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Session: 12.06.2019

Im März 2012 hat der Grosse Rat die Totalrevision des Schulgesetzes verabschiedet. In Kraft gesetzt wurde das Gesetz am 1. August 2013. Mit der neuen Schulgesetzgebung hat der Kanton Graubünden die integrative Umsetzung der sonderpädagogischen Massnahmen festgelegt und eingeführt.

Damit hat das Parlament Vorgaben des Bundes umgesetzt: Gemäss Art. 20 des Behindertengesetzes sorgen die Kantone dafür, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist. Die Kantone fördern, soweit dies möglich ist, mit entsprechenden Schulungsformen die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule.

Art. 43 des Bündner Schulgesetzes definiert, welche Schülerinnen und Schüler einen Anspruch auf sonderpädagogische Massnahmen haben. In Art. 44 werden diese in niederschwellige und hochschwellige Massnahmen gegliedert.

Gemäss Art. 48 Abs. 2 gewährleistet der Kanton das sonderpädagogische Angebot und dessen Umsetzung im hochschwelligen Bereich.

Für den niederschwelligen Bereich sind die Schulträgerschaften zuständig. Die Regierung macht Vorgaben zum sonderpädagogischen Angebot im niederschwelligen Bereich (Art. 49). Für die Anordnung der sonderpädagogischen Massnahmen in diesem Bereich ist die Schulträgerschaft zuständig.

In der Aprilsession 2017 wurden die beiden Aufträge Claus (betreffend Wiedereinführung der Einführungsklassen) und Michael (betreffend Zuständigkeit und Gleichstellung der Schulungsformen im niederschwelligen Bereich der Sonderpädagogik) vom Grossen Rat überwiesen.

Die Arbeitszeiterhebung 2019, die durch den Schweizerischen Verband der Lehrpersonen durchgeführt wurde, zeigt für die Bündner Schulen unter anderem folgendes auf: 62% der Bündner Lehrpersonen stufen die Ressourcen für die integrative Förderung als unzureichend oder eher unzureichend ein. Diese Aussage und auch die alarmierenden Meldungen aus anderen Kantonen lassen aufhorchen.

Damit die Umsetzung dieser Aufträge sorgfältig und vor allem faktenbasiert vorbereitet werden kann, ist es wichtig, in einer Standortbestimmung zu erfahren, wie sich die Situation betreffend Umsetzung der Integration aktuell an den Bündner Volksschulen zeigt. Deshalb sollte vorgängig zur Ausarbeitung der Vorlage eine Standortbestimmung «betreffend Umsetzung integrative Förderung» erfolgen. Diese sollte insbesondere aufzeigen, was gut gelingt, wo die Schwachstellen liegen und ob die Ressourcen genügen.

In diesem Zusammenhang stellen die Unterzeichnenden folgende Fragen:

1.     Wurde in den Bündner Schulen eine Standortbestimmung der Integration durchgeführt oder ist sie geplant? Falls ja, gibt es bereits Resultate und Erkenntnisse? Wo sind die Schwachstellen, wo gelingt die Integration gut? Genügen die Ressourcen?

2.     Werden die Vorgaben der Regierung zum sonderpädagogischen Angebot von den Schulträgerschaften eingehalten?

Pontresina, 12. Juni 2019

Märchy-Caduff, Locher Benguerel, Kasper, Atanes, Berther, Berweger, Bigliel, Bondolfi, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Caluori, Cantieni, Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Chur), Censi, Clalüna, Claus, Crameri, Danuser, Deplazes (Chur), Deplazes (Rabius), Derungs, Epp, Fasani, Favre Accola, Florin-Caluori, Flütsch, Föhn, Gasser, Geisseler, Gugelmann, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Hofmann, Horrer, Jochum, Kienz, Kohler, Kunfermann, Loepfe, Maissen, Michael (Donat), Müller (Felsberg), Natter, Noi-Togni, Paterlini, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Rüegg, Rutishauser, Sax, Schmid, Schneider, Schwärzel, Stiffler, Thomann-Frank, Thöny, Thür-Suter, Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Valär, Waidacher, Weber, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Wieland, Wilhelm, Zanetti (Sent), Zanetti (Landquart), Pajic

Antwort der Regierung

Mit Bezug auf die Vorgaben des Bundes in Art. 20 des Bundesgesetzes über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2002 (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG; SR 151.3) sowie nach Erprobung in den Pilotprojekten Davos und Thusis wurde die integrative Umsetzung der sonderpädagogischen Massnahmen beschlossen und im Gesetz für die Volksschulen des Kantons Graubünden vom 21. März 2012 (Schulgesetz; BR 421.000) verankert. Die Integrative Förderung zählt zu den niederschwelligen Massnahmen, welche von den Schulträgerschaften der Regelschule gestützt auf Art. 47 Abs. 1 des Schulgesetzes gewährleistet und umgesetzt sowie gemäss Art. 48 Abs. 1 des Schulgesetzes angeordnet werden. Die vorliegende Anfrage verlangt mit Bezug zur Umsetzung der Aufträge Claus betreffend Wiedereinführung der Einführungsklasse sowie Michael (Donat) betreffend Zuständigkeit und Gleichstellung der Schulungsformen im niederschwelligen Bereich der Sonderpädagogik eine Standortbestimmung zur Umsetzung der Integrativen Förderung an den Bündner Volksschulen. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der oben erwähnten Aufträge Claus und Michael (Donat) hat das Amt für Volksschule und Sport (Amt) im Auftrag des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartements (EKUD) ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse vor der Einleitung weiterer Schritte abzuwarten sind.

Zu den einzelnen Fragen kann wie folgt Stellung genommen werden:

Zu Frage 1: Die Schulträgerschaften erhalten seit Inkrafttreten des Schulgesetzes am 1. August 2013 vom Amt bei der Umsetzung des Schulgesetzes inkl. der niederschwelligen sonderpädagogischen Massnahmen Unterstützung im Rahmen der Regelstrukturen. Zu erwähnen sind insbesondere die laufende Information über kantonale Vorgaben, die Beratung bei offenen Fragen, die Begleitung bei der Weiterentwicklung der Schule vor Ort und bei Bedarf die Abklärung im Einzelfall durch die Fachstellen des Amtes, namentlich das Schulinspektorat und den Schulpsychologischen Dienst. Auf der Grundlage des Schulgesetzes und der fachlichen Vertiefung mit den Beteiligten zu verschiedenen Themen der Integration sind Richtlinien und Umsetzungshilfen entstanden, welche den Schulträgerschaften bei der Umsetzung und laufenden Weiterentwicklung ihrer Angebote bis heute dienen. Durch den Prozess der Beratung durch die Fachstellen des Amtes werden die einzelnen Schulträgerschaften einerseits in der Umsetzung unterstützt und andererseits bei Bedarf auf notwendige Anpassungen und Entwicklungsbereiche hingewiesen. Diese Beratung wird durch die Aufsicht ergänzt, welche die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen prüft. Eine Standortbestimmung im engeren Sinn drängte sich vor diesem Hintergrund bislang nicht auf. Im Rahmen der nächsten Teilrevision des Schulgesetzes soll erörtert werden, ob eine Überprüfung der Umsetzung der Integration notwendig ist. In welchem Umfang, in welcher Form und mit welchen Mitteln eine solche Überprüfung bei Bedarf erfolgen kann und soll, ist zu gegebener Zeit zu entscheiden.

Zu Frage 2: Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben im niederschwelligen sonderpädagogischen Bereich liegt in der Zuständigkeit der einzelnen Schulträgerschaften. Diese werden gemäss Art. 91 des Schulgesetzes durch verschiedene Fachstellen unterstützt, ihre Verpflichtungen im niederschwelligen sonderpädagogischen Bereich wahrzunehmen. Dazu zählen die regelmässigen Aufsichtsbesuche, die Schulbeurteilung und -förderung in den Volksschulen sowie die Information und Beratung von Schulleitungen und Lehrpersonen. Bei Beschwerden von Erziehungsberechtigten werden die Situation vor Ort geprüft und gegebenenfalls entsprechende Schritte eingeleitet. Das Schulinspektorat prüft im Rahmen der Aufsicht, ob die schulgesetzlichen Bestimmungen von den einzelnen Schulträgerschaften eingehalten werden. Dem EKUD liegen keine entsprechenden Aufsichtsmeldungen der Schulaufsicht vor. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Schulträgerschaften die gesetzlichen Bestimmungen einhalten.

14. August 2019