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Session: 01.09.2016

Die eidgenössischen Räte haben die Unternehmenssteuerreform III (USTR III) bereinigt und verabschiedet. Zur Senkung der Unternehmensgewinnsteuern wird der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer von bisher 17% auf neu 21,2% erhöht. Neu sollen die Dividenden auf Beteiligungen über 10% mit mindestens 60% besteuert werden, bisher wurden solche Dividenden im Kanton Graubünden fix zu 60% besteuert. Anstelle der bisherigen Steuerprivilegien treten die Patentbox zur privilegierten Besteuerung von Erträgen aus Immaterialgüterrechten und die sogenannte Inputförderung, dank der Forschungsaufwendungen über die tatsächlichen Kosten hinaus steuerlich abzugsfähig sind. Auch für die Aufdeckung stiller Reserven gelten günstige Bedingungen. Schliesslich wurde eine zinsbereinigte Gewinnsteuer eingeführt.

 

In mindestens 14 Kantonen ist bereits eine Senkung der Unternehmensgewinnsteuern beschlossen oder geplant, so z. B. auch in den Kantonen Thurgau und Tessin. Die Kantone St. Gallen und Zürich wollen die Massnahmen anderer Kantone abwarten (NZZ vom 12. Mai 2016). Bereits heute werden Unternehmen im Kanton Graubünden stärker besteuert als z. B. in den Nachbarkantonen Glarus, Thurgau und in beiden Appenzell (NZZ vom 20. Januar 2016). Der Kanton Waadt hat bereits eine Senkung von 21,65% auf 13,8% beschlossen. Schaffhausen – bereits heute 5 Ränge vor Graubünden – stellt eine Senkung von bisher 16,08% auf 12% bis 12,5% in Aussicht.

 

Nach dem Willen der Regierung sollte Graubünden bezüglich Steuerbelastung der juristischen Personen im vorderen Mittelfeld liegen. Dies wird nach der Umsetzung der USTR III nicht mehr möglich sein.

 

Bereits für das Jahr 2016 ist im Kanton Graubünden ein Defizit von CHF 50,8 Mio. budgetiert. Gemäss Finanzplan soll das Defizit im Jahr 2017 CHF 40,3 Mio., im Jahr 2018 CHF 73,1 Mio. und im Jahr 2019 gar CHF 89,3 Mio. betragen.

 

Vor diesem Hintergrund wird die Regierung des Kantons Graubünden um Beantwortung folgender Fragen ersucht:

 

1. Ist die Regierung gewillt dafür zu sorgen, dass die steuerliche Konkurrenzfähigkeit bei der Unternehmensbesteuerung gegenüber anderen Kantonen mit einem Platz im vorderen Drittel erhalten bleibt?

 

2. Ist die Regierung bereit, die Möglichkeiten zur Schaffung von Patentboxen und zur Abzugsfähigkeit von F+E-Aufwendungen im maximalen, gemäss Bundesgesetzgebung zulässigen Ausmass auszuschöpfen resp. umzusetzen?

 

3. Wie gedenkt die Regierung den erhöhten Anteil der Kantone an der direkten Bundessteuer an die Unternehmen weiterzugeben?

 

4. Ist die Regierung auch der Auffassung, dass ein günstiges Steuerklima für Unternehmen eines der wichtigsten und effizientesten Mittel für die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Graubünden und die Ansiedlung neuer Unternehmen ist?

 

5. Ist die Regierung gewillt, nebst der Weitergabe des höheren Anteils an der direkten Bundessteuer an die Unternehmen, die volle Ausschöpfung der Möglichkeiten in Zusammenhang mit Patentboxen und der Abzugsfähigkeit von F+E-Aufwendungen sowie der zinsbereinigten Gewinnbesteuerung weitergehende steuerliche Entlastungen für die Unternehmungen vorzusehen und so die Attraktivität als Wirtschaftsstandort und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Kantons Graubünden zu stärken?

 

6. Beabsichtigt die Regierung die privilegierte Dividendenbesteuerung unverändert beizubehalten?

 

7. Ist die Regierung angesichts der vorstehend aufgezeigten notwendigen Entwicklung bei der Unternehmensbesteuerung sowie der sich akut verschlechternden Kantonsfinanzen auch der Auffassung, dass ein Sparprogramm und Effizienzsteigerungen in der Verwaltung sowie beim Einsatz von öffentlichen Mitteln unumgänglich sind?

 

8. Welche Massnahmen gedenkt die Regierung in welchem Zeitpunkt umzusetzen?

 

Chur, 1. September 2016

 

Dudli, Kunz (Chur), Geisseler, Blumenthal, Bondolfi, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Casanova-Maron (Domat/Ems), Casty, Caviezel (Davos Clavadel), Claus, Clavadetscher, Davaz, Engler, Giacomelli, Hitz-Rusch, Hug, Jeker, Jenny, Kasper, Koch (Tamins), Koch (Igis), Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Lamprecht, Lorez-Meuli, Mathis, Michael (Donat), Müller, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Pedrini, Salis, Schutz, Steck-Rauch, Steiger, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tenchio, Thomann-Frank, Troncana-Sauer, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), Waidacher, Wieland, Zanetti, Gujan-Dönier, Stäbler

Antwort der Regierung

Die Unternehmenssteuerreform III (USR III) wurde von den Eidg. Räten am 17. Juni 2016 verabschiedet. Dagegen wurde das Referendum ergriffen, das auch zustande gekommen ist. Als Abstimmungstermin ist der 12. Februar 2017 vorgesehen. Das Inkrafttreten der Revision ist auf den 1. Januar 2019 geplant.

Dem kantonalen Gesetzgeber bleibt wenig Zeit zur Umsetzung der USR III im kantonalen Recht. Nach heutigem Terminplan der Regierung ist in den Monaten März bis Juni 2017 ein Vernehmlassungsverfahren geplant und die parlamentarischen Beratungen sind für die Aprilsession 2018 vorgesehen.

Im gegenwärtigen Zeitpunkt hat sich die Regierung noch nicht vertieft mit der Umsetzung der USR III beschäftigt, weshalb die untenstehenden Fragen nicht im Detail beantwortet werden können. Zu den verschiedenen Fragen nimmt die Regierung wie folgt Stellung:

1. Es ist das Ziel der Regierung, die steuerliche Konkurrenzfähigkeit bei der Unternehmensbesteuerung zu erhalten, soweit die Finanzlage des Kantons und der Gemeinden dies zulässt. Ob dabei ein Platz im vorderen Mittelfeld aller Kantone gehalten werden kann, kann im heutigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.

2. Es wird zu prüfen sein, ob eine moderate Reduktion der Gewinnsteuer mit einer hohen Entlastung in den verschiedenen Ersatzmassnahmen (Patentbox etc.) oder ob eine stärkere Reduktion der Gewinnsteuer mit weniger attraktiven Sonderregelungen angestrebt wird.

3. Die Mehrerträge aus dem höheren Anteil an der direkten Bundessteuer werden nach heutigen Hochrechnungen des Bundes durch die Mindereinnahmen aus dem Ressourcenausgleich des NFA des Bundes aufgebraucht. Es bleibt kein Überschuss zu verteilen.

4. Ja, das Steuerklima ist ein sehr wichtiger Standortfaktor. Wie schon in der Botschaft zum Wirtschaftsentwicklungsgesetz ausgeführt, sind aber für die kantonale Standortentwicklung auch die Koordination der Sektoralpolitiken (Verkehr, Raumplanung, Bildung, steuerliches Umfeld etc.) sowie deren Ausrichtung auf die Ziele der Wirtschaftsentwicklung von zentraler Bedeutung (Botschaften, Heft Nr. 2/2015-2016, S. 75).

5. Die Frage wurde unter den Ziffern 2 und 3 beantwortet.

6. Die privilegierte Dividendenbesteuerung soll beibehalten werden; sie bezweckt die Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbelastung der juristischen Person und deren Beteiligter. Das Ausmass der Privilegierung hängt damit direkt von der Höhe der Gewinnsteuersätze ab, weshalb eine Antwort erst mit deren Festlegung möglich ist.

7. Die interkantonale Entwicklung bei der Unternehmensbesteuerung macht eine Reduktion der effektiven Gewinnsteuerbelastung von Bund, Kanton und Gemeinden auf sicher unter 15 Prozent notwendig. Die mit dem Budget 2017 beantragten Steuerfussreduktionen für die juristischen Personen bewirken nur eine Reduktion von 16,7 Prozent auf 16,1 Prozent. Im aktualisierten Finanzplan 2020 ist bei den Gewinnsteuern eine weitere Reduktion auf dieses Mindestziel von 15 Prozent berücksichtigt. Die für 2019 geplante Umsetzung der USR III wird erst im 2020 voll rechnungswirksam. Der Finanzplan 2020 weist ein Defizit von 96,8 Millionen Franken aus. Dieses Defizit liegt über dem tolerierbaren Mass. Entlastungsmassnahmen werden daher unvermeidlich sein, wobei diese im heutigen Zeitpunkt noch nicht konkretisiert werden können. Die Finanzplanung ist bekanntlich mit zahlreichen Unsicherheiten behaftet. Gebrochen werden muss auf jeden Fall die Ausgabendynamik im Beitragsbereich. Unabdingbar ist zudem eine konsequentere Ausgabendisziplin in allen Bereichen.

8. Zur Sicherstellung des Haushaltsgleichgewichts beabsichtigt die Regierung ein flexibles und schrittweises Vorgehen. Zurzeit wird unter Beizug des Instituts BAK Basel Economics AG eine breite, sämtliche Aufgabenbereiche umfassende Analyse der Kostenstruktur des Kantons inklusive der Gemeinden durchgeführt. Damit sollen Bereiche mit Entlastungspotenzial und -bedarf identifiziert werden. Auf dieser Grundlage soll eine Vorlage erarbeitet und dem Grossen Rat vorgelegt werden, welche für den Grossen Rat die finanzpolitischen Handlungsspielräume erhöht. Die Entlastungsmöglichkeiten werden soweit erforderlich zu nutzen sein. In diesem Prozess sind auch die Ertragsausfälle aufgrund der USR III aufzufangen.

21. Oktober 2016