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Session: 15.02.2023

Bereits vor mehr als zehn Jahren beschäftigte sich der Grosse Rat mit dem Thema Geldwäscherei im Bündner Immobilienhandel (Anfrage Müller [Davos Platz] betreffend Geldwäscherei im Bündner Immobilienhandel vom 1.9.2011). Anlass hierzu bildete der Jahresbericht 2010 des Bundesamtes für Polizei fedpol, welches eine hohe Anfälligkeit des schweizerischen Immobiliensektors auf Geldwäscherei erkannte. Wie ein Fall um einen Wohnungskauf in St. Moritz zeigt, ist dieses Thema heute nicht weniger aktuell. So war jüngst den Medien zu entnehmen, dass ein ehemaliger, unter schwerem Korruptionsverdacht stehender venezolanischer Vizeminister im Juli 2019 über das Betreibungs- und Konkursamt Maloja in St. Moritz eine Wohnung für 6 Millionen Franken ersteigern konnte. Dass über kantonale Behörden relativ einfach Geld gewaschen werden kann, ist weder im Interesse der Bürger/innen, der Gemeinden noch des Kantons.

Gemäss geltendem Recht (Art. 26 Abs. 2 EGzStPO) können Mitglieder von kantonalen Behörden und kantonale Mitarbeitende nur dann von Amtes wegen zu verfolgende strafbare Handlungen, von denen sie während ihrer amtlichen Tätigkeit erfahren haben, zur Anzeige bringen, wenn sie vorgängig von ihrer Aufsichtsbehörde vom Amtsgeheimnis entbunden wurden. Eine Meldepflicht gilt lediglich, wenn bereichsspezifische Regelungen dies vorsehen und nur für Delikte im jeweiligen Sachbereich.

Die Regelungen zeigen: Bei Verdacht auf Geldwäscherei kann ein Behördenmitglied – im obgenannten Fall der Konkursbeamte – dies nicht ohne Weiteres melden. Eine Situation, die nicht nur für die betroffenen Behördenmitglieder unbefriedigend ist, sondern auch für den Kanton Graubünden. Es muss im Interesse des Kantons sein, für Geldwäscherei unattraktiv zu sein. Ein vereinfachtes Melderecht für Behördenmitglieder bei Verdachtsfällen könnte dabei ein hilfreiches Instrument bilden.

Die Unterzeichnenden fordern die Regierung dazu auf:

  1. Handlungsspielräume des Kantons im Kampf gegen die Geldwäscherei aufzuzeigen;
  2. Gesetzeslücken in Bezug auf Geldwäscherei zu ermitteln und mögliche Revisionsvorschläge aufzuzeigen;
  3. Gesetzeslücken zu Melderechten und -pflichten für Behördenmitglieder über sachspezifische Delikte hinausgehend zu ermitteln und mögliche Revisionsvorschläge aufzuzeigen.

Chur, 15. Februar 2023

Rusch Nigg, Oesch, Preisig, Atanes, Bachmann, Bardill, Baselgia, Bavier, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Danuser (Chur), Degiacomi, Dietrich, Furger, Gansner, Gartmann-Albin, Gredig, Hoch, Hofmann, Kappeler, Kreiliger, Mazzetta, Müller, Nicolay, Pajic, Perl, Rageth, Rettich, Righetti, Rutishauser, Spagnolatti, von Ballmoos, Zaugg-Ettlin

Antwort der Regierung

Die Zuständigkeit zur Gesetzgebung bei der Bekämpfung der Geldwäscherei liegt in erster Linie beim Bund. Auf Bundesebene sind verschiedene Verfahren im Gang, welche auf griffigere Instrumente zur Verhinderung von Geldwäscherei abzielen. Mit der Interpellation Dandrès (Nationalrat 22.3693: Geldwäscherei mittels Scheinbetreibungen) vom 16. Juni 2022 soll die uneingeschränkte Pflicht des Betreibungsamts zur Entgegennahme von Zahlungen in Art. 12 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG; SR 281.1) mit dem Verbot der Entgegennahme von Barzahlungen von mehr als 100 000 Franken ergänzt werden. Sodann arbeitet das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) gemäss aktuellen Medienberichten an einer Vorlage für die Ausweitung des Geldwäschereigesetzes (GWG; SR 955.0) auf Notarinnen und Notare bzw. Anwältinnen und Anwälte, welche künftig als Finanzintermediäre gelten und damit den gleichen Prüfungspflichten nach GWG wie die Mitarbeitende von Finanzinstitutionen und Händlerinnen und Händler unterstellt werden sollen. Mit diesen Massnahmen würden Lücken im GWG geschlossen und weitere wichtige Player im Immobilienhandel dem Gesetz unterstellt. Diese Bestrebungen auf Bundesebene sind grundsätzlich zu begrüssen und zu unterstützen.

Zu Punkt 1: Es besteht allgemein wenig bis kein Spielraum, die Geldwäscherei auf kantonaler Ebene durch eine kantonale gesetzliche Regulierung zu bekämpfen. Die bestehenden Instrumente des Bundesrechts zur Kontrolle des Zahlungsverkehrs, etwa das GWG, das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG; SR 211.412.41) oder die Bestimmung zur Bekämpfung der Geldwäscherei in Art. 305bis StGB werden durch die zuständigen kantonalen Stellen im Kanton konsequent angewendet. Handlungsspielraum besteht bei der Sensibilisierung der Mitarbeitenden von kantonalen Amtsstellen aller Stufen bezüglich der Problematik der Geldwäscherei.Weitere aus Sicht der Ermittlungsbehörden sinnvolle Handlungsfelder im Kanton würden Eingriffe bei reinen Verdachtsfällen in Bereichen voraussetzen, die nicht ohne Grund generell durch den Datenschutz und konkret durch das Steuer-, Banken- und Amtsgeheimnis gut geschützt sind.

Zu Punkt 2: Gesetzeslücken im kantonalen Recht in Bezug auf die Geldwäschereiproblematik sind nicht ersichtlich. Allenfalls sind gewisse Anpassungen der bestehenden Regelungen sinnvoll (vgl. Punkt 3). Die Schaffung von besonderen kantonalen Regelungen sind in Anbetracht des bundesrechtlichen Instrumentariums vorgängig detailliert auf Zulässigkeit, Nutzen und Verhältnismässigkeit zu prüfen.

Zu Punkt 3: Auf kantonaler Ebene wurde bei der Einführung von Art. 26 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Strafprozessordnung (EGzStPO; BR 350.100) auf eine generelle Anzeigepflicht für Angestellte bewusst verzichtet, da sich in diesem Zusammenhang einerseits heikle Fragen zum Amts- und/oder Berufsgeheimnis stellen und andererseits die Verwaltung damit einer schwierigen Gratwanderung zwischen übermässigen Strafanzeigen und dem ständigen Vorwurf der strafrechtlichen Begünstigung ausgesetzt würde (vgl. die Botschaft zur Umsetzung Schweizerische Straf- und Zivilprozessordnung auf Gesetzesstufe vom 23. März 2010, Heft Nr. 13/2009-2010, S. 795 ff., S. 860). Der Grosse Rat hat sich im Rahmen der Beratung der Botschaft der Auffassung der Regierung diskussionslos angeschlossen, auf eine Anzeigepflicht zu verzichten und stattdessen ein allgemeines Anzeigerecht zu verankern. Dieses allgemeine Anzeigerecht wird im kantonalen Recht bisweilen durch bereichsspezifische Anzeigepflichten ergänzt. Anzeigepflichten sind nur zielführend, wenn die Dienststellen und ihre Mitarbeitenden auf diese Sachbereiche spezialisiert sind. Andernfalls fehlt es am notwendigen Fachwissen, um strafbares Handeln zu erkennen oder zu beurteilen. Bezüglich Geldwäscherei sind die im Kanton betroffenen Stellen nicht spezialisiert, weshalb von der Einführung einer Anzeigepflicht abzusehen ist. Ein Anzeigerecht besteht bereits. Prüfenswert ist, ob die zurzeit vorgesehene Entbindung vom Amtsgeheimnis in dieser Form noch zeitgemäss ist. Dies umso mehr, als davon auszugehen ist, dass einem Gesuch auf Entbindung vom Amtsgeheimnis bei Offizialdelikten ohnehin stattgegeben wird.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

3. Mai 2023