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Session: 20.04.2011
Alljährlich im Februar bekommt jeder Schulträger vom EKUD eine Departementsverfügung betreffend obligatorischer Lehrmittel im Kanton Graubünden. Dort wird dann definiert, welche Lehrmittel in welchem Fach in welcher Klasse einzusetzen und demzufolge auch anzuschaffen sind.

Bis anhin hatten die Schüler in den meisten Fächern ein Buch mit Aufgaben, sei es in Sprache, Mathematik oder dergleichen. Sie konnten dann die jeweiligen Lösungen in ein Heft schreiben. Die Bücher waren also über viele Jahre weg verwendbar.

Seit einigen Jahren sind in der Oberstufe in den Sprachfächern sogenannte Themenbücher gebräuchlich. Dort wird die jeweilige Lösung direkt ins Arbeitsheft geschrieben und diese sind somit nur für ein Jahr zu gebrauchen.

Auf das Schuljahr 2011/12 wird in der Primarschule, ab der 2. Klasse, ein neues, obligatorisches Lehrmittel für den Mathematikunterricht eingeführt. In den darauffolgenden Jahren wird die Umstellung auf das neue Lehrwerk in den Klassen 3-6 weitergeführt. Auf demselben Schuljahr wird auch in der Oberstufe ein neues Mathematikwerk mit dem gleichen Einwegsystem eingeführt.

Der Regierung werden in diesem Zusammenhang folgende Fragen unterbreitet:

1. Ist mit den Einweglehrmitteln mit einer Verbesserung des Unterrichts zu rechnen?

2. Ist es vorgesehen, dass in Zukunft weitere Fächer mit Einweglehrmittel unterrichtet werden müssen?

3. Mit wie viel Mehrkosten pro Schüler haben die Schulträgerschaften aufgrund der Einweglehrmittel zu rechnen?

4. Wäre es nicht angebracht, wenn der Kanton, der mit einer Verfügung Mehrkosten verursacht, die Mehrkosten auch selber übernimmt?

5. Teilt die Regierung nicht auch die Meinung, dass mit diesen neuen Lehrmitteln die Wegwerfmentalität bereits in der Schule gefördert wird?

Chur, 20. April 2011

Michael (Donat), Blumenthal, Michel (Davos Monstein), Aebli, Buchli-Mannhart, Campell, Clalüna, Davaz, Gasser, Heinz, Jeker, Koch (Tamins), Kollegger (Chur), Komminoth-Elmer, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Pedrini (Roveredo), Rathgeb, Stiffler (Davos Platz), Fausch, Gugelmann, Haltiner

Antwort der Regierung

Die Regierung betrachtet zeit- und stufengerechte Lehrmittel als fundamentale Bestandteile jeder guten Schule. Lehrmittel, welche breitflächig und längerfristig eingesetzt werden, können heute den hohen Anforderungen nur genügen, wenn sie periodisch überprüft, überarbeitet und ergänzt werden. Sowohl von kantonalen als auch von privaten Verlagen werden vermehrt ganze Lehrmittel-Einheiten entwickelt. Diese können sich u.a. aus einem Handbuch für die Lehrperson, aus einem Themenbuch für die Lernenden, aus individuellen Einweg-Arbeitsheften sowie aus elektronisch aufbereiteten Arbeitsblättern zusammensetzen. Mehrteilige Lehrmittel-Einheiten bedeuten für den Lernprozess eine optimale Unterstützung, sind aber mit entsprechenden Kosten verbunden.

Das in der Anfrage erwähnte Mathematik-Lehrmittel, welches in der Bündner Volksschule ab Schuljahr 2011/12 gestaffelt eingeführt wird, ist als mehrteilige Lehrmittel-Einheit aufgebaut. Beim Handbuch für die Lehrperson und beim Lösungsordner sowie bei der CD-ROM mit den Arbeitsblättern handelt es sich um einmalige Anschaffungen. Das Themenbuch ist als traditionelles Lehrmittel für die Lernenden konzipiert und lässt sich als Klassensatz für mehrere Jahrgänge einsetzen. Einzig bei den Arbeits- und Begleitheften handelt es sich um so genannte Einweglehrmittel. Sie ergänzen die Übungen des Themenbuches, dienen der individuellen Weiterarbeit und vertiefen die Lerninhalte. Die Kinder schreiben direkt in die Arbeitshefte hinein. Das mehrteilige Mathematik-Werk des Lehrmittelverlags Zürich wird als gute Lösung beurteilt und auch im Kanton Graubünden als obligatorisches Lehrmittel eingesetzt.

Vor diesem Hintergrund können die Fragen des parlamentarischen Vorstosses folgendermassen beantwortet werden:

1. Verbesserungen des Unterrichts sind weder an Einweglehrmittel noch an eine andere Ausgestaltung von Lehrmitteln gebunden. Entscheidend ist, dass für jedes Unterrichtsfach die richtige Kombination von Lehrmitteln und Unterrichtsmaterialien zur Verfügung steht.

2. Auch in Zukunft soll für jedes Fach das geeignetste Lehrmittel gesucht und eingesetzt werden. Dabei werden Einweglehrmittel nicht als Konkurrenz der traditionellen Lehrmittel, sondern als deren Ergänzung betrachtet. Immer mehr der modernen Lehrmittel verfügen über zusätzliche Einweg-Materialien.

3. Seit Jahrzehnten werden alle Lehrmittel immer aufwändiger und attraktiver gestaltet. Dadurch steigen deren Preise. Diesbezügliche Mehrkosten gehen nicht nur zu Lasten so genannter Einweglehrmittel. Da die Preise der Lehrmittel vom sich schnell entwickelnden Lehrmittelmarkt abhängen, sind längerfristige Prognosen betreffend Lehrmittelkosten für die Schulträgerschaften nicht möglich.

4. Im Rahmen des Budgets, welches eine Schulträgerschaft gemäss Schulgesetz für ihre Volksschule bereitstellen muss, nehmen auch die Lehrmittel eine wichtige Position ein. Allfällige Preisunterschiede zwischen einzelnen, auf dem Lehrmittelmarkt erhältlichen Lehrmitteln sind aber nicht allzu gross und spielen im Gesamtzusammenhang eine eher untergeordnete Rolle. Bedeutend höhere Lehrmittelkosten hingegen entstehen den Schulträgerschaften jeweils durch eine Neugewichtung bereits bestehender Fächer (z.B. die 1. Fremdsprachen) sowie durch die Einführung neuer Unterrichtsfächer (z.B. Englisch).

5. Die Regierung teilt die in der Anfrage enthaltene Sorge, mit bestimmten neuen Produkten bei der Jugend – unbeabsichtigt – eine Wegwerfmentalität zu fördern. In den Einweglehrmitteln sieht sie diesbezüglich aber keine Gefahr. Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, mit allen Lehrmitteln achtsam umzugehen. Gerade zu einem Einweglehrmittel, welches sich für das einzelne Kind im Laufe des Schuljahres durch seine eigenen Einträge immer mehr zu einem individuellen Nachschlagewerk entwickelt, entsteht oft eine persönliche Beziehung. Durch eine bewusste Pflege eines achtsamen Umgangs mit allen Lehrmitteln ist die Volksschule in der Lage, der in unserer Gesellschaft verbreiteten Konsum- und Wegwerfmentalität eine positive Kraft entgegenzusetzen.

26. Mai 2011