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Session: 15.06.2023

Die EU-Gesetzgebung für Drohnen wird in der Schweiz ab 1.1.2023 übernommen, bis 31.8.2023 gilt noch eine Übergangsfrist, während dieser noch nach alter Gesetzgebung geflogen werden kann.

Für die Forschung im Gebirge sind dabei vor allem folgende gesetzliche Neuerungen extrem einschneidend und gefährden die Erfüllung von Leistungsvereinbarungen und Aufträgen:

  • Flughöhe von 120 m über dem Gelände darf nicht überschritten werden.
  • Es dürfen bereits ab der Gewichtsklasse > 900 g (A2) in der offenen Kategorie keinerlei unbeteiligte Personen überflogen werden.
  • Mindestabstand vom 150 m zu Wohn-/Gewerbe-/Industrie- und Erholungsgebieten.

Aufgrund der gesetzlichen Neuerungen ist ein sinnvoller und effizienter Einsatz von Vermessungsdrohnen in den Bergen nicht mehr möglich. Am SLF in Davos, Teil der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL und damit des ETH-Bereichs, werden seit 2015 Drohnen sehr erfolgreich für die Forschung und für praktische Anwendungen eingesetzt. Dazu gehören folgende Einsätze:

  • Überwachung von potenziellen Schadensereignissen (Bergstürze, Lawinen, Murgänge, Steinschläge), oft auch im Auftrag des AWN Kanton Graubünden, von Gemeinden oder Ämtern anderer Gebirgskantone (z. B. am Piz Buin Pitschen oder in Brienz).
  • Dokumentation von Ereignissen (Lawinen, Murgänge, Steinschläge, Bergstürze, Sturmschäden), oft im Auftrag des Kantons oder von Ingenieurbüros.
  • Kartierung der Schneehöhenverteilung für die Planung und Evaluation von Lawinenschutzbauten, ebenfalls oft im Auftrag des Kantons, von Gemeinden oder Ingenieurbüros.
  • Zahlreiche Forschungsprojekte, welche für die Kalibrierung und Validierung von Modellen auf präzise Drohnenvermessungen angewiesen sind.

Zwar soll es laut BAZL möglich sein, spezielle Bewilligungen (z. B. PDRA oder SORA) zu beantragen. Allerdings ist dieser Prozess zurzeit sehr unklar, da wichtige Informationen seitens BAZL fehlen. Effiziente Befliegungen sind jedoch nicht möglich, wenn für jeden (auch wetterabhängigen) Flug in einem bürokratischen Prozess eine Bewilligung eingeholt werden muss. Die Gefahr besteht nun, dass das SLF Aufträge für Praxis und Forschung ab September 2023 nicht mehr erfüllen kann, da zum aktuellen Zeitpunkt auch nicht bekannt ist, wie es mit verhältnismässigem Aufwand und innerhalb sinnvoller Frist zu Bewilligungen kommt.

Die Unterzeichnenden fragen die Bündner Regierung an:

  1. Ist diese Problematik und die damit einhergehende Einschränkung der Forschungsaktivität im Kanton Graubünden wie der technischen Drohnen-Entwicklung im Allgemeinen der Bündner Regierung bekannt?
  2. Ist die Bündner Regierung bereit, sich beim BAZL dafür einzusetzen, dass dieses die für die Gebirgsländer notwendigen Gesetzesrevisionen der EU-Gesetzgebung Drohnen beantragt?
  3. Ist die Regierung bereit, sich beim BAZL für eine unkomplizierte und möglichst dauerhafte Ausnahmebewilligung für Forschungsinstitute oder für ein pragmatisches Meldeverfahren einzusetzen, damit diese ihren (auch öffentlichen) Aufträgen und Leistungsvereinbarungen nachkommen können?

Klosters, 15. Juni 2023

Favre Accola, Wilhelm, Mani, Adank, Atanes, Bärtsch, Bavier, Beeli, Bergamin, Berweger, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Brandenburger, Brunold, Bundi, Butzerin, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Candrian, Casutt, Cola Casaulta, Cortesi, Danuser (Cazis), Degiacomi, Della Cà, Derungs, Dietrich, Dürler, Epp, Föhn, Furger, Gansner, Gartmann-Albin, Gort, Grass, Gredig, Hartmann, Hoch, Hofmann, Hug, Krättli, Kreiliger, Lamprecht, Lehner, Loepfe, Luzio, Menghini-Inauen, Morf, Preisig, Rageth, Rauch, Roffler, Rusch Nigg, Rutishauser, Said Bucher, Salis, Sax, Schutz, Sgier, Stocker, Tanner, von Ballmoos, von Tscharner, Wieland, Zanetti (Sent)

Antwort der Regierung

Gemäss dem Bundesgesetz über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG; SR 748.0) hat der Bundesrat die Aufsicht über die Luftfahrt in der gesamten Schweiz. In seiner Zuständigkeit liegt zudem der Abschluss internationaler Vereinbarungen über den grenzüberschreitenden Luftverkehr oder über die technische Sicherheit in der Luftfahrt. Die Schweiz und die Europäische Union (EU) regeln im Rahmen des bilateralen Luftverkehrsabkommens den international ausgerichteten Luftfahrtsektor einheitlich und über einen gemischten Ausschuss. Dieser hat am 24. November 2022 mit Zustimmung des Bundesrats die Übernahme der EU-Vorschriften für unbemannte Luftfahrzeuge (Drohnen, Modellflugzeuge und unbemannte Luftfahrzeuge anderer Kategorien) beschlossen. Die neuen Vorschriften beinhalten unter anderem Sicherheitsstandards für die Herstellung, Zulassung und den Betrieb von Drohnen. Dazu gehören maximale Flughöhen, Gewichtslimiten, Gebietseinschränkungen sowie Vorschriften in den Bereichen Umweltschutz, Schutz der Privatsphäre und Sicherheit. Eine der bedeutenderen Neuerungen für Drohnenpilotinnen und Drohnenpiloten ist die Unterteilung der Fluggeräte in drei Kategorien "offen", "speziell" und "zulassungspflichtig" – abhängig vom Betriebsrisiko. Ab der Einstufung "speziell" bedarf es einer Bewilligung des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL).

Zu Frage 1: Die Übernahme der EU-Drohnenregulierung ermöglicht der exportorientierten Schweizer Drohnenindustrie den internationalen Marktzugang und erlaubt die gegenseitige Anerkennung von Bewilligungen, was der Standortattraktivität der Schweiz mit vielen Startups förderlich ist. Gleichzeitig bringen die mit der EU harmonisierten Vorgaben für einige Anwendungsbereiche Einschränkungen mit sich und verursachen Zusatzaufwand. Das BAZL hat deshalb im Vorfeld unter Einbezug der Kantone die betroffenen Anspruchsgruppen mittels verschiedenen Schulungsformaten über die Neuerungen informiert. Mit diversen Hilfsmaterialien und Beratungsleistungen vereinfacht und beschleunigt das BAZL zudem den Antragsprozess. Verschiedenste Akteure aus dem Bereich der Geomatik und aus anderen Branchen haben in den vergangenen Monaten für ihren speziellen Drohnenbetrieb Anträge beim BAZL eingereicht und hierauf in einem iterativen Prozess generelle Betriebsbewilligungen für ein oder gar zwei Jahre erhalten. Es ist deshalb nicht zutreffend, dass für jede einzelne Flugoperation ein Bewilligungsantrag bei der Bundesbehörde gestellt werden muss. Das zum ETH-Bereich gehörende WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos hat sich laut BAZL im November 2022 über das neue Bewilligungsregime erkundigt und hierauf eine Amtsauskunft erhalten. Seit diesem Zeitpunkt ist das SLF gemäss Auskunft des BAZL nicht mehr mit dem Bundesamt in Kontakt getreten und hat auch keinen Antrag für eine Betriebsbewilligung eingereicht. Es ist folglich unklar, inwiefern das SLF seinen Drohnenbetrieb an die neuen Bestimmungen angepasst hat.

Zu Frage 2: Die Schweiz konnte sich auch als Nicht-EU-Mitglied an den langjährigen Arbeiten einer umfassenden europäischen Drohnenregulierung aktiv beteiligen. Der schweizerischen Drohnenbranche bringt der mit der EU harmonisierte Rechtsrahmen etliche Vorteile. Die mit der Rechtsvereinheitlichung einhergehende Verbesserung der Rechtssicherheit zieht aber zugegebenermassen auch zu akzeptierende Zusatzaufwände für die Beitrittsländer nach sich. Ein nachträglicher Antrag der Schweiz für Spezialregelungen der "Gebirgsländer" liesse sich nach langjähriger Mitwirkung im gemischten Ausschuss, der erreichten Rechtsharmonisierung sowie des, wenn überhaupt, nur geringfügigen Anpassungsbedarfs kaum begründen.

Zu Frage 3: Die Antragsteller erhalten vom BAZL bereits heute in der Regel eine dauerhafte Betriebsgenehmigung von ein bis zwei Jahren. Ein Interventionsbedarf ist für die Regierung deshalb nicht erkennbar. Den Forschungsinstituten wird empfohlen, den Austausch mit dem BAZL zu suchen und wie andere Antragsteller gemeinsam mit der Fachstelle des BAZL den konkreten Genehmigungsprozess für eine ein- bis zweijährige Betriebsbewilligung anzugehen.

16. August 2023