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Session: 28.08.2009
Palliative Care beinhaltet ein ganzheitliches, interdisziplinäres Konzept zur Begleitung und Behandlung von schwerstkranken und sterbendel Menschen sowie deren Angehörigen. Die Lebensqualität der Betroffenen soll unter anderem durch das Vorbeugen und Lindern von Schmerzen und anderen körperlichen, seelischen sozialen und spirituellen Leiden verbessert werden. Benötigt wird Palliative Care insbesondere, wenn am Lebensende Ressourcen wie geeignete Wohnräume, verfügbare Familienmitglieder, Freunde, Zeit, finanzielle Mittel und andere Rahmenbedingungen fehlen.

Tatsache ist, dass sich unsere Lebensumstände stark verändert haben. Die Grossfamilie existiert nicht mehr. Viele Menschen wohnen in Ein- oder Zweipersonenhaushalten. Hinzu kommt, dass es auf Grund der demographischen Entwicklung immer mehr alte Menschen gibt, die auf sich selber angewiesen sind.

Die ganze Diskussion um die Sterbehilfe und die Suizidbegleitung in scheinbar auswegslosen Situationen hat breite Kreise der Öffentlichkeit aufgerüttelt. Der Freitod darf nicht zur Alternative zum heute bereit gestellten Angebot werden!

Eine im Kanton Graubünden ausgeführte Studie mittels Modellprojekte hat klar ergeben, dass die heutigen Zielvorgaben „optimale Pflege und Betreuung“ oder „Linderung von Leiden“, wie sie in den Leistungsaufträgen von Spitex Organisationen, von Alters- und Pflegeheimen und von Akutspitälern formuliert sind, den berechtigten Anliegen der Betroffenen und damit den Ansprüchen von Palliative Care nicht gerecht werden. Deshalb sind übergeordnete verbindliche Aufträge dringend notwendig, damit die bereits bestehenden Lücken in naher Zukunft nicht zu unlösbaren Problemen werden.

Die Pflege und Betreuung von schwerstkranken Menschen, sowie die Begleitung von Sterbenden kann nicht nur mit freiwilligen Hospizdiensten und/oder Angehörigen sichergestellt werden. Die Zusammenarbeit von gut ausgebildeten Fachpersonen mit den Laienhelferinnen in ambulanten und stationären Angeboten muss zur Selbstverständlichkeit werden. Palliative Care muss zum definierten Standardangebot
gehören.

Niemand kann sich vor der Begleitung von schwerstkranken Menschen und dem Sterben drücken. Palliative Care geht uns alle an. Deshalb beginnt Palliative Care bereits mitten im Leben. Wir vergessen dies nur allzu oft.

In diesem Sinne wird die Regierung beauftragt, dem Grossen Rat im Rahmen einer Revision des Krankenpflegegesetzes Bericht und Antrag zu stellen, wie Palliative Care in den Grundauftrag aufgenommen und finanziert werden kann.

Chur, 28. August 2009

Cahannes Renggli, Kunz (Chur), Hardegger, Arquint, Augustin, Barandun, Berni, Berther (Disentis), Berther (Sedrun), Bezzola (Samedan), Bezzola (Zernez), Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Brüesch, Buchli, Bühler-Flury, Bundi, Caduff, Casparis-Nigg, Casty, Caviezel (Pitasch), Cavigelli, Claus, Conrad, Darms-Landolt, Dermont, Donatsch, Dudli, Fallet, Farrér, Federspiel, Florin-Caluori, Frigg-Walt, Geisseler, Hartmann (Champfèr), Jaag, Jäger, Jeker, Keller, Koch, Kollegger, Loepfe,Mani-Heldstab, Märchy- Michel, Marti, Menge, Mengotti, Meyer-Grass (Klosters Dorf), Michel, Nick, Nigg, Noi-Togni, Parolini, Parpan, Pedrini (Roveredo), Peyer, Pfenninger, Pfiffner-Bearth, Plozza, Portner, Ragettli, Righetti, Stiffler, Tenchio, Thomann, Thöny, Thurner-Steier, Troncana-Sauer, Tuor, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Zanetti, Candinas (Disentis/Mustér), Clalüna, Furrer-Cabalzar, Gunzinger, Jecklin-Jegen, Locher Benguerel, Mainetti, Pedrini (Soazza)

Antwort der Regierung

Gemäss Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Palliative Care ein Angebot, dass sich an Menschen richtet, die an einer schweren, fortschreitenden, unheilbaren oder chronischen Krankheit leiden. Die Pflege und Betreuung der betroffenen Menschen und die Begleitung ihrer Angehörigen ist eine umfassende interdisziplinäre Aufgabe. Sie umfasst medizinische Behandlungen, pflegerische Intervention sowie psychische, soziale und spirituelle Unterstützungen.

Das Gesundheitsamt hat im Jahre 2007 in Zusammenarbeit mit der Menzi-Jenny-Gertrud Stiftung alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen eingeladen, sich an Modellprojekten zur palliativen Versorgung des Kantons zu beteiligen. Das Gesundheitsamt hat in der Folge sechs Organisationen mit der Durchführung beauftragt.

Im Rahmen einer ersten Evaluation dieser Modellprojekte wurden folgende Lücken und Probleme im heutigen Angebot der palliativen Pflege und Betreuung erkannt:

• In der aktuellen Gesetzgebung ist Palliative Care nicht verankert. Es ist der einzelnen Institution überlassen, welche Strukturen und Leistungen bereit gestellt werden. Ein flächendeckendes und gleichwertiges Angebot für alle Einwohner ist dadurch nicht sichergestellt.
• Auf Grund des fehlenden gesetzlichen Auftrags sind bis heute interdisziplinäre Spezialistenteams, wie etwa Konsiliardienste für Hausärzte, oder mobile Palliative Care Teams für die Unterstützung der ambulanten Dienste, des Langzeitbereichs und der pflegenden Angehörigen nicht entwickelt worden.
• Die Kosten der Koordinationsleistungen zur vernetzten Versorgung werden weder von den Krankenversicherern noch von der öffentlichen Hand übernommen. Entsprechend können viele Patienten den Aufenthalt zu Hause nicht finanzieren und werden deshalb in Akutspitäler eingewiesen.
• Handlungsbedarf wird ebenfalls im Bereich der Aus- und Weiterbildung erkannt.

Auf nationaler Ebene hat der Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Januar 2008 den Auftrag erteilt, die Situation der Palliative Care in der Schweiz zu klären. Die Abklärung zeigte deutlich die unzureichende Etablierung von Palliative Care im Gesundheitswesen und die dringend notwendige Sensibilisierung sowohl von Fachpersonen als auch der Bevölkerung. Der Vorsteher des EDI erklärte daher im Sommer 2008 die Förderung von Palliative Care zu einer Priorität seines Departements. Ende Oktober 2008 setzten das EDl und die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) ein Nationales Fördergremium «Palliative Care» und vier Experten-Arbeitsgruppen zu den Themen «Versorgung und Finanzierung», «lnformation», «Bildung» und «Forschung» ein. Das Nationale Fördergremium «Palliative Care» verfolgt das Ziel, Palliative Care besser im schweizerischen Gesundheitswesen zu verankern.

In der am 23. Oktober 2009 vorgestellten „Nationalen Strategie Palliative Care 2010-2012“ werden Massnahmen zur Förderung der Palliative Care in den Bereichen Palliative Care-Angebote, Finanzierung, Sensibilisierung, Bildung und Forschung vorgeschlagen. Die Massnahmen sollen ab Januar 2010 bis 2012 umgesetzt werden. Hauptverantwortlich für die Umsetzung sind das BAG, die GDK und die Fachgesellschaft palliative.ch. Sie werden durch andere Bundesämter, die Kantone sowie weitere Akteure unterstützt.

Im Interesse einer optimalen Pflege und Betreuung von Menschen, die an einer schweren, fortschreitenden, unheilbaren oder chronischen Krankheit leiden, ist unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des nationalen Fördergremiums Palliative Care und der in der nationalen Strategie vorgeschlagenen Massnahmen zu prüfen, inwiefern Anpassungen und Ergänzungen des Gesundheitsgesetzes und des Krankenpflegegesetzes notwendig sind, um den vorstehend beschriebenen Lücken und Problemen in der Palliative Care zu begegnen.
Die Regierung ist bereit, den Auftrag im Sinne der vorstehenden Ausführungen entgegenzunehmen.

5. November 2009