Immer häufiger kommt es bei vermögenden Personen dazu, dass sie eine Überschreibung ihres Eigentums durch einen Erbvorbezug oder eine Schenkung an potenzielle Erben oder Dritte veranlassen. Ein derartiger Vermögensverzicht wird bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen, welche beispielsweise zur Finanzierung von Pflegeheimaufenthalten notwendig wären, angerechnet. Findet eine Kürzung oder gar eine Leistungssperre der Ergänzungsleistungen aufgrund eines Vermögensverzichts statt, kann in einem weiteren Schritt die Sozialhilfe angerufen werden. Der Sozialdienst klärt in diesem Zusammenhang die Verwandtenunterstützung gemäss Art. 328 Abs. 1 ZGB ab: „Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.“ Günstige Verhältnisse liegen gemäss SKOS-Richtlinien vor, wenn ein steuerbares Einkommen von über 120 000 Franken (Verheiratete: 180 000 Franken) pro Jahr erzielt wird. Beim steuerbaren Vermögen gilt ein Freibetrag von 250 000 Franken (Verheiratete: 500 000 Franken). Die Hürde der Verwandtenunterstützung ist demnach hoch. Ein Rechtsmissbrauch, welcher eine Kürzung der Leistungen ermöglichen würde, ist auch kaum nachweisbar (Art. 11 lit. b Ausführungsbestimmungen zum kantonalen Unterstützungsgesetz; BR 546.270). Somit kommt es immer häufiger vor, dass die Sozialhilfe und damit die Allgemeinheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Rentnerinnen und Rentner finanziell unterstützt, obschon Vermögen vorhanden war.
Mit solch stossenden Situationen sehen sich nicht nur die Gemeinde Davos, sondern auch viele andere Gemeinden konfrontiert (vgl. auch Beitrag in der SKOS-Line 2/16 „Wer bezahlt, wenn die Altersrente nicht reicht“ von Heinrich Dubacher). Der Kanton Luzern hat als Reaktion auf diese Problematik in seinem neuen Sozialhilfegesetz vom 16. März 2015 eine Bestimmung aufgenommen, wonach bei der Berechnung des Anspruchs auf wirtschaftliche Sozialhilfe Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist, als Einkommen angerechnet werden. Pro Jahr werden 10 000 Franken als Einnahme angerechnet. Vorbehalten bleibt das verfassungsmässige Recht auf Hilfe in Notlagen (vgl. § 32 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Luzern und dazugehörige Verordnung). Der Grosse Rat des Kantons Bern hat sich dazu entschieden, einen entsprechenden parlamentarischen Vorstoss anzunehmen und die Grenzbeträge für die Verwandtenunterstützungspflicht in Fällen des Vermögensverzichts herabzusetzen. (Motion Nr. 236-2015; Geschäftsnummer 2015.RRGR.897; https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-7744c7a27865427e987ad27d551ac409.html)
Wir bitten die Regierung, folgende Fragen zu beantworten:
1. Welche Lösungen oder Vorschläge sieht die Regierung, damit ein Verzicht von Vermögen nicht dazu führt, dass die Sozialhilfe die Tarife bei Alters- und Pflegeheimaufenthalten mitfinanzieren muss?
2. Besteht die Absicht, ähnlich wie in den Kantonen Bern und Luzern, rechtliche Grundlagen zu schaffen, um Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist, als Einkommen anzurechnen bzw. die Beträge der SKOS-Richtlinien im Zusammenhang mit der Verwandtenunterstützungspflicht herabzusetzen?
Chur, 13. Juni 2017
Caviezel (Davos Clavadel), Mani-Heldstab, Alig, Berther (Disentis/Mustér), Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Cahenzli-Philipp, Casanova (Ilanz), Casanova-Maron (Domat/Ems), Casty, Casutt-Derungs, Danuser, Della Vedova, Dermont, Dosch, Engler, Felix (Scuol), Giacomelli, Grass, Gunzinger, Hardegger, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Jenny, Kasper, Komminoth-Elmer, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Kuoni, Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Märchy-Caduff, Michael (Castasegna), Papa, Pedrini, Perl, Sax, Schneider, Steck-Rauch, Steiger, Stiffler (Davos Platz), Stiffler (Chur), Tenchio, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Toutsch, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Klosters Dorf), Vetsch (Pragg-Jenaz), von Ballmoos, Wieland, Berther (Segnas), Föhn, Geisseler Severin