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Session: 21.04.2010
Die Tageskarte „Gemeinde“ ist ein beliebter Fahrausweis, welcher auf dem gesamten Netz des öffentlichen Verkehrs der Schweiz (ohne Bergbahnen) gültig ist und nur durch die Gemeinden verkauft wird. Im Kanton Graubünden vertreiben rund 40 Gemeinden, mehrheitlich die grösseren Gemeinden, diese Fahrausweise.

Die Tageskarte „Gemeinde“ ist für die Einwohner Graubündens besonders attraktiv, weil die Gemeinden die Verkaufspreise tief halten und es zur Benutzung dieser Tageskarte kein Halbtaxabonnement braucht. Die Tageskarte „Gemeinde“ kostet bei den Bündner Gemeinden in der Regel 35 Franken, eine normale Tageskarte kostet bei RhB oder SBB dagegen 64 Franken. Die Tageskarte ist ein typischer Pauschalfahrausweis, deren Preis unabhängig von der gefahrenen Distanz zu entrichten ist. Solche Fahrausweise kommen den Einwohnern der Randregionen zugute, weil diese in der Regel grössere Distanzen zurücklegen müssen.

Gemäss einer Medienmitteilung des Verbandes öffentlicher Verkehr und der SBB vom 14. Januar 2010 soll die Tageskarte „Gemeinde“ ab dem 12. Dezember 2010 im Einkauf 15 Prozent teurer werden und neu an Wochentagen (Mo-Fr) erst ab 09.00 Uhr gültig sein (am Wochenende weiterhin ohne Einschränkungen).

Diese neu angedachte und von den Bahnen beschlossene Nutzungseinschränkung bei der Tageskarte „Gemeinde“ trifft ganz direkt die Randregionen. Wer nämlich grössere Distanzen zurücklegen muss, benötigt dazu auch mehr Zeit bzw. muss sich früher auf den Weg machen. Wer als Bündner oder Bündnerin in eine grosse Schweizer Agglomeration will, geht meistens vor 09.00 Uhr auf den Zug oder auf den Bus. Eine Tageskarte „Gemeinde“, die erst ab 09.00 Uhr gültig ist, wird daher für viele Einwohner der Randregionen der Schweiz unbrauchbar. Diese Massnahme macht den öffentlichen Verkehr – und allgemein das Leben in den Randregionen – unattraktiver.

Der von den Bahnen auf den 12. Dezember 2010 beschlossene, überdurchschnittliche Preisaufschlag bei der Tageskarte „Gemeinde“ von 15 Prozent (von Fr. 9'775.– auf Fr. 11'300.– für 365 Tageskarten) ist massiv. Dieser Aufschlag geht voll zulasten der Pauschalfahrausweis-Benutzer bzw. zulasten der Einwohner der Randregionen. Die dazu zusätzlich beschlossene Nutzungseinschränkung ab 09.00 Uhr geht jedoch zu weit.

Den Unterzeichneten stellen sich angesichts dieser Sachlage folgende Fragen:

1. Teilt die Regierung die Einschätzung, wonach die „Tageskarte Gemeinde“ ein speziell auf die Bewohner von Randregionen zugeschnittener Fahrausweis darstellt und der deshalb in seiner heutigen Attraktivität erhalten werden soll?

2. Wie beurteilt die Regierung die Möglichkeiten ihrer Einflussnahme, beispielsweise in Zusammenarbeit mit anderen Kantonsregierungen via KöV (Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs) das Gespräch und die Verhandlungen mit den schweizerischen Transportunternehmungen zu suchen und sich dafür einzusetzen, dass auf Nutzungseinschränkungen bei der Tageskarte „Gemeinde“ verzichtet wird?

3. In welcher Weise könnte die Regierung die Gemeinden unterstützen, die Attraktivität der Tageskarte „Gemeinde“ zu erhalten? Hält es die Regierung für sinnvoll und erfolgreich umsetzbar, Rhätische Bahn, Postauto Graubünden und die übrigen Bündner Unternehmungen des allgemeinen Verkehrs zu einem Verzicht auf die gegebenenfalls eingeführte Nutzungseinschränkung zu bewegen?

Chur, 21. April 2010

Michel, Niederberger, Barandun, Berther (Sedrun), Bezzola (Zernez), Bleiker, Blumenthal, Buchli, Bühler-Flury (Schiers), Campell, Casparis-Nigg, Casty, Casutt, Caviezel (Pitasch), Christoffel-Casty, Clavadetscher, Conrad, Darms-Landolt, Dermont, Feltscher, Hardegger, Hartmann (Chur), Jenny, Keller, Kessler, Koch, Kollegger, Kunz (Chur), Märchy-Michel (Malans), Mengotti, Möhr, Parolini, Parpan, Peer, Perl, Pfister, Plozza, Portner, Quinter, Ragettli, Righetti, Rizzi, Sax, Thomann, Tuor, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Bühler-Hunger (Valendas), Cortesi, Furrer-Cabalzar, Hartmann (Küblis), Kunz (Fläsch), Schädler

Antwort der Regierung

Die Transportunternehmungen des öffentlichen Verkehrs haben per 12. Dezember 2010 verschiedene Tarifmassnahmen beschlossen. Dabei sollen unter anderem die Preise der Gemeinde-Tageskarten stark erhöht und die Gültigkeitsdauer eingeschränkt werden. Diese Tageskarten wären von Montag bis Freitag nur noch ab 9 Uhr gültig.

Die beschlossene Preiserhöhung ist zwar für die Regierung nachvollziehbar, die Einschränkung der Gültigkeit würde sich aber für peripher gelegene Regionen sehr nachteilig auswirken. Die Verkehrsmittelwahl würde dadurch wohl vermehrt zu Gunsten des Individualverkehrs ausfallen. Beispielsweise wäre Bern mit einer Tageskarte "Gemeinde" ab Chur frühestens um 11.29 Uhr erreichbar, ab St. Moritz gar erst um 13.29 Uhr. In der Gegenrichtung würde man die peripheren Regionen ebenfalls spät erreichen, wodurch zum Beispiel Tagesausflüge nach Graubünden mit dem öffentlichen Verkehr an Attraktivität verlieren würden. Die Attraktivität der Gemeinde-Tageskarten würde dadurch massiv reduziert. Als Folge davon dürfte der Verkauf solcher Tageskarten stark zurückgehen, weil die Gemeinden nicht auf unattraktiven Angeboten sitzen bleiben möchten, tragen diese doch das Verkaufsrisiko alleine.

Seit Bekanntgabe der neuen Preise sowie der Einschränkung der Gültigkeitsdauer sind bereits verschiedene Gemeinden sowie der schweizerische Gemeinde- als auch der Städteverband in dieser Angelegenheit an das zuständige Tarifgremium gelangt (Verband öffentlicher Verkehr (VöV) / Kommission Personenverkehr). Ebenfalls noch offen ist die Stellungnahme des Preisüberwachers zu diesen Tarifmassnahmen.

Kantonsseitig hat sich das zuständige Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement bereits vor Einreichung dieser Anfrage mit dem Thema befasst und dem VöV ein Gesuch unterbreitet, zumindest die zeitliche Einschränkung fallen zu lassen oder eine Preisdifferenzierung zu prüfen (höhere Preise Montag – Freitag). In seiner Antwort hat der VöV in Aussicht gestellt, zusammen mit dem Gemeinde- und Städteverband nach Lösungen zu suchen.

Somit können die konkreten Fragen wie folgt beantwortet werden:

1) Die Regierung teilt die in der Anfrage formulierte Auffassung.

2) Die Möglichkeiten der Einflussnahme der Regierung sind beschränkt, da die Tarifhoheit formell bei den Transportunternehmungen liegt. Je nach Ausgang der Verhandlungen mit dem VöV ist auch eine Zusammenarbeit im Rahmen der Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV) sinnvoll.

3) Die Regierung unterstützt die Gemeinden im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Allerdings erachtet sie einen tariflichen Alleingang der bünderischen öV-Unternehmungen als wenig praktikabel und sinnvoll.
 
3. Juni 2010