberg, Della Cà, Dietrich, Epp, Furger, Gartmann-Albin, Gredig, Hoch, Kaiser, Luzio, Mazzetta, Messmer-Blumer, Müller, Nicolay, Perl, Preisig, Rageth, Rusch Nigg, Rutishauser, von Ballmoos, Walser, Widmer, Wilhelm