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Session: 15.02.2023

Anfang Dezember erfuhren wir, dass der Ständerat nach dem Ja des Nationalrats eine Motion gutgeheissen hat, die eine Amnestie für Gebäude vorsieht, die vor mehr als 30 Jahren ausserhalb von Bauzonen erstellt wurden. Der Entscheid gilt übrigens nicht nur für Graubündner Maiensässe, sondern auch für Walliser Chalets und Tessiner Maiensässe.

Auch als Folge dieser Entscheidung auf Bundesebene hat das Thema in den Alpentälern einen raschen Aufschwung erfahren, und mehrere regionale Entwicklungsagenturen haben sich bereits für die Förderung, Sensibilisierung und Aufwertung von Gebäuden ausserhalb der Bauzone eingesetzt.

Diese Nachricht zeigt, wie wichtig es ist, sich intensiver mit dem Thema der rustikalen Gebäude zu befassen, und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Ansprüche, sondern auch unter dem Aspekt der Chancen, die sie für die Zukunft der Vorstädte bieten können. Wir wissen sehr wohl, dass dieses Erbe aus verschiedenen Gründen heute ernsthaft gefährdet ist (landwirtschaftliche Gebäude von grossem historischen, architektonischen und landschaftlichen Wert, die jetzt nicht mehr genutzt werden, verfallen unaufhaltsam): es ist daher unerlässlich, alles zu tun, um zu retten, was zu retten ist.

Um dieses Ziel zu verfolgen, ist unseres Erachtens ein Umdenken in Bezug auf Bauten ausserhalb der Bauzone erforderlich: Renovationsarbeiten, die einen konservativen Charakter haben und/oder mit einer Nutzungsänderung einhergehen, müssen begünstigt und gefördert werden, weil sie zum Schutz der Landschaft beitragen, und dürfen nicht – wie dies derzeit der Fall ist – als Ausnahmen betrachtet (oder gar durch eine allzu kompromisslose Haltung behindert) werden. Dieser neue Ansatz ist auch deshalb gerechtfertigt, weil das Gebäude ausserhalb der Bauzone ein Erbe an Werten, Ressourcen und Wissen ist, das für die Zukunft abgelegener Gebiete, für das Wohlergehen der Bürger und für die Entwicklung neuer Angebote im Zusammenhang mit einem nachhaltigen Tourismus und der Wirtschaft des Primärsektors wichtig ist. Die Berge müssen in einer dynamischen Weise gesehen werden, die Tradition, Schutz, Aufwertung, aber auch Innovationsgeist verbinden.

Schliesslich stehen die Bauern für die Art und Weise, wie es unseren Vorfahren gelungen ist, eine funktionale, aber auch harmonische Beziehung zum Land zu haben, indem sie sich anpassten und sogar geniale Lösungen fanden, um unter oft widrigen Bedingungen leben und arbeiten zu können. Es ist daher unsere Pflicht, dieser Beziehung zum Land Kontinuität zu verleihen – mit offensichtlichen Anpassungen an die sich entwickelnde Gesellschaft.

Unserer Meinung nach ist es daher an der Zeit, den derzeitigen Rechtsrahmen zu überarbeiten, damit der gesunde Menschenverstand die Oberhand über die Anwendung von Rechtsgrundsätzen gewinnt, die zwar auf dem Papier korrekt sind, aber nichts mit der Würde unserer Berge und der Menschen zu tun haben, die einst in ihnen lebten. Der betreffende Gesetzesartikel ist, wie Sie wissen, Artikel 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (und dessen Verordnung). Natürlich müssen die Vorschriften immer streng und präzise sein, um Eingriffe zu ermöglichen, die die traditionellen architektonischen Formen respektieren; aber es ist wichtig, auch den ländlichen Gebäuden ausserhalb der Bauzone einen landschaftlichen und kulturellen Wert zuzuerkennen, in dem Mensch und Natur eine positive und respektvolle Beziehung haben.

In der Hoffnung, dass die Regierung die geäusserten Bedenken und die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels im Bereich der Bewirtschaftung des Bodens ausserhalb der Bauzone teilt, ersuchen wir die Bündner Regierung, bei der Konferenz der Alpenkantone vorstellig zu werden und sich – über die entsprechenden Deputationen bei den eidgenössischen Räten – für eine Revision des Raumplanungsgesetzes einzusetzen, die den in diesem parlamentarischen Vorstoss vorgestellten Absichten entspricht.

Chur, 15. Februar 2023

Censi, Crameri, Salis, Adank, Altmann, Beeli, Berweger, Brandenburger, Bundi, Candrian, Claus, Della Cà, Derungs, Dürler, Favre Accola, Feuerstein, Furger, Gansner, Grass, Haltiner, Hartmann, Heim, Heini, Hohl, Hug, Jochum, Kienz, Koch, Kohler, Laim, Lamprecht, Loepfe, Loi, Luzio, Maissen, Mani, Menghini-Inauen, Messmer-Blumer, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Natter, Pfäffli, Righetti, Rodigari, Roffler, Sax, Schutz, Spagnolatti, Stiffler, Tanner, Thür-Suter, von Tscharner, Weber, Wieland, Zanetti (Sent)

Antwort der Regierung

Der im vorliegenden Auftrag thematisierte Umgang mit landwirtschaftlichen Bauten ausserhalb der Bauzonen, die aufgrund des landwirtschaftlichen Strukturwandels funktionslos geworden sind, war in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand der laufenden Debatte zur zweiten Etappe der Revision des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG 2).

In diesem Zusammenhang ist an die aufgrund des in der Aprilsession 2016 überwiesenen Auftrags Crameri betreffend Bauten ausserhalb der Bauzone mittels Beschlusses der Regierung vom 3. Mai 2016 (Prot. Nr. 441/2016) bei der Bundesversammlung eingereichte Standesinitiative des Kantons Graubünden zu erinnern. Nach dieser sollte der in Art. 24c RPG geregelte Bestandesschutz für die ausserhalb der Bauzone gelegenen Bauten (BAB) dahingehend erweitert werden, dass landwirtschaftlich nicht mehr benötigte Bauten unter Wahrung ihrer Identität und im Rahmen der bestehenden Erweiterungsmöglichkeiten massvoll zur Wohnnutzung umgenutzt werden können. Beide eidgenössischen Räte beschlossen, der Standesinitiative keine Folge zu geben (vgl. Curia Vista 16.308).

Das entsprechende Anliegen einer Lockerung der BAB-Bestimmungen wurde allerdings von der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK‑S) in ihrer Vorlage zu RPG 2 wieder aufgegriffen. Demnach sollte den Kantonen die Kompetenz eingeräumt werden, in bestimmten Gebieten die Umnutzung von nicht mehr benötigten landwirtschaftlichen Bauten zu Wohnzwecken zu ermöglichen (Art. 8c Abs. 1bis E-RPG). Die Regierung hatte diese Bestimmung – in Übereinstimmung mit der Regierungskonferenz der Gebirgskantone (RKGK) – im Rahmen ihrer Vernehmlassung an die UREK-S ausdrücklich begrüsst und darauf hingewiesen, dass sie im Sinne der damaligen Standesinitiative sei (Regierungsbeschluss vom 7. September 2021, Prot. Nr. 820/2021). Am 16. Juni 2022 hat der Ständerat der Regelung zugestimmt (vgl. Curia Vista 18.077)

Gemäss Medienmitteilung vom 29. März 2023 hat nun aber die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (UREK-N) Art. 8c Abs. 1bis E-RPG aus der vom Nationalrat zu behandelnden RPG 2-Vorlage wieder gestrichen. Gleichzeitig fügt sie aber in Art. 24c RPG eine neue Bestimmung ein, die es ermöglichen soll, altrechtliche Bauernhäuser mitsamt angebauten Ökonomiebauten vollständig und dauerhaft zu Wohnzwecken zu nutzen, sofern eine ausreichende Erschliessung vorhanden ist.

Die Regierung wird sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass die kantonalen Besonderheiten in RPG 2 Berücksichtigung finden und insbesondere die letztgenannte Neuregelung der UREK-N auch für landwirtschaftliche Bauten auf Maiensässstufe gelten. Der heutige und künftige Rechtsrahmen, dessen Ausgestaltung letztlich noch nicht definitiv ist, bleibt jedoch die einzige Leitlinie für das Handeln der kantonalen Behörden.

Unabhängig von der Debatte um RPG 2 ist im Übrigen anzumerken, dass landwirtschaftliche Wohnbauten bereits nach geltendem Recht zu nichtlandwirtschaftlichen Wohnzwecken genutzt und massvoll erweitert werden können. Vom grundsätzlichen Umnutzungsverbot von reinen Stallbauten sieht das Bundesrecht ebenfalls bereits in dreifacher Hinsicht Ausnahmen vor, nämlich für: Gruppen von mindestens fünf Stallbauten in Erhaltungszonen (Art. 33 Raumplanungsverordnung, RPV; SR 700.1), verstreute Stallbauten, die landschaftsprägend sind (Art. 39 Abs. 2 RPV) und schützenswerte Stallbauten (Art. 24d Abs. 2 RPG). Diese bestehenden Möglichkeiten sollten die Gemeinden in ihren Planungen nicht ausser Acht lassen.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

19. April 2023