Der Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur steht vor neuen Herausforderungen. Die Datenmenge, die mit Telekommunikations-Infrastrukturen übermittelt werden können muss, steigt stetig und rasant. Die im Kanton Graubünden heute überwiegend eingesetzte Kupferkabel-Technologie stösst an ihre Leistungsgrenzen. Im Vergleich dazu kann der künftig erwartete Qualitätsanspruch nur mehr mit Technologien erfüllt werden, die über weit grössere Bandbreiten verfügen. Die Glasfaser-Technologie ist eine solche Technologie. Sie ermöglicht Kapazitäten von mehreren Terabits pro Sekunde und erlaubt Datenübertragungen, die im Vergleich zur Kupferkabel-Technologie weit über 100’000-mal schneller sind.
Die Abdeckung der Bedürfnisse von Gesellschaft und Wirtschaft hängt auch im Kanton Graubünden wesentlich mit davon ab, in welchem Zeitraum Glasfasernetze auch bei uns betrieben und zu welchem Preis deren Dienstleistungen auch bei uns angeboten werden. Hohe Datenübertragungsraten werden auch bei uns ganz generell bald von Nöten sein, um bspw. qualitativ hochwertig Videokonferenzen abzuhalten, Telearbeitsplätze anzubieten, interaktiv zu fernsehen (video on demand; IP-TV; u.dgl.) oder Möglichkeiten in Verbindung mit der nächsten Generation des Internetprotokolls IPv6 zu nutzen.
Der Trend zu Telearbeitsplätzen stellt für den Kanton Graubünden als schweizerischer Randkanton mit vielen peripher gelegenen Talschaften eine besondere Chance dar. Telearbeitsplätze ermöglichen nicht nur den Erhalt von bisherigen, sondern auch die Schaffung von neuen qualifizierten Arbeitsplätzen, und zwar gerade auch in den peripher gelegenen Gebieten. Die neue Technologie erhöht zudem die Attraktivität unseres Kantons und seiner Regionen als Wohn-, Lebens- und Arbeitsorte auch generell.
Diverse Telekommunikations-Technologieanbieter und diverse grössere Schweizer Städte rüsten seit einiger Zeit ihre Kommunikationsnetze neu mit Glasfasern auf. Sie wollen damit den künftigen Bedarf an Bandbreite vorsorglich abdecken bzw. die Bedürfnisse von Gesellschaft und Wirtschaft möglichst frühzeitig und optimal antizipieren.
Ein Glasfasernetz bietet einen wirklichen Nutzen, wenn der aufzurüstende Gesellschafts- und Wirtschaftsraum möglichst gross und dicht ist, das Netz möglichst flächendeckend verlegt wird und dessen Nutzung möglichst preiswert angeboten wird. Dies stellt den Kanton Graubünden mit seiner grossen Kantonsfläche und seinen vielen peripheren Gebieten vor besondere Herausforderungen. Denn Ziel muss sein, dass die Bündner Bevölkerung und Unternehmen im Vergleich zur Bevölkerung und zu Unternehmen in schweizerischen Metropolitanregionen technologisch nicht ins Hintertreffen geraten.
Angesichts dieser für den Kanton Graubünden besonderen Herausforderungen ergeben sich folgende Fragen:
1. In welchem Ausmass existieren heute Glasfasernetzwerke im Kanton Graubünden? Falls solche bestehen: Von wem werden sie betrieben und in welchem technischen Stand befinden sie sich?
2. In welchem Ausmass sind heute Glasfasernetzwerke geplant oder/und stehen kurz vor deren Realisierung? Falls solche geplant oder/und vor der Realisierung sind: Von wem sollen sie dereinst betrieben werden?
3. Teilt die Regierung die Überzeugung, dass es im Interesse der Bündner Bevölkerung und Wirtschaft geboten ist, ein Glasfasernetzwerk möglichst rasch und kantonsflächendeckend zu realisieren und dessen Nutzung zu einem im schweizerischen Vergleich möglichst gleich hohen Preis anzubieten? Falls nicht: Warum teilt sie diese Überzeugung nicht?
4. Falls die Regierung die Überzeugung gemäss Frage 3 teilt: Ist die Regierung bemüht, derartige Projekte zu unterstützen? Falls ja: Gestützt auf welche Strategie tut sie dies mit welchen Fördermassnahmen und Förderanreizen?
5. Falls die Regierung die Überzeugung gemäss Frage 3 teilt: Innert welcher Frist wird es gestützt auf die Strategie der Regierung gelingen, einen überwiegenden Teil der Bündner Bevölkerung und Unternehmen (bspw. ca. 75 Prozent) kostengünstig an ein Glasfasernetzwerk anzubinden?
Chur, 9. Dezember 2009
Cavigelli, Clavadetscher, Stoffel (Hinterrhein), Berther (Sedrun), Blumenthal, Brandenburger, Buchli, Bundi, Cahannes Renggli, Candinas, Castelberg-Fleischhauer, Caviezel (Pitasch), Conrad, Darms-Landolt, Dermont, Dudli, Fasani, Federspiel, Felix, Geisseler, Hardegger, Hartmann (Chur), Hartmann (Champfèr), Jenny, Kleis-Kümin, Kunz, Marti, Parolini, Parpan, Peer, Pfister, Portner, Quinter, Ragettli, Righetti, Rizzi, Sax, Stiffler, Thöny, Tuor, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), Wettstein, Zanetti
Antwort der Regierung
Eine moderne, den Bedürfnissen von Bevölkerung und Wirtschaft Rechnung tragende Telekommunikationsinfrastruktur ist für den Kanton Graubünden von grosser Bedeutung. Der Ersatz von Kupferleitungen durch Glasfasern ermöglicht eine erhebliche Steigerung der transportierbaren Datenmenge. Im Fernmeldegesetz des Bundes ist die Erschliessung der Endkunden mit Glasfaserkabeln nicht als Teil der Grundversorgung definiert; entsprechend hat der Staat in diesem Bereich heute keine Regulierungsmöglichkeit. Dies führt zur Befürchtung, dass der Ausbau in ländlichen Gebieten mangels staatlicher Regulierung verzögert oder unkoordiniert erfolgen könnte. Um zu prüfen, wie sich diese Situation auf den Kanton Graubünden auswirken könnte, hat die Regierung eine entsprechende Stossrichtung formuliert. Derzeit werden durch das Departement für Volkswirtschaft und Soziales (DVS) Grundlagen zu den heute bereits bestehenden Glasfaserleitungen aufgearbeitet (Projekt Glasfaser). Diese Analyse dient als Entscheidungsgrundlage für die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Kanton den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur beeinflussen kann bzw. soll. Einige der im vorliegenden Vorstoss gestellten Fragen können erst nach Abschluss des Projektes Glasfaser im Sommer 2010 genauer beantwortet werden.
Zu den Fragen:
1. Es ist bekannt, dass in Graubünden schon heute zahlreiche Glasfaserleitungen bestehen. Hingegen fehlt zum jetzigen Zeitpunkt ein gesamtkantonaler Überblick über den genauen Linienverlauf, den Ausbaustand und die Verfügbarkeit. Ein Ziel des bereits letzten Herbst initiierten Projektes Glasfaser ist es, diese Information aufzuarbeiten und eine gesamtkantonale Übersicht zu erstellen. Dadurch wird der Stand der heutigen Erschliessung in Graubünden ersichtlich. Erst gestützt auf diesen Überblick wird dann eine Strategie entwickelt werden können.
2. Im Rahmen des Projektes Glasfaser werden, soweit dies aus Sicht der Vertraulichkeit möglich ist, auch Informationen zum geplanten Ausbau der Glasfaserinfrastruktur erhoben.
3. Für die Beantwortung dieser Frage sind zunächst die Ergebnisse der Abklärungen abzuwarten. Es ist aber in jedem Fall zwischen den Bedürfnissen von Privaten und von Firmen zu unterscheiden. Im Weiteren sind die Kosten und der potentielle Nutzen von verschiedenen Ausbaustandards (VDSL, FTTH oder CATV) abzuschätzen. Gestützt auf diese Grundlagen kann dann die Strategie entwickelt werden, wie den Bedürfnissen nach Glasfaserleitungen möglichst rasch und kantonsflächendeckend entsprochen werden kann.
4. Aufgrund der Bundesgesetzgebung sind die regulierenden Möglichkeiten des Kantons zur Unterstützung des Ausbaus von Glasfaserleitungen beschränkt. Der Einsatz von öffentlichen Mitteln ist kritisch zu prüfen. Folgende Ansätze sind grundsätzlich möglich und werden näher geprüft:
a. Koordination zwischen verschiedenen Anbietern beim Ausbau der Infrastruktur;
b. Vorgaben für die Koordination im Sinne einer mehrfachen Nutzung von Leerrohren bei Ausbau und Erneuerung von kommunalen Werkleitungen;
c. Einsatz für eine angemessene Berücksichtigung der Randregionen bei einer allfälligen Revision des eidgenössischen Fernmeldegesetzes;
d. Erlass von Vorgaben zur einheitlichen Erhebung und Nachführung des Leitungskatasters (Revision des Geoinformationsgesetzes);
e. punktuelle Beteiligung am Ausbau im Rahmen einer Gesamtstrategie.
5. Für die Beantwortung dieser Frage sind zunächst die Ergebnisse der laufenden Abklärungen im Rahmen der ersten Phase des Projektes Glasfaser des DVS abzuwarten.
10. März 2010