Im Gesetz für die Volksschulen (Schulgesetz) ist mit Art. 38 festgehalten, dass Schulträgerschaften Schülerinnen und Schüler mit besonderen Talenten in der Sekundarstufe 1 fördern können, und dass Schulträgerschaften, die keine Talentklassen führen, verpflichtet sind, den Besuch einer Talentklasse in einer anderen Schulträgerschaft zu gestatten. Der gleiche Artikel legt fest, dass die abgebende Schulträgerschaft ein Schulgeld zu leisten hat, welches mit der Schulträgerschaft zu vereinbaren ist. Sofern sich die beiden Schulträgerschaften nicht über das Schulgeld einigen können, setzt das Departement das Schulgeld fest.
In der Departementsverfügung vom 6.10.2014 (Schulgeld Talentschule Surselva Schuljahr 2014/15) befasst sich das EKUD mit dem Schulgeld, welches von abgebenden Gemeinden zu entrichten ist. Dabei erklärt das EKUD, dass bei der Festlegung des Schulgeldes nur diejenigen Zusatzkosten zu berücksichtigen sind, welche aus zwingenden Angeboten resultieren. Nicht zwingend ist das Bereitstellen der neusten technischen Infrastruktur oder das Anbieten von Projektwochen. Ebenfalls führt das EKUD aus, dass die Grösse von Talentklassen zum Risikobereich derjenigen Schulträgerschaft gehört, welche eine Talentschule führt. Das EKUD kommt zum Schluss, dass das zu zahlende Schulgeld nicht rein rechnerisch festgelegt werden kann, sondern aufgrund eines Ermessensentscheides zu fällen ist. Diese Haltung wurde auch der Stadt Chur mit Schreiben vom 17.04.15 kommuniziert.
Die Haltung des EKUD führt dazu, dass innovative Schulträgerschaften mit Talentklassen auswärtige Talente subventionieren müssen und somit für ihr Engagement zugunsten von talentierten Jugendlichen finanziell bestraft werden.
Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, dafür zu sorgen, dass für das nächste Schuljahr für Talentklassen in der Sekundarstufe 1 kostendeckende Schulgelder, welche auf einer Vollkostenrechnung basieren, zu leisten sind.
Chur, 9. Dezember 2015
Kappeler, Casanova (Ilanz), Caviezel (Davos Clavadel), Alig, Blumenthal, Bucher-Brini, Caduff, Caluori, Casty, Cavegn, Caviezel (Chur), Claus, Darms-Landolt, Deplazes, Dosch, Engler, Epp, Felix (Scuol), Gartmann-Albin, Gunzinger, Hartmann, Jenny, Joos, Locher Benguerel, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Marti, Nay, Niederer, Perl, Schneider, Stiffler (Davos Platz), Tenchio, Thomann-Frank, Valär, von Ballmoos, Weber, Widmer-Spreiter, Andri, Berther (Segnas), Degiacomi, Tuor
Antwort der Regierung
Die aktuellsten Berechnungen des Kantons ergeben für die Schulträgerschaften Vollkosten von durchschnittlich 15 930 Franken pro Schülerin oder Schüler der Volksschuloberstufe (Real- und Sekundarschule). In dieser Kalkulation sind die Folgekosten des neuen Schulgesetzes berücksichtigt, nicht aber die Mehrkosten für die Beschulung in einer Talentklasse. An diese Kosten erhalten die Schulträgerschaften Kantonsbeiträge gemäss Art. 72 ff. Schulgesetz. Die Beschulung von Schülerinnen und Schülern in Talentklassen löst zusätzliche Kosten aus. Für Talentklassen richtet der Kanton deshalb gemäss Art. 75 Schulgesetz eine jährliche Zusatzpauschale von 4 000 Franken pro Schülerin und Schüler aus. Zusätzlich ist auch die spezifische Talentförderung, zum Beispiel Instrumentalunterricht, Sportausrüstung oder Vereinsbeiträge, teilweise sehr kostenintensiv. Die Kosten für die spezifische Talentförderung sind allerdings nicht von der Schulträgerschaft zu tragen und fallen deshalb auch nicht unter den Begriff der Vollkosten.
Die Angebote, welche von Talentschulen zwingend erbracht werden müssen, sind in den Weisungen zu Talentschulen und Talentklassen des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements vom 22. Dezember 2012 enthalten. Es handelt sich dabei sowohl um Bereiche, welche geringe Zusatzkosten auslösen, als auch um solche, welche zu einer wesentlichen Kostenerhöhung in Talentklassen führen. Zu Letzteren gehört die Verpflichtung, die Verbindung zwischen Schule und individuellen ausserschulischen Förderungen im Talentbereich zu gewährleisten. Unter anderem ist dazu eine Koordinationsperson mit einem Stellenumfang von einem Prozent pro Talentschülerin resp. Talentschüler einzustellen. Weiter hat die Schulträgerschaft fünf Lektionen Grundlagenausbildung in den Bereichen Sport und Musik anzubieten. Die Vollkosten sind aber auch wesentlich abhängig von nicht zwingenden Zusatzleistungen, so etwa Projektwochen, und der Klassengrösse.
Gemäss Art. 38 Abs. 3 des Schulgesetzes sind Schulträgerschaften, die keine Talentklassen führen, verpflichtet, den Besuch einer Talentklasse in einer anderen Schulträgerschaft zu gestatten. Die abgebenden Schulträgerschaften können dabei weder die Klassengrösse noch das Angebot einer Talentschule beeinflussen. Die Talentschule kann hingegen ein attraktiveres oder weniger attraktives Angebot mehr oder weniger bewerben und damit die Klassengrösse, wenn auch geringfügig, steuern. Es muss damit im Risikobereich der Schulträgerschaft liegen, welche eine Talentschule führt, wie gross die Talentklassen resp. deren Kosten tatsächlich sind. Für die Festlegung des Schulgeldes, welches die abgebenden Schulträgerschaften zu entrichten haben, sollen nur diejenigen Zusatzkosten berücksichtigt werden, welche aus zwingenden Angeboten resultieren. Ebenfalls können bei kleinen Klassen die rechnerisch höheren Kosten pro Schülerin und Schüler nicht eins zu eins auf die abgebende Schulträgerschaft überwälzt werden.
Ein weiterer Grund, dass das Risiko bei der anbietenden Schulträgerschaft liegen muss, ist das Unterbinden falscher Anreize. Es soll insbesondere verhindert werden, dass kleine Schulträgerschaften Talentklassen mit (fast) ausschliesslich auswärtigen Schülerinnen und Schülern gründen, und damit sämtliche Kosten den abgebenden Schulträgerschaften weiterverrechnen könnten. Sind beispielsweise Klassen sehr klein und das Zusatzangebot zum Beispiel im Bereich der technischen Hilfsmittel sehr gross, so könnten die Vollkosten durchaus über 30 000 Franken pro Talentschülerin oder Talentschüler und Schuljahr betragen. Es wäre nach Auffassung der Regierung für die abgebenden Schulträgerschaften nicht zumutbar, diese Kosten übernehmen zu müssen, da sie keinen Einfluss auf die Anzahl der Talentschulen, deren Angebote und Klassengrössen haben.
Aus den genannten Gründen beantragt die Regierung, den Auftrag abzulehnen.
03. März 2016